Mit einem Warnstreik und einer Kundgebung auf dem Tailfinger Markt haben rund 30 Beschäftigte der Firma Karl Conzelmann den Gewerkschaftsforderungen in der laufenden Tarifrunde Nachdruck verliehen. Die Beteiligung war insgesamt mager.
Einen Tag vor dem dritten Verhandlungstermin der Tarifrunde war der Streikaufruf der IG Metall an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Tailfinger Firma Karl Conzelmann, bekannter unter dem Markennamen „Nina von C.“, ergangen.
Laut Gewerkschaftssekretärin Dorothea Ertl lag die Zahl derjenigen, die hätten streiken können, unter Berücksichtigung der grippebedingten Ausfälle, im oberen zweistelligen Bereich; Tarifkommissionsmitglied Sana Tapalaga schätzte, dass knapp die Hälfte sich am Warnstreik beteiligte.
Auch einige Mey-Mitarbeiter waren dabei
Von denen waren allerdings nicht alle zur Kundgebung vor dem Technischen Rathaus erschienen: Knapp 30 Streikende waren vor Ort, und von diesen waren auch nicht alle Beschäftigte von Karl Conzelmann – es waren auch einige Mey-Mitarbeiter der Einladung der IG Metall gefolgt, sich durch die Teilnahme an der Kundgebung solidarisch zu zeigen.
Der Warnstreik dauerte von 11.30 bis 13.30 Uhr; bei der Ankündigung am Morgen war Ertl zufolge „ein bisschen was los gewesen“: Vorgesetzte hätten die Fehlinformation verbreitet, der Warnstreik sei nicht rechtens; es habe auch Versuche gegeben, ausliegende Flugzettel verschwinden zu lassen.
Beides, so die Gewerkschaftssekretärin, sei nicht statthaft, aber trotzdem nicht unüblich, zumal in Gegenden, wo Streiken keine robuste Tradition habe. Viele Arbeitnehmer, zumal in kleineren Betrieben, wüssten nicht, dass ihr Streikrecht durch Artikel 9 des Grundgesetzes verbrieft sei, oder scheuten sich, es wahrzunehmen.
Auf die vor dem Tailfinger Rathaus Versammelten traf das nicht zu. Sie artikulierten lautstark – trillerpfeifend oder verbal – ihre Zustimmung zur Forderung, mit der die IG Metall zu Jahresbeginn in die Tarifverhandlungen der Textilindustrie gezogen war: 6,5 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 200 Euro mehr pro Kopf und Monat, dazu eine Erhöhung der Altersteilzeitquote. Die 200 Euro, so Ertl, seien der IG Metall nicht zuletzt so wichtig, weil die Knautschzone zwischen tariflichem und gesetzlichem Mindestlohn nicht zu klein werden dürfe – qualifizierte Arbeit müsse sich lohnen. Die Altersteilzeitquote aber gewinne mehr und mehr an Bedeutung, weil sich die Baby-Boomer dem Ruhestandsalter näherten.
„So was Mageres hatten wir nicht erwartet“
Wobei, so Ertl weiter, auch die Gewerkschaft es begrüße, wenn rüstige und arbeitsfreudige Senioren übers gesetzliche Rentenalter hinaus in Lohn und Brot blieben. Das setze allerdings voraus, dass sie etwas Reelles für ihre Arbeit erhielten, und in dieser Hinsicht sei das Angebot der Arbeitgeber in der zweiten Verhandlungsrunde durchaus das falsche Signal gewesen: Bis November gar nichts, danach ein Jahr lang 1,3 Prozent, danach noch einmal 1,7 Prozent; das Ganze bei einer Laufzeit von 28 Monaten – „wir wissen, dass die Konjunktur schlecht ist. Aber so etwas Mageres hatten wir trotzdem nicht erwartet.“
„Sich raushalten und hinterher schimpfen geht gar nicht“
Zumal die Arbeitgeber ja nicht nur schlechte Geschäfte beklagen, sondern auch Personalmangel. „Keine Fachkräfte mehr“, fragte IG-Metall-Sekretär Ihab Sagr in die Runde. „Ja wie denn auch bei solchen Angeboten? Das muss besser gehen.“ Wird es aber wohl nur, wenn sich bei einem Fortgang des Arbeitskampfes mehr Arbeitnehmer an diesem beteiligen. „Erst den Kopf einziehen und hinterher über den Abschluss schimpfen, das geht gar nicht“, sagt Dorothea Ertl.