Die Anastasia-Bewegung ist ein Fall für den Verfassungsschutz. Foto: dpa/Oliver Berg

Ein geplanter Vortrag auf dem Christhof in Welschensteinach alarmiert das Netzwerk „Aufstehen gegen Rassismus Offenburg“. Er wird von einem Pädagogen gehalten, dessen Methoden der Anastasia-Bewegung nahestehen sollen, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

Ein Mathematik-Seminar für Kinder ab zwölf Jahren sorgt für Wirbel: Wie „Aufstehen gegen Rassismus Offenburg“ am Dienstag mitteilte, wird dieses von dem selbsternannten Reformpädagogen Richard Kandlin abgehalten. Er vertrete eine Pädagogik, die der Anastasia-Bewegung nahe stehe.

 

Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass diese vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall beobachtet wird. „Die Anastasia-Bewegung verbindet ökologische Ansätze, sozialutopische Vorstellungen von Lebensgemeinschaft und antidemokratische Strömungen mit Formen der Verschwörungsesoterik und des Antisemitismus“, schreibt „Aufstehen gegen Rassismus Offenburg“. So biete sie für viele Gruppen Anknüpfungspunkte – etwa für Naturliebhaber, Öko-Bauern, Esoteriker, Schulverweigerer, Nationalisten, Identitäre, Reichsbürger oder Holocaustleugner.

Die pädagogischen Ansätze Kandlins seien vor rund 20 Jahren von Michail Schetinin in einem Privatinternat am Schwarzen Meer entwickelt worden und entbehren laut Mitteilung „jeder wissenschaftlichen Grundlage“. Schetinins Konzept baue auf dem „Kontakt des bioenergetischen Felds“ oder der „sich berührenden Kräfte“ im offenen und freien Miteinander auf, die zwischen Schülern auftreten: Das nenne er „Wissens-Osmose“, die er als Grundlage dafür sehe, dass die Kinder sich hauptsächlich gegenseitig unterrichteten.

„Der Kult um die völkisch geprägte Lernmethode breitet sich über Österreich und die Schweiz nach Deutschland aus, inklusive der Verehrung russischer Politik und Putin-Propaganda“, heißt es weiter. Im deutschsprachigen Raum würden demnach Botschafter einer „Bildung der neuen Zeit“ abseits der staatlichen Schulen auftreten; nicht selten mit Nähe zur Esoterik- und Reichsbürgerszene.

Bürgermeister Bischler verurteilt rechte Strömungen klar

Steinachs Bürgermeister Nicolai Bischler bezieht klar Position: „Alles, was in Richtung Rechtsextremismus, Verschwörungstheorien oder Reichsbürger geht, lehne ich strikt ab.“ Entsprechend alarmiert zeigte er sich in Reaktion auf die vom Netzwerk erhobenen Vorwürfe. „Gerade in diesem Zusammenhang müssen wir wachsam und aufmerksam bleiben“, sagte er auf Anfrage unserer Redaktion.

Die Anastasia-Bewegung richtet sich an der zehnbändigen Buchreihe des Russen Wladimir Megre über eine fiktive russische Seherin und Heilerin aus und erfreut sich in der Querdenker- und Verschwörungsszene großer Beliebtheit. Überall in Deutschland errichte die völkisch-nationale Bewegung Familienlandsitze, schreibt „Aufstehen gegen Rassismus“.

Der Anastasianismus werde häufig als „braune Ideologie auf grünem Grund“ bezeichnet: „Unter dem Deckmantel einer esoterischen Naturromantik verbreitet sich eine nationalistische, antisemitische, rechtsextremistische, verschwörungsgläubige und homophobe Ideologie, in der Demokratie als das Werk von Dämonen abgelehnt wird“, heißt es aus Offenburg. Das Netzwerk warnt: Veranstaltungen der Anastasia-Bewegung hätten schon 2015 in Fischerbach stattgefunden, die Romane um Anastasia habe man noch vor Kurzem in einem Haslacher Geschäft erwerben können.

Vorträge

Nach Informationen von „Aufstehen gegen Rassismus“ finden auf dem Christhof in Welschensteinach und auch im „Ganesha-Haus“ in Fischerbach immer wieder Vorträge statt – „regelmäßig vor rund 100 Zuhörern aus dem Esoterik-, Öko- oder Kunstbetrieb der Ortenau“. Unter anderem sei der rechte Liedermacher Eloas min Barden (Jens Eloas Lachenmayr) auf dem Christhof zu Gast gewesen, der sonst bei Querdenken und auf Veranstaltungen der Anastasia-Bewegung auftreten soll.