Einen „Blick in die Praxis der Wirtschaft“ warfen die beiden Christdemokraten Thorsten Frei (MdB) und Manuel Hagel (MdL) in der IHK-Reihe „Wirtschaft im Dialog“.
IHK-Präsidentin Birgit Hakenjos und Oliver Barta, Hauptgeschäftsführer der Südwestmetall, dem Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg, prangerte im Namen ihrer Mitglieder vor rund 150 Zuhörenden die aktuellen politischen Rahmenbedingungen an, die „Wettbewerbsfähigkeit gefährden und sogar Existenzen bedrohen“.
Neue Gesetze dürfen nicht länger an der Realität vorbeigehen, forderte Birgit Hakenjos und sie sollten „wirtschaftsfreundlicher sein“, so Barta. Die Wirtschaft, insbesondere der Mittelstand, sei auf Planbarkeit angewiesen, um ihrer Rolle als „Fundament des Landes“ weiterhin gerecht zu werden.
„Die Lage ist dramatisch“, machte Barta deutlich: Wachstumsstagnation seit 2019, privater Konsum auf dem Niveau von 2015, 60 000 wegfallende Arbeitsplätze in Baden-Württemberg allein in der Metall- und Elektroindustrie. „Es pressiert wie d’ Sau“, gab Barta seiner Sorge im regionalen Dialekt Ausdruck – und das gleich in mehreren Bereichen.
Zuviel Bürokratie
Die überbordende Bürokratie sei in einem durch die wachsende Selbstverständlichkeit des Wohlstandes entstandenen Dickicht jedoch nur „scheibchenweise“ wieder abzubauen, warb Manuel Hagel um Verständnis. In Regierungsverantwortung werde er sich unter anderem für mehr Eigenverantwortung des Einzelnen, für Gesetze mit Verfallsdatum und für eine erneute Verwaltungsreform à la Erwin Teufel einsetzen.
Den Gesetzeswucher aus Brüssel einzudämmen, nannte Thorsten Frei als eine zentrale Aufgabe der Bundesregierung. Deutschland dürfe sich als wirtschaftsmächtigste Nation in der EU bei wichtigen Entscheidungen nicht länger – wie zuletzt häufig geschehen – der Stimme enthalten müssen, weil man sich in Berlin nicht einig wird. „Mehr Selbstvertrauen, Mut und mehr Konsequenzen“ forderte dazu auch Oliver Barta.
„Arbeit, Leistung und Fleiß sind Tugenden, nichts Schlechtes“, sagte Manuel Hagel zum Thema Bildungspolitik. Er treffe im Land auf viele junge Menschen, „die Lust haben, etwas zu machen“. Angesichts eines kostenfreien Studiums sei sein Ziel, auch den Meisterbrief für den Handwerker kostenlos zu machen. Bildung und Wissenschaft müssen im Land wieder in den Mittelpunkt gerückt werden, so Hagel weiter und er kündigte – im Falle seiner Wahl 2026 – die Gründung einer weltweit ersten volldigitalen KI-Universität an.
Für Infrastrukturmaßnahmen stelle die Koalition „so viel Geld bereit wie noch nie“, so Frei bei einem weiteren drängenden Thema. Dabei liege die Verwendung von 100 der 500 Milliarden Euro Sondervermögen jetzt in den Händen der Länder, die davon 70 Prozent an die Kommunen weiterleiten.
Frei schloss in der Sache „unangenehme Entscheidungen“ nicht aus und forderte dazu auf, 30 Jahre lang sei man bei der Infrastruktur „auf Verschleiß gefahren“, habe statt Investitionen sukzessive die Sozialquote angehoben. Es gelte nun zu verhindern, dass es – wie aktuell in Frankreich – zu vielen Bürgern egal ist, wie die Zukunft ihres Landes aussieht.
„Wir werden jedes Projekt in Baden-Württemberg umsetzen“, versprach Hagel, vorausgesetzt man denke die Bürgerbeteiligung neu „vor der Entscheidung ja, aber nicht mehr danach“, ersetze beim Blick auf die Tierwelt vor Baumaßnahmen den Individual- durch den Populationsschutz und schaffe das Verbandsklagerecht ab.