Bis man bei Familienfeiern endlich das ersehnte Osternest bekommt, kann es eine Weile dauern. Foto: dpa

Ostern soll ein Fest der Freude sein. Diese währt jedoch meistens nur, bis die lästigen Familienfeiern beginnen. Eine Glosse

Jetzt ist es also wieder so weit - das Osterfest steht vor der Tür. Die Auferstehung Jesu gibt uns Grund zum Feiern. Doch Ostern hat eine dunkle Schattenseite: die unausweichlichen Treffen mit den heiß und innig geliebten Familienmitgliedern. Sie laufen häufig so ab wie in dem berühmten Kurzfilm-Klassiker "Dinner For One" - also mit der gleichen Prozedur, jedes Jahr wie im vergangenen Jahr!

Wie so ein Ostertag in etwa aussieht? Zur Mittagszeit trifft man sich bei den Großeltern mit den Tanten und Onkeln, den Cousinen und Cousins und isst gemeinsam. Hier geht es meistens schon los: Nach Schema F werden die immer gleichen Fragen gestellt: Wie geht's dir? Was macht der Beruf? Wie läuft die Beziehung? (Wohlgemerkt scheint hier die Tatsache, dass eine Trennung bereits Monate zurückliegt, immer wieder aufs Neue in Vergessenheit zu geraten!) Abgeschlossen wird der Fragenkatalog dann mit der immer gleichen Feststellung: "Du bist aber groß geworden!"

Als nächstes kommt der nicht ganz so schlimme Teil: Es ist endlich angerichtet. Abgesehen von leckeren Köstlichkeiten bedeutet das vor allem eines: gefräßige Stille und somit Ruhe vor dem Smalltalk.

Wenn das Essen vorbei ist, drängen sich dann gefühlte 25 Familienmitglieder in der Küche und wollen Oma beim Abwasch helfen. Dieser Trubel passt der Herrin des Hauses allerdings gar nicht. Oma schickt alle zu einem Spaziergang nach draußen. Drei Grad, Nieselregen und angekündigter Schneefall gelten da auch nicht als Ausrede. Und wenn die Gäste dann mal draußen sind, kommt es auf die Strecke des Spaziergangs, die wohl von Jahr zu Jahr länger wird, auch nicht mehr an.

Wieder zurück gibt es dann Kaffee und Kuchen. Während die Älteren in aller Seelenruhe ihren Kaffee schlürfen, sind die Jüngeren vor allem eines: ungeduldig. Schließlich müssen noch die Osternester gesucht werden. Allen Quengeleien und Bitten zum Trotz wird die Suche aber weiter nach hinten verschoben. Schließlich sind die Gesprächsthemen noch nicht ausgeschöpft! Kleiner Tipp: Hierbei ist Vorsicht gefragt, so strotzen ältere Verwandte meistens vor Lebenserfahrung, die sie gerne mit anderen teilen - und ehe man sich versieht, ist das eigene Liebesleben Diskussionsthema Nummer eins.

Die Zeit vergeht und die Osternester liegen noch immer in ihren Verstecken, obwohl mittlerweile eigentlich jeder genau weiß, wo der kleine grüne Korb mit dem Ostergras und dem Schokoladenhasen versteckt ist. Gesucht werden darf offiziell immer noch nicht, denn nach dem Kaffee geht es nahtlos in die Vorbereitungen zum Vesper über. Während Eltern und Großeltern fleißig Wurstsalat anmachen, Brot schneiden und den Tisch decken, schlagen die Jüngeren weiter die Zeit tot.

Nach dem Abendessen ist es dann endlich so weit: Alle gehen auf die Jagd nach Geschenken. Ehe man sich versieht, ist die Wohnung voller Kunstgras und Geschenkpapier. Damit könnte der Tag eigentlich überstanden sein. Aber nein, nun traut sich keiner, der erste zu sein, der geht. Erst gegen 22 Uhr, wenn die Großeltern dann langsam vor Erschöpfung vom Stuhl fallen, herrscht Aufbruchstimmung. Der Tag ist überstanden!

Wer das Familienosterfest wegen einer Grippe verpassen sollte, dem sei getrost gesagt: Keine Panik, im nächsten Jahr ist auch wieder Ostern. "The same procedure as every year" und die Familie wird ihr Bestes geben, es wieder zu einer solchen Freude werden zu lassen, getreu dem Butler James: "Well - we'll do our very best!"