In einer Lagerhalle und einem dreistöckigen Wohnhaus in Bétera in der Nähe von Valencia fanden Polizisten 1090 Tierpräparate, darunter dieses Krokodil und den Löwen. Foto: picture alliance/dpa/Guardia Civil

In der Nähe von Valencia bringt die Guardia Civil Spaniens größte – und wahrscheinlich illegale – Sammlung von Tierpräparaten ans Licht.

Der Besitzer gab sich unwillig. Eine Gruppe von Guardia-Civil-Polizisten bat vor ein paar Tagen um Einlass in sein 50 000-Quadratmeter-Anwesen in Bétera in der Nähe von Valencia. Die Beamten hatten einen Tipp bekommen, dass der Unternehmer dort etwas versteckt hielt. Das tat er auch, weswegen eben er den Polizisten keinen Zugang gewähren wollte. Die ließen sich nicht abschrecken und kamen mit einem richterlichen Durchsuchungsbeschluss wieder. „Es war erstaunlich“, berichtete der zuständige Leutnant Carlos Domínguez. „Die Durchsuchung übertraf bei Weitem unsere Erwartungen.“

Ein gewaltiges Zoomuseum mit toten statt lebendigen Tieren

In einer Lagerhalle und einem dreistöckigen Wohnhaus fanden die Polizisten 1090 Tierpräparate (ausgestopfte Tiere, würde man sie umgangssprachlich nennen) und 198 Elefantenstoßzähne. Ein gewaltiges Zoomuseum mit toten statt lebendigen Tieren. Eine Trophäensammlung, danach sah es aus. Und was für Trophäen! Mindestens ein vollständiger Elefant ist unter den Tieren, ein Eisbär, afrikanische Löwen, bengalische Tiger, Panther, Geparden, ein weißes Rhinozeros, Giraffen, Krokodile.

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Tiere, die vom Aussterben bedroht sind, andere, die schon ausgestorben sind. Eine Säbelantilope, die in Freiheit seit Jahrzehnten ausgestorben ist und nur noch in Tiergärten lebt. Ein Exemplar der so gut wie ausgerotteten Mendesantilope. Schöne Tiere, wunderbar anzuschauen. Aber so – „ein dantesker Anblick“, fand Leutnant Domínguez.

Alles vom Vater geerbt?

Die Geschichte gibt ein paar Rätsel auf. Das erste versucht gerade eine Untersuchungsrichterin aufzuklären: Woher stammen die Tiere und wie landeten sie in der Lagerhalle in Bétera? Der Besitzer sagt nach dem Bericht der Guardia Civil, dass „die meisten Exemplare“ aus dem Erbe seines Vaters stammten. Den Namen des Vaters hat die Polizei verraten: Francisco Ros Casares, ein 2014 verstorbener Metallindustrieller. Seine beiden Söhne, Francisco Juan und Germán Ros García, versuchten das Unternehmensimperium des Vaters weiterzuführen, scheiterten aber offenbar an der Aufgabe. Der Name Ros Casares ist schon lange nicht mehr in spanischen Zeitungen aufgetaucht, und auch nicht der seiner Söhne. Bis zu diesem Wochenende.

Entscheidend sind die Dokumente über die Tiere

Einer der beiden Söhne ist mutmaßlich der Hüter der Sammlung seines Vaters, und er hätte nun nachzuweisen, dass beim Erwerb der Tiere alles mit rechten Dingen zuging. Nach Angaben der Guardia Civil konnte er das bisher nicht. Entscheidend wird sein herauszufinden, wie alt die Präparate sind, ob sie vielleicht aus Zeiten stammen, als es noch keine internationalen Schutzvereinbarungen für bedrohte Tierarten gab.

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Für solche Fälle gibt es Dokumente, um die sich ein Besitzer solcher Tierpräparate zu kümmern hätte. Wenn nicht, macht man sich strafbar.

Kaum vorstellbar, dass das niemand mitbekommen haben soll

Das zweite Rätsel ist, wie die Existenz eines solchen Museums über Jahre geheim bleiben konnte. Bétera ist kein verlorener Weiler in der Wildnis, sondern eine Kleinstadt mit gut 25000 Einwohnern, keine 20 Kilometer von Valencia entfernt, im Landesinneren. Wenn bisher niemand von der Sammlung des Industriellen wusste, dann, weil niemand davon wissen wollte. Es ist kaum vorstellbar, dass niemand die Anlieferung der Tiere bemerkt haben sollte, und auch nicht, dass die Sammlung niemals jemand anderes als Vater oder Sohn zu Gesicht bekam. Einige Tiere waren im Wohnhaus ausgestellt, nicht in der Lagerhalle nebenan. Zu der Sammlung gehörten auch ein Sofa und 20 Sessel, die mit Krokodilleder bezogen waren, und andere Sofas, die auf Elefantenfüßen standen.

Tiere kommen ins Naturkundemuseum

Den Wert der Sammlung schätzt die Guardia Civil auf 29 Millionen Euro, was dafür spricht, dass es einen Markt für solche Dinge gibt. Wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind und sich die Illegalität dieses privaten Zoomuseums bestätigen sollte, dürften die Tiere wohl in öffentliche naturkundliche Sammlungen gebracht werden.

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