Geflüchtete in den Gemeinschaftsunterkünften des Kreises müssen bald mehr bezahlen. Allerdings: Die meisten kommen ohnehin nicht selbst für ihre Unterbringung auf.
Über 9,4 Millionen Euro pro Jahr gibt der Landkreis für die Flüchtlingsunterbringung im Jahr aus. Knapp 2,6 Millionen Euro nimmt er ein. Damit werden in den Gemeinschaftsunterkünften 1336 Plätze finanziert – zumindest theoretisch.
Wie Dezernent Tobias Haußmann im Bildungs- und Sozialausschuss (BSA) erklärte, stehen real etwa 1000 Plätze zur Verfügung. Nicht alle Immobilien seien belegt oder könnten belegt werden. Die Geflüchtetenzahlen seien in letzter Zeit zurückgegangen. Für etwa 750 Menschen sei der Kreis aktuell zuständig.
Vorschlag Doch in seiner Gebührenkalkulation geht der Kreis von den 1336 Plätzen aus. 427 Euro müsste demnach jeder Geflüchtete pro Monat für seinen Platz bezahlen, damit die Unterbringung kostendeckend finanziert ist.
Aktuell liegt die Gebühr bei 250 Euro. Der Kreis sei vom Regierungspräsidium angehalten worden, die Gebühren anzuheben, um die Einnahmesituation zu verbessern, so Haußmann. Dem Vorschlag wolle man folgen.
Nicht bestrafen
Aber auch nicht so ganz. Denn, so erklärte der Sozialdezernent, man wolle nicht die Geflüchteten bestrafen, die arbeiten. Zum Hintergrund: Wer nicht arbeitet, bekommt die Unterkunft über das Asylbewerberleistungsgesetz bezahlt. Gebühren für ihre Unterkunft müssen diese Personen also nicht selbst finanzieren. Anders sieht das aus, wenn die Asylbewerber einer Arbeit nachgehen. Dann übernehmen weder Jobcenter noch Sozialamt die Kosten – eben weil die Geflüchteten ja nun über eigenes Geld verfügen. Auf 172 Personen trifft das derzeit zu.
Deshalb will Haußmann in diesem Fall nicht die vollen 427 Euro berechnen. Die durchschnittliche Mietobergrenze pro Person liegt im Landkreis bei 370 Euro.
Daran angelehnt schlägt Haußmann 380 Euro als Gebühr für das Wohnen in Gemeinschaftsunterkünften vor. Dafür bekommt ein Geflüchteter mindestens sieben Quadratmeter Wohnraum plus Zugang zu einem Bad, einem Klo, einer Küche und dem Flur.
Anpassung Auf den Wohnkosten für die Geflüchteten, die nicht arbeiten, bleibt der Kreis aber nicht sitzen. Die übernimmt das Land - künftig ebenfalls 380 Euro pro Kopf. Durch die Anpassung an die Obergrenze ist die Gebühr aber nicht mehr kostendeckend. „Wer zahlt die Differenz?“, fragte Eberhard Bantel (FWV). Der Kreis legt das Geld aus, letztlich bezahle aber auch hier das Land, so Haußmann. Das Land erstatte 100 Prozent der Ausgaben.
Pauschal 16 000 Euro
Abschläge Andreas Hölzlberger (CDU) wollte wissen, wann das Land diese Gelder denn erstatte. Für 18 Monate bekomme der Kreis pauschal 16 000 Euro, so Haußmann. Reiche dieses Geld nicht, gebe es eine weitere Abrechnung, allerdings erst nach vier Jahren. Zwischenzeitlich könne der Kreis aber Abschläge von 60 Prozent geltend mach. Ob der komplizierten Rückerstattung sprach Haußmann von „einer Wissenschaft für sich“.
Hölzlberger fand die Idee, dass arbeitende Geflüchtete besser gestellt werden, grundsätzlich gut.
Er befürchtete aber, dass zu geringe Gebühren einen Fehlanreiz schafften. Wenn die Mieten auf dem freien Markt deutlich teurer seien, blieben die Menschen länger in einer billigen Gemeinschaftsunterkunft. Die sei aber nur als Zwischenstation gedacht. Brigitte Loyal (Grüne) sah dies anders. Keiner bleibe länger als nötig in den „engen“ Unterkünften. Das Problem sei eher, dass es allgemein an Wohnraum mangele, Geflüchtete auf dem freien Markt also gar nicht fündig würden.
Nur die Hälfte Rabatte bei den Wohngebühren gibt es auch für Azubis. Sie bezahlen nur die Hälfte der 380 Euro – ebenso Kinder. Ab dem dritten Kind fallen keine Gebühren mehr an. Dass sei eine „sozialverträgliche Lösung“ für Familien so Haußmann.
Starker Rückgang
Der erklärte, dass eine Unterkunft zu 80 Prozent ausgelastet sein müsste, um wirtschaftlich zu sein. Die Geflüchtetenzahlen gingen aktuell stark zurück. Deshalb habe der Kreis die Gemeinschaftsunterkünfte in der Herrenberger Straße in Nagold, auf dem Wimberg oder am Calwer Krankenhausareal geschlossen.
Die Container in Altensteig seien im „Stand-by-Modus“, würden wohl vorerst aber nicht bezogen.
Die Container-Miete bezahle zwischenzeitlich das Land. Der Kreis überlege die Gemeinschaftsunterkünfte, die ihm gehörten, zu renovieren. Dann würden die Container möglicherweise als Ausweichquartier benötigt.