Ein Mann und sein Werk: Romain Duris als Ingenieur­ in „Eiffel in Love“ Foto: Constantin

Das französische Kino-Drama „Eiffel in Love“ zeigt, wie der Titelheld seinen Turm baut. Die fiktive Frau, die ihn dazu inspiriert, bleibt reine Dekoration.

Stuttgart - Die Pariser Bürger proben 1887 den Aufstand gegen den Turmbau eines gewissen Gustave Eiffel im schlammigen Boden am Seine-Ufer – sie halten das Bauwerk für die Weltausstellung 1889 für gefährliche Gigantomanie. Da erinnern der französische Regisseur Martin Bourboulon und die Drehbuchautorin Caroline Bongrand an die lange Tradition eines zweiflerischen Querulantentums, das sich aus Halbwissen, Vorurteilen und Verschwörungsglauben speist.

 

Eiffel war kein gewöhnlicher Metallbau-Ingenieur, er hatte schon diverse große Brücken errichtet sowie das Innenskelett für die Freiheitsstatue in New York (1886) entworfen, und er trieb den Bau der Pariser Metro voran. Bourboulon rekonstruiert in eindrucksvollen Bildern, wie Eiffel die Möglichkeiten der Mechanik und der Hydraulik nutzte, um die vier Füße seines Turms fest zu verankern. Dabei hielt er die schweren Stützpfeiler trotzdem millimetergenau beweglich, weil er nur so saubere Anschlüsse schaffen konnte. In nur 26 Monaten Bauzeit errichtet er ein architektonisches Wunderwerk der Neuzeit vor einer hübschen Belle-Epoque-Kulisse mit Kutschen, frühen Automobilen, Zylindern, Fräcken und üppigen Kleidern.

Die Romanze ist hinzugedichtet

Die Sphäre der technischen Tücken und schwindelnden Höhen ist sauber inszeniert, fürs ganz große Drama sorgt eine menschliche: Bongrand hat eine fiktive Romanze hinzugedichtet. Eiffel trifft seine Jugendliebe Adrienne wieder, deren Eltern ihn nicht für standesgemäß hielten. Sie beginnen eine Affäre, Eiffel gibt seinem Turm die Gestalt eines „A“ wie „Adrienne“ – doch ihr Ehemann, ein einflussreicher Politiker, kommt dahinter und torpediert das Turmprojekt.

Romain Duris („l’auberge espagnole“) spielt einen kernigen Eiffel, der Menschen begeistern kann und auch mal einen Arbeiter aus reißenden Fluten rettet. Als Adrienne ist Emma Mackey zu sehen, halb Britin und halb Französin, die in der Netflix-Serie „Sex Education“ als rebellische Maeve Wiley auf sich aufmerksam gemacht hat. Als pfiffige Gesellschaftsdame sprüht sie zunächst vor unbeschwerter Anmut und beeindruckt Eiffel mit ihrer schnellen Auffassungsgabe. Leider gibt Bongrand dieser dynamischen Frauenfigur keine aktive Funktion als Impulsgeberin – sie dient später nur noch als Dekoration, die die handelnden Männer verrückt macht.

Zwischen Emma Mackey und Romain Duris schlagen die Funken, wenn sie einander nur ansehen. Die menschliche Vorstellungskraft hätte den Rest erledigen können, doch Bourboulon hat Mackey dazu gebracht, sich zu entblößen. Das wirkt überflüssig und voyeuristisch, zumal immer öfter junge Schauspielerinnen im Nachhinein öffentlich bereuen, sich auf Nacktszenen eingelassen zu haben, weil diese dann auf ewig im Internet kursieren.

Wie im Arztroman

Den Bechdel-Sexismus-Test bestehen also weder die Autorin noch der Regisseur bei diesem Rückfall in Arztroman-Schemata von vorgestern. Mackey deutet zu Beginn zumindest an, dass sie den Film weit mehr hätte bereichern können. Dem armen Eiffel bleibt die Liebe versagt. Immerhin hat er den Turm – eines der wenigen großen Bauwerke, die nach ihrem Schöpfer benannt sind.

Eiffel in Love. F 2021. Regie: Martin Bourboulon. Mit Romain Duris, Emma Mackey. 109 Minuten. Ab 6 Jahren.

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