Der Polizei kann man vortrefflich aufsagen... Foto: (sb)

Einige Narren haben es doch getan und sind am Montagmorgen durch das Schwarze Tor gejuckt. Die Polizei löste die Veranstaltung nach 15 Minuten auf. Diese Aktion wird (nicht nur) in den sozialen Medien kritisch kommentiert.

Rottweil - Die Aktion von circa 25 Narren am Montagmorgen bietet Stoff für hitzige Diskussionen. Traditionell säumen am Fasnetsmontag mehrere Tausend Zuschauer die Straßen in der historischen Innenstadt, um einen der Höhepunkte der schwäbisch-alemannischen Fasnet mitzuerleben: den Rottweiler Narrensprung. Wegen der Corona-Pandemie wurde der Sprung von der Narrenzunft vor Wochen abgesagt. Zunft und Stadtverwaltung beknieten die Narren, zu Hause zu bleiben. Ein virtuelles Programm wurde als Ersatz angeboten.

Polizei überrascht von den vielen Zuschauern

Doch nicht alle wollten sich von der Ausübung der Tradition abhalten lassen. Neben 25 Narren säumten Hunderte Zuschauer die Obere Hauptstraße. Ungewöhnliche Anblicke boten sich bereits vor 8 Uhr oberhalb des Schwarzen Tors. Da unterhielt sich ein "Biß" mit Polizeibeamten und ein besonders "Gschell" – ein Halbnarr – machte auf sich aufmerksam. Die Larve halbseitig schwarz bemalt und nur grob bearbeitet, hatte der Narr einen schwarz-gelben Abstandsstab mit eineinhalb Metern Länge dabei.

Zunächst zeigten die Polizisten demonstrativ Stärke und stellten sich vor das Tor. Um kurz vor 8 Uhr machten sie dann den Weg frei und ließen die Narren passieren. Hu-Hu-Hu-Rufe erklangen, Peitschen knallten.

Narrenmeister Christoph Bechtold beobachtete die Szenerie mit gemischten Gefühlen. Man habe schon mit etwas gerechnet, sagt Polizeisprecher Marcel Ferraro. Überrascht war die Polizei dann von der Menge an Zuschauern. Auch deshalb habe man versucht, deeskalierend zu wirken. Ob Personalien aufgenommen wurden, konnte er nicht sagen. Bei dem Vergehen handele es sich um eine Ordnungswidrigkeit. Man werde nun prüfen und die Ortspolizeibehörde mit einbeziehen.

Gut möglich auch, dass die Narrenzunft zur Verantwortung gezogen wird. Schließlich habe es sich um Rottweiler Narren gehandelt, so der Polizeisprecher. Auch für Dienstag kündigte der Sprecher Polizeipräsenz in Rottweil an.

Die Polizei schritt am Montagmorgen dann doch ein. Kaum waren die Narren halb die obere Hauptstraße hinuntergejuckt, beendeten die Beamten, es war 8.10 Uhr, das närrische Treiben.

Die Fasnet sorgt in diesem Jahr also angesichts der strengen Corona-Regeln für höchst gemischte Gefühle. Während manch ein Beobachter des kurzen Spektakels am Montagmorgen Tränen vor Rührung in den Augen hatte, trieb es anderen die Zornesröte ins Gesicht.

Auf Facebook müssen Narren Kritik einstecken

Im sozialen Netzwerk Facebook wird die Aktion zu einem überwiegenden Teil harsch kritisiert. Eine Nutzerin meint, es sei "ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die sich penibel an die Maßnahmen, Hygienevorschriften halten und trotzdem ihr Geschäft, Restaurant etc. nicht öffnen dürfen, während Kinder zuhause sitzen..." An die Vorbildfunktion der Erwachsenen für Kinder erinnert diese Stimme: "Die Kleinen hält man zurück, aber die großen dürfen. Find ich echt frech."

Ein anderer Nutzer fasst zusammen: "Ich bin selber Narr und auch mir hat dieses Jahr mein Herz geblutet, aber sowas kann ich absolut nicht nachvollziehen. Geschäfte, Gastronomie, Kindergärten und Schulen dicht, Krankenhaus in Rottweil einen Haufen infiziert und die Narren laufen in der Stadt als ob nichts wäre. Viele Vereine haben sich an die Regeln gehalten. Dann hätte solch eine Aktion auch nicht sein müssen."

Nur vereinzelt wird die Aktion begrüßt und für gut geheißen. Ein früherer Stadtrat etwa schreibt: "Stolz und im positiven Sinne neidisch bin ich auf euch Narren. Vielleicht ist das ein Auftakt zur alten Tradition."

Oberbürgermeister Ralf Broß äußert sich zurückhaltend, er stellt das Agieren der Polizei in den Vordergrund: "Die Polizei hat mit Augenmaß reagiert und die Ansammlung nach wenigen Minuten mit Lautsprecherwagen für aufgelöst erklärt."