Ein Polizist kontrolliert in Gottmadingen an der deutsch-schweizerischen Grenze die Geschwindigkeit der Fahrzeuge. Foto: dpa

Wenig Verkehr, keine Geschwindigkeitsbegrenzung: Der südliche Abschnitt der Autobahn 81 ist bei Rasern beliebt. Trotz verstärkter Kontrollen kommt es auch immer wieder zu Rennen, die andere Verkehrsteilnehmer gefährden. Doch wie groß ist das Problem wirklich?

Mühlhausen-Ehingen - Das Schema der illegalen Rennen auf der A 81 Richtung Bodensee ist immer das gleiche: Vier oder fünf Autos fahren mit ähnlicher Geschwindigkeit vor- und nebeneinander, dann bremsen die beiden hinteren Fahrer den nachfolgenden Verkehr stark aus – manchmal bis zum Stillstand. Auch die vorderen Fahrer treten eine Weile aufs Bremspedal. Auf ein Signal hin beschleunigen sie ihre Boliden wieder und brettern, teils mit weit mehr als 200 Kilometern pro Stunde, über die frei geblockte Strecke. An der nächsten oder übernächsten Autobahnausfahrt fahren sie wieder raus, um möglichst nicht von der Polizei erwischt zu werden. Manchmal wiederholt sich das gefährliche Spiel in die andere Richtung.

 

Erst am vorvergangenen Wochenende in der Nacht zum Sonntag lieferten sich mehrere Autos wieder ein solches Rennen auf der A 81 von Geisingen (Kreis Tuttlingen) südwärts. Die Polizei stellte zunächst vier Fahrzeuge – alle mit Schweizer Kennzeichen – fest, die mutmaßlich an dem illegalen Wettbewerb teilgenommen hatten. Inzwischen seien vier weitere Beschuldigte ermittelt worden, sagte der stellvertretende Leiter des dafür zuständigen Verkehrskommissariats Mühlhausen-Ehingen, Andreas Herzog, unserer Zeitung. Zeugen hatten sogar von rund 20 Teilnehmern berichtet. Die Ermittlungen dauern an.

Oft kommen Schweizer, um Rennen auf der A 81 auszutragen

Laut Polizei finden auf Autobahnen und Bundesstraßen in der Nähe zur deutsch-schweizerischen Grenze seit 2012 immer wieder illegale Rennen statt. Insbesondere die A 81 zwischen dem Kreuz Hegau und dem Dreieck Bad Dürrheim (Schwarzwald-Baar-Kreis) gilt intern als Brennpunkt. Weil es auf dem rund 25 Kilometer langen Streckenabschnitt kein Tempolimit gibt und das Verkehrsaufkommen abends und nachts sehr gering ist, nutzen die PS-Freaks ihn gerne, um sich miteinander zu messen. Oft kommen sie extra aus der Schweiz.

Die Polizei hat den Abschnitt in den vergangenen Jahren verstärkt kontrolliert. Man habe dem Problem dadurch Einhalt geboten, komplett beseitigt sei es aber nicht – wie auch das Vorkommnis vom 20. August gezeigt habe, sagte Polizeihauptkommissar Herzog. Die Polizei gehe darüber hinaus von einer „gewissen Dunkelziffer“ aus.

Neues Gesetz gegen soll bald in Kraft treten

Die Fälle der illegalen Rennen, die die Beamten in diesem Jahr registriert haben, bewegen sich im einstelligen Bereich. Von einem Anstieg bei den Fallzahlen könne man nicht sprechen, sagte Herzog. Und doch schürt jedes einzelne Rennen die Angst vor einem schweren Unfall mit unbeteiligten Verkehrsteilnehmern, die beim abrupten Abbremsen vor Rennbeginn von hinten herannahen. Dass es da zu gefährlichen Situationen komme, sei klar, sagte Herzog: „Glücklicherweise hatten wir bisher wegen der Rennen noch keinen schweren Unfall.“

Je nach Vergehen und Gefährdung der anderen Verkehrsteilnehmer kann es sich beim Ausbremsen um eine Nötigung oder einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr handeln. Im härtesten Fall sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vor. Für die Teilnahme an verbotenen Autorennen soll nun aber ein neuer Straftatbestand eingeführt werden. Ein entsprechendes Gesetz hat der Bundestag bereits verabschiedet, im September befasst sich der Bundesrat damit. Tritt es in Kraft, drohen Hobbyrennfahrern künftig Geldstrafen oder bis zu zwei Jahren Haft. Kommen Unbeteiligte durch ein verbotenes Rennen zu Schaden, können bis zu zehn Jahre Haft verhängt werden. Zudem kann die Polizei die Autos der Raser einziehen.

Grün-Schwarz streitet über Tempolimit

Unabhängig davon streitet die grün-schwarze Koalition im Land seit Monaten, ob eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 130 Kilometern pro Stunde auf der südlichen A 81 notwendig ist, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten und illegale Rennen einzudämmen, oder nicht. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) pocht auf ein Tempolimit. Er argumentiert mit der Amtshaftung seines Ministerialdirektors Uwe Lahl, der nach Hermanns Auffassung im Fall eines Unfalls belangt werden könnte.

Die CDU-Fraktion im Landtag sträubt sich gegen die Pläne – weil sie bei Hermann ein politisches Motiv vermutet und aus ihrer Sicht die rechtliche Grundlage für ein Tempolimit fehlt. Der Abschnitt stelle keinen Unfallschwerpunkt dar, argumentiert der verkehrspolitische Sprecher der CDU, Felix Schreiner. Es gebe auch keine andere Aspekte, die ein Limit rechtfertigen würden.

Die unterschiedlichen Rechtsauffassungen konnten auch im Koalitionsausschuss im Juli nicht ausgeräumt werden. Nun gibt es eine erneute juristische Prüfung der Landesregierung. Sie laufe noch, sagte ein Sprecher des Verkehrsministeriums. Im Laufe des Septembers soll sie beendet sein.