Eva (von links), Mela, Amelie, Nele und Lea an der Stange. Foto: Göpfert

Wenn die Ballettschüler der Schmieheimer „Meineke Dance Academy“ im April „Reise ins Nimmerland“ aufführen, dann stecken hinter der scheinbaren Schwerelosigkeit ihrer Tänze jahrelanges hartes Training, viel Musikverständnis und Talent.

Die Freude bei den Balletttänzerinnen, nach all den Coronajahren bald wieder auf der Bühne zu stehen, ist groß. „Ich freue mich schon auf meinen Solotanz – und die schönen Kostüme“, erklärt etwa die zehnjährige Eva, die die Hauptrolle der Fee Tinkerbell tanzt. Was sie und die anderen dem Publikum präsentieren werden, wird jedoch nicht nur einfach eine künstlerische Darbietung, sondern das Ergebnis jahrelangen harten Trainings sein.

„So viele unterschätzen den Sport und die Leistung, die wir beim Ballett erbringen. Viele sehen es sich gerne an, aber wie viel Anstrengung und Arbeit hinter so einem Tanz steckt, sehen die wenigsten“, erklärt Lea. Sie weiß, wovon sie redet. Sie tanzt nicht nur bei „Reise ins Nimmerland“ eine weitere Hauptrolle, sondern hat auch vor Kurzem die berufsbildende Prüfung „Intermediate“ der „Royal Dance Akademie“ mit einem besonderen Lob, einem „High Merit“ bestanden. Auch Nele, Amelie und Mela haben die berufsbildenden Prüfungen absolviert und werden Hauptrollen tanzen.

Von Kindesbeinen an Ballett trainiert

Die vier 14- bis 16-Jährigen Mädchen trainieren von Kindesbeinen an Ballett. „Ich finde es schade, dass Ballett im Vergleich zu anderen Sportarten oft so abgetan wird. Man darf es nicht unterschätzen. Vor allem die Beine werden viel in Anspruch genommen. Es kann also durchaus passieren, dass man am nächsten Tag Muskelkater hat oder der ganze Körper vom Training schmerzt“, betont Amelie.

Lehrerin Emanuela Del Rizzo (links) und Rebecca McLean, Inhaberin der „Meineke Dance Academy“ Foto: Göpfert

Die Prüfungen der „Royal Dance Akademie“ im Bereich „Vocational-Graded“ (berufsbildender Lehrplan) wurden für Schülerinnen und Schüler ab elf Jahren entwickelt, die ihr Training im klassischen Ballett intensivieren möchten oder eine berufliche Karriere anstreben. Die Schmieheimer Meineke Dance Academy folgt dem Lehrplan, weil er auf die physische und psychische Entwicklung der Kinder Rücksicht nimmt, erklärt die Inhaberin Rebecca McLean.

Die „berufsbildenden Prüfungen“ heißen zwar so, aber später tatsächlich als Balletttrainerin zu arbeiten, kann sich aktuell nur Mela vorstellen. Für sie und die anderen drei waren die Prüfungen vor allem ein Ziel, auf das sie mit Fleiß und Disziplin hingearbeitet haben. Nach diesem Abschluss kann man nur noch drei weitere Prüfungen zur Primaballerina ablegen. „Diese sind aber extrem schwer“, erklärt McLean. Emanuela Del Rizzo, unter deren Leitung sich die Tänzerinnen auf die Prüfungen vorbereiten, hat die erste Primaballerina-Prüfung aber dennoch abgelegt – vor allem aus Interesse, nicht weil sie den Abschluss wirklich benötigt.

Talent alleine reicht nicht aus

Talent alleine reicht beim Ballett nicht aus. Man muss auch bereit sein, Zeit zu investieren – viel Zeit, betont McLean. Um die Prüfungen der Royal Dance Akademie bestehen zu können, muss der Körper der Tänzerinnen ein gewisses Level haben. Deshalb bereiten sich die Schüler auf solche Prüfungen etwa ein Jahr vor – mit drei bis vier Tagen Training pro Woche. Das gilt auch für Eva, die die Stufe „Primary“ im Bereich „Graded“ für Kinder ab sechs Jahren als Beste bestanden hat.

Sozialleben muss hinter dem Tanzen zurückstehen

Ein solches Tanzniveau erfordert Disziplin, betont McLean – die man aber später im Leben auch in anderen Situationen gut brauchen könne. Das bedeutet für die Tänzerinnen aber, dass ihr Sozialleben hinter dem Ballett häufig zurückstehen muss. „Unser Körper ist unser Werkzeug, wir müssen gut darauf achten“, betont McLean. Das heißt neben dem Training auch richtig zu essen und ausreichend zu schlafen. Denn wer am Abend feiern war und nur wenig geschlafen hat, wird am nächsten Morgen das Training nicht bestehen. „Nicht nur unser Körper, auch unser Geist muss flexibel sein“, betont McLean.

Bei den „berufsbildenden Prüfungen“ galt es nicht nur Übungen an der Stange oder in der Mitte zu zeigen. Die Schüler mussten auch vortanzen. Die Schritte waren vorab bekannt, ihre Reihenfolge jedoch nicht. Die Prüferin stammt immer aus einem anderen Land, dieses Jahr war es Griechenland.

Auch eine gute räumliche Orientierung ist nötig

Ein Klavierspieler bei den Prüfungen ist Pflicht, Musik vom Band ist nicht erlaubt. Die Tänzerinnen sollen bewusst mit der Musik arbeiten. Nicht nur die eigene Leistung, auch das Zusammenspiel mit den anderen Tänzerinnen wird bewertet. „Dafür braucht man Multitasking und eine gute räumliche Orientierung, die normalerweise erst mit 30 so richtig reift, aber unsere Tänzerinnen lernen es früh.“, betont McLean.

Und noch eines ist nötig, um auf das Profi-Niveau der fünf Mächen zu kommen: Man muss rechtzeitig angefangen haben. Eva und die vier älteren Mädchen haben bereits im Alter zwischen drei und vier Jahren mit dem Ballett begonnen. „Es sind einfach Unterschiede da, wenn man später anfängt“, erläutert McLean. „Wenn man Ballett jung lernt, dann ist es wie eine Muttersprache, wenn man es später lernt eher wie eine Fremdsprache“, wagt sie einen Vergleich.

Rückzugsort vom Alltagsstress

Das heiße aber nicht, dass man das Ballett völlig abhaken muss, wenn man nicht schon früh mit dem Tanzen angefangen hat. Es gibt bei der Meineke Dance Academy auch viele Tänzer, die das Ballett erst im Erwachsenenalter für sich entdeckt haben – und auch bis ins hohe Alter mit Leidenschaft ausüben, berichtet Del Rizzo unserer Redaktion. So seien etwa die „Silbernen Schwäne“ im Alter zwischen 70 und 85 Jahren voller Begeisterung dabei. „Viele schätzen am Ballett, dass sie eine Stunde für sich und die Musik haben, sich voll auf den Moment auf der Stange fokussieren können“, erklärt die Lehrerin.

„Es ist ein Rückzugsort, wo man Zeit für sich hat – ohne Schul- oder Alltagsstress“, erklärt Mela. „Das Schöne am Ballett ist, es wird einen nie langweilig. Es gibt immer neue Schritte, sodass es immer eine Herausforderung bleibt“, schildert Amelie. „Das ist spannend“, bestätigt Eva. „Und auf der Bühne macht das Tanzen noch mehr Spaß“, bekräftigt Nele. Auf die Frage, ob sie nervös sei, schüttelt Lea den Kopf: „Maximal vorab. Wenn wir tanzen, müssen wir reagieren. Man muss während eines Balletttanzes so viel beachten, da bleibt kein Platz für Sorge und Angst.“

Die Aufführung

„Reise ins Nimmerland“ ist am Samstag, 22. April, ab 19 Uhr und am Sonntag, 23. April, ab 15 Uhr  im Parktheater Lahr zu sehen. Tickets gibt es unter reservix.de. Der Samstag ist schon nahezu ausgebucht, berichtet McLean stolz.