BeReal ist eine Social-Media-App aus Frankreich und gewinnt auch in Deutschland immer mehr an Beliebtheit. Foto: Screenshot/Bildschirm Iphone

Keine Filter, keine Likes und nur authentische Fotos der eigenen Freunde: Die App "BeReal" ist der neue Stern am Social-Media-Himmel. Und das, obwohl sich die App sehr von den bisherigen Favoriten wie TikTok und Instagram unterscheidet. Oder gerade darum? 

Die kostenlose Social-Media App "BeReal", übersetzt "sei echt", wurde 2020 in Frankreich gegründet und gewinnt aktuell auch in Deutschland immer mehr an Beliebtheit. Allein in den USA hält sich die App laut Schätzungen der Analyseseite "Apptopia" seit Wochen auf Platz eins der Apple-Download-Charts.

Maximilian Bitzer, Geschäftsführer der Digitalagentur Brand Boosting in Albstadt, kann sich ein weiteres Wachstum der App vorstellen: "Dass sich die App weiter verbreitet und immer mehr Nutzer gewinnt, halte ich für durchaus realistisch. Zuletzt kam TikTok unscheinbar auf den Markt und konnte immense Marktanteile gewinnen, womit zuvor wenige gerechnet haben." Auch seine Kollegin Jasmin Stein, PR und Communications Managerin, geht von einer hohen Beliebtheit der App - besonders in der Generation Z - aus. 

In der App-Beschreibung wird deutlich, worauf die Entwickler besonderen Wert legen. Und vor allem, was "BeReal" von den großen Social Media-Konkurrenten unterscheidet. "BeReal ist das echte Leben ohne Filter. BeReal wird dich nicht berühmt machen. Influencer bitte bei TikTok und Instagram bleiben." Es geht darum, keine aufwändig bearbeiteten Fotos hochzuladen und darauf perfekt auszusehen, sondern schlichtweg eine Momentaufnahme aus dem Leben zu teilen. 

Hat "BeReal" das Potenzial, Instagram abzulösen?

Bei "BeReal" soll sich der Alltag der Nutzer widerspiegeln. Authentizität soll über dem schönen Schein stehen, der häufig auf Instagram dominiert. Damit könnte die App Instagram den Kampf ansagen. Und das genau zum richtigen Zeitpunkt, denn noch vor einigen Wochen stand Instagram in der Kritik, seinen Nutzern nach einer Algorithmusänderung vermehrt Werbung, Inhalte von nicht-gefolgten Accounts und Videos im Vollformat auszuspielen.

Könnte "BeReal" also Instagram und TikTok verdrängen? "Ich denke, dass sich die App vor allem aufgrund ihrer "lebensechten" Differenzierung von den anderen Plattformen durchsetzen wird. Ob sie Instagram verdrängt ist schwer abzusehen, jedoch ist Instagram bereits am Abnehmen", so Bitzer. 

Wie funktioniert "BeReal"? 

Also nichts mit inszenierten "Schnappschüssen" vor Traumkulissen. Die Macher der App versprechen: "Deine Freunde in echt."

Wie sieht das in der Praxis aus? Einmal am Tag versendet die App eine Aufforderung an alle Nutzer, innerhalb von zwei Minuten einen Post hochzuladen. Der Zeitpunkt dafür wird von der App zufällig gewählt. Das heißt, beim Öffnen der App, ist jeder Nutzer dazu angehalten, zu fotografieren, was er gerade macht. Ganz egal, ob bei der Arbeit, beim Sport oder mit dem Putzlappen in der Hand. Das Besondere daran ist, dass gleichzeitig ein Bild mit der Front- und der Hauptkamera aufgenommen wird, um so mehr ungefilterte Aufnahmen zu generieren. Alle Nutzer sollen also zur selben Zeit ein Foto posten. Das gepostete Bild bleibt dann für 24 Stunden in der App für alle Freunde sichtbar, ist aber nicht öffentlich einsehbar. 

Auch Ann-Katrin Schmitz, Expertin für Influencer-Marketing, gibt auf ihrem Instagram-Account "babygotbusiness" Einblicke in die neue App:

Außerdem macht es die App schwer, einfach nur stiller Konsument zu sein. Nur wer selbst ein Bild hochlädt, kann auch die Fotos seiner Freunde sehen. Es gibt auch die Möglichkeit, den Standort mit seinen Freunden teilen. 

Was passiert, wenn ein Bild nicht in den vorgegebenen zwei Minuten hochgeladen wird? Wer den Zeitraum verpasst, hat auch nach den zwei Minuten noch die Chance, ein Bild - ein sogenanntes "Late" - hochzuladen. Dann sendet die App allerdings eine Benachrichtigung an alle Kontakte, dass man das Bild außerhalb der vorgegebenen Zeit hochgeladen hat. Enttarnt wird der Nutzer auch bei wiederholten Versuchen, die er braucht, um das Foto zu machen, denn die anderen Kontakte sehen die Anzahl der Versuche. Wer ein Bild löschen will, kann dies einmal am Tag machen. 

Vorsicht beim Thema Datenschutz

"Bei der Nutzung der App sollte man sich bewusst sein, dass sowohl bei iOS-Nutzern als auch bei der Android Version verschiedene Tracker aber auch Analyse Tools im Spiel sind", erklärt Stein. Laut der Expertin werden die Kontaktdaten der User an den amerikanischen Server von "BeReal" gesendet. Das heißt, die sensiblen Informationen werden in ein Land gesendet, in dem keine Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) besteht und der sichere Umgang von den Daten nicht gewährleistet sei. Außerdem wird beim Verwenden der App der Standort geteilt. Wer das nicht möchte, sollte dies in seinen Smartphone-Einstellungen widerlegen. 

"BeReal" interessant für Unternehmen 

Auch für Unternehmen könnte die Entwicklung der Social-Media-App interessant sein. Allerdings bleibt erstmal abzuwarten, wie sich "BeReal" in Zunkunft entwickle, so Stein. "Ähnlich wie bei der Social-Media-App Snapchat können Unternehmen auch hier authentische Einblicke in diverse Bereiche des Unternehmens in Echtzeit liefern und somit eine Verbindung zur eigenen Marke aufbauen." Die zufälligen Benachrichtigungen der App könnten allerdings für Schwierigkeiten bei der Beitragsplanung sorgen. 

Unternehmen, die die App jetzt schon genau unter die Lupe nehmen, könnten davon profitieren. Der Social-Media Experte erklärt dies folgendermaßen: "Meiner Erfahrung nach gewinnt man massive Vorteile, wenn man sich zu den "early adoptern" zählen kann und als erster Reichweite und Erfahrung sammelt. Es gibt zwar keine Unternehmensaccounts, aber auch Unternehmen sollten über beispielsweise Führungspersonen oder Social Media Manager Personal Brands aufbauen."

Entwicklung der App noch unklar

Ob "BeReal" der aufstrebende Stern am Social-Media-Himmel bleibt, wird sich zeigen. "Durch keine weiteren Features in der App kann diese schnell langweilig werden", schätzt die PR und Communications Managerin die Entwicklung ein. Zusätzlich komme der Faktor Geld ins Spiel. "Momentan finanziert sich die App über Investoren, welche auf ein langfristiges Wachstum setzen. Normalerweise verdienen solche Apps Geld über Premium Features oder Werbung. Die einmalige Nutzung der App pro Tag ist nicht gerade vorteilhaft für Werbung, welche vor allem den Nutzer auf Dauer nerven könnte."