Die Zahl der Schiedsrichter ist im Kreis Calw nun erstmals unter 100 gefallen. Foto: Eibner

Fehlender Respekt? Die Zahl der Fußballspiele im Kreis Calw, die mangels Schiedsrichter abgesagt werden muss, scheint so hoch wie nie. Kritik kommt nun von einem Trainer aus der Kreisliga A. Schiedsrichter-Obmann Benjamin Haug wehrt sich entschieden dagegen.

In den vergangenen Wochen ist es im Fußballbezirk Böblingen/Calw mehrfach zu Spielausfällen gekommen, weil aus unterschiedlichen Gründen Schiedsrichter kurzfristig ausgefallen sind. Betroffen war zuletzt das Spiel in der Kreisliga A zwischen der SG Oberreichenbach/Würzbach und der SG Teinachtal.

"So etwas kann passieren. Es hat auch jeder Verständnis dafür, dass Schiedsrichter, die krank sind, ihre Einsätze nicht wahrnehmen können. Aber wir sollten eine Lösung finden, damit die Vereine nicht erst auf dem Platz erfahren, dass das Spiel ausfällt", sagt Theo Blaich, Trainer der SG Teinachtal. Er kritisiert: "Wenn Schiedsrichter am Sonntagvormittag absagen, dann sollten die Vereine, die an einem Heimspieltag einiges zu organisieren haben, auch umgehend informiert werden. Das gehört einfach zum gegenseitigen Respekt."

Nur vier Anmeldungen

Benjamin Haug, Obmann der Schiedsrichtergruppe Calw, weist diese Kritik entschieden zurück. "Das ist schon ein starkes Stück", ärgert er sich über Blaichs Worte. Fehlenden Respekt wirft er nämlich vor allem den Vereinen im Kreis Calw vor, denn gerade einmal zwei von ihnen hätten auf den Aufruf geantwortet, neue Schiedsrichter für den Neulingskurs anzumelden. Mit gerade einmal vier Teilnehmern wird der Kurs nach aktuellem Stand starten, während auf der anderen Seite rund 25 Schiedsrichter wegbrechen werden – insbesondere aus Altersgründen. Haug: "Die Pandemie hat uns viele ältere Schiedsrichter gekostet, die 30 bis 40 Spiele pro Saison pfeifen."

Organisatorisch schwierig

Klar ist für den Obmann, der auch die Einteilung der Schiedsrichter im Kreis Calw übernimmt: "Wir versuchen, jedes Spiel stattfinden zu lassen." Doch organisatorisch sei es schwierig, bei einem krankheitsbedingten Ausfall eines Schiedsrichters den Vereinen prompt mitteilen zu können, dass das Spiel nicht stattfinden könne. Denn in so einem Fall wird ein Austauschsystem in Gang gesetzt, bei dem oft erst in letzter Sekunde feststeht, ob ein Ersatz-Schiedsrichter gefunden wird oder nicht.

Haug erklärt: "Mein Sonntag beginnt meist um 8 oder 9 Uhr. Abhängig davon, wann der erste Schiedsrichter bei mir anruft." Fällt ein Unparteiischer in einer höheren Liga aus, wird automatisch ein Ersatz aus einer tieferen Liga abgezogen. Haug sucht dann stellenweise württembergweit nach noch freien Schiedsrichtern. "Wir versuchen, die Kuh vom Eis zu holen, kommen richtig ins Rödeln", zeigt Haug auf.

Unter 100-Marke gefallen

Seine Gruppe steht mit dem Problem allerdings nicht alleine da. Denn zu wenige Schiedsrichter gibt es nicht nur im Kreis Calw, wo ihre Zahl mit 95 nun erstmals unter die 100-Marke gefallen ist. Der Obmann verweist auf den Bezirk Unterland, wo sonntags die Spiele in der Kreisliga B überhaupt nicht mehr mit Schiedsrichtern besetzt werden.

Schwierig sei es zudem, kurzfristig auf Absagen zu reagieren, weil Haug als Einteiler sonntags mitunter selbst als Schiedsrichter auf dem Platz steht. "Weil wir keine Leute haben, gehe ich selber raus", verdeutlicht der Obmann.

Viele Jahre zu wenig gemacht

Dass die Situation momentan so schwierig ist wie noch nie und die Zahl der Spielabsagen steigt, bedauert Haug. "Das große Problem ist: Wir haben zu wenige Schiedsrichter und es ist in den vergangenen Jahren zu wenig gemacht werden", unterstreicht der Obmann und bittet um Verständnis: "Wir müssen Sonntag für Sonntag schauen, wie wir da durchkommen."