Jürgen Kastenholz an seinem Arbeitsplatz Foto: Strähle

Audi RS5 Coupé, Mercedes C63 AMG Coupé und BMW M4 Coupé – Jürgen Kastenholz ist wirklich zu beneiden, er darf diese schnittigen Sportwagen regelmäßig fahren. Er ist Safety-Car-Pilot.

Budapest - Audi RS5 Coupé, Mercedes C63 AMG Coupé und BMW M4 Coupé – Jürgen Kastenholz ist wirklich zu beneiden, er darf diese schnittigen Sportwagen regelmäßig fahren. Da spielt es für ihn keine Rolle, dass es sich nicht um seine eigenen Karossen handelt, sondern die rassigen Flitzer lediglich Dienstwagen sind. „Es hat jedes Modell seinen besonderen Reiz“, sagt der 46 Jahre alte Mann aus der Eifel, „im Nassen hat der Audi natürlich gegenüber den Hinterrad-getriebenen Mercedes und BWM seine Vorteile. Aber den nötigen Dampf haben sie alle.“

In Jürgen Kastenholz fließt Rennfahrer-Blut, und er sitzt auch während eines Rennens in einem der Sportwagen – doch Jürgen Kastenholz ist nicht Teilnehmer, er ist der Vorneweg-Fahrer. Er fährt das Safety-Car in der Deutschen Tourenwagen-Masters-Serie (DTM), die an diesem Wochenende in Oschersleben zu Gast ist. Und weil die drei teilnehmenden Hersteller keinem Konkurrenten das Safety-Car alleine überlassen wollten, darf Kastenholz seinen fahrbaren Untersatz immer austauschen. In Hockenheim saß er im Audi, in Oschersleben lenkt er den nagelneuen BMW M4, in Budapest am 1. Juni pilotiert es den 517 PS starken Mercedes. „Ich freue mich drauf, den BMW kenne ich nämlich noch nicht. Nur auf Fotos habe ich ihn schon gesehen“, sagt er.

Und der Mann aus Wachtberg selbst ist ebenfalls in der Szene recht unbekannt – im Gegensatz zum fast schon weltbekannten Bernd Mayländer, dem Safety-Car-Fahrer der Formel 1. Das liegt zum einen fraglos daran, dass die Formel 1 bei (internationalen) Motorsport-Freunden einen deutlich höheren Beliebtheitsgrad im Vergleich zur DTM genießt. Zum anderen hängt das auch damit zusammen, dass der Schorndorfer Bernd Mayländer, der einen Mercedes SLS AMG GT als Safety-Car steuert, auch bei Mercedes unter Vertrag steht – und der Daimler-Konzern setzt diese Tatsache medienwirksam in Szene. „Ich finde das nicht tragisch, dass ich nicht so in den Medien präsent bin“, sagt Kastenholz, „ich war einmal Safety-Car-Beifahrer von Bernd bei einem Rahmenrennen der Formel 1. Wir kennen uns seit Jahren und tauschen uns auch immer wieder aus.“ In diesen Fachgesprächen geht es um Regeln, Rennstrecken und Reifentemperaturen, um das, über was sich Ex-Rennfahrer sowieso unterhalten. Denn Ratschläge fürs Safety-Car-Fahren benötigt Jürgen Kastenholz vom prominenten Kollegen keine.

Die Ausbildung für den verantwortungsvollen Posten ist für alle gleich. Sie müssen sich im Motorsport auskennen, sowohl praktisch als auch theoretisch. Der Rheinländer ist wie Mayländer ein ehemaliger Rennfahrer, nur startete er nicht in der DTM, sondern lediglich in verschiedenen Langstreckenrennenden in einem 180 PS starken VW Polo.

Zudem kannte sich Jürgen Kastenholz seit jungen Jahren als Mitglied des Clubs der Streckenposten vom Nürburgring bestens im Reglement aus. Die Gleichung „Ex-Rennfahrer plus Ex-Streckenposten ist gleich Safety-Car-Pilot“ ist demnach fast schon zwingend. „Ich war Beifahrer des Safety-Cars in der DTM, und als Pilot Peter Lux aufgehört hat, bin ich 2010 eben auf den Fahrersitz gerückt“, erzählt der 46-Jährige.

Dazu braucht er viel Sitzfleisch und noch mehr Erfahrung. Während der DTM- sowie der Rahmenprogramm-Rennen muss er stets in voller Montur mit Helm und Overall bei laufendem Motor im Fahrzeug sitzen; bei einem Einsatz muss er wissen, welche Geschwindigkeit die richtige ist, damit bei den Autos hinter ihm weder die Motoren überhitzen noch die Reifen zu kalt werden. Und bei nasser Piste sollte er wissen, wo die Pfützen auf der Strecke stehen.