Wer im Sommer Tomaten im eigenen Garten ernten möchte, muss rechtzeitig säen. Doch welches Saatgut ist das richtige? (Symbolbild) Foto: Andrea Warnecke/dpa

Die Tage werden wieder spürbar länger und wärmer. Am 20. März ist der kalendarische Frühlingsanfang. Zeit für viele Hobby-Gärtner, mit der Anzucht vom eigenen Gemüse zu beginnen. Doch beim Kauf von Saatgut wird man vor eine schwierige Wahl gestellt. Denn Samen sind nicht gleich Samen.

Oberndorf - Im Prinzip hat man in den meisten Fällen die Wahl zwischen zwei grundsätzlich unterschiedlichen Sorten von Saatgut: Sogenannten samenfesten Sorten und Hybridsaatgut, das auch als F1-Hybride bezeichnet wird. Doch was ist der Unterschied? Tatsächlich ist die Erklärung etwas kompliziert.

Die zweite Aussaat misslingt

Denn offensichtlich wird der Unterschied erst in der zweiten Generation, wenn man also die Früchte der ersten Aussaat verwendet, um aus den Kernen eine eine neue Pflanze zu erhalten. Christoph Schramm von der Naturschutzorganisation BUND erklärt das so: "Wenn Sie eine Zuchini nehmen, die schön grün, groß und lang ist und davon die Samen nehmen, kann es sein, dass die im nächsten Jahr nicht lang ist, sondern rund und holzig."

Genau das passiert aber nur bei den hybriden Sorten. Denn diese werden extra so gezüchtet, dass sie nur bei der ersten Aussaat das gewünschte Ergebnis liefern.  "Wenn ich samenfeste Sorten kaufe, kann ich aus den Samen im Gemüse neue Pflanzen ziehen", erklärt Schramm. "Beim Hybridgut muss ich immer neue Samen kaufen."

Kreuzung zweier Inzuchtlinien

Hergestellt wird das hybride Saatgut, indem der Genpool einer bestimmten Pflanze durch häufige Kreuzungen immer weiter reduziert wird. Wird eine solche Inzuchtlinie dann mit einer anderen Inzuchtlinie gekreuzt, entsteht ein Hybrid, dessen Früchte relativ einheitlich die gewünschten Qualitätsmerkmale aufweisen. Allerdings nur in der ersten Generation.

In der zweiten Generation sind die Früchte dann alles andere als einheitlich und nur noch von einer sehr schlechten Qualität. Eine erneute Aussaat aus der Ernte des Vorjahres lohnt sich nicht. Man muss also jedes Jahr neues Saatgut kaufen.  Somit spricht vor allem aus der Sicht der Saatguthersteller einiges für die hybriden Sorten.

Größere Früchte - weniger Geschmack

Doch welche Art von Saatgut ist für Hobby-Gärtner die bessere Wahl? Tatsächlich lässt sich diese Frage nicht so einfach beantworten, wie Gustav Jahn weiß. Er ist der Vorsitzende des Vereins der Gartenfreunde Loßburg-Rodt und sieht bei beiden Varianten durchaus Vorteile. "F1-Hybride sind meist ein bisschen widerstandsfähiger", erklärt Jahn. "Manchmal sind auch die Früchte größer."

Geschmacklich seien aber oftmals die samenfesten Sorten besser. "Wenn Sie eine richtig alte Tomatensorte haben: Die schmeckt gut", schwärmt Jahn. Feldsalat findet Jahn in seiner ursprünglichen Variante ebenfalls besser. Allerdings gibt es auch einen kuriosen Sonderfall. Denn wenn man Tomaten im Gewächshaus pflanzt, sollte man zu Hybrid-Samen greifen, empfiehlt der Vereinsvorsitzende. Denn die alten Sorten neigten dazu, im Gewächshaus zu viele Geiztriebe auszubilden.

Lesen sie auch: "Warnung vor mysteriösen Pflanzensamen"

Züchtung für die Landwirtschaft

Schramm sieht für Hobby-Gärtner vor allem beim Hybrid-Saatgut Nachteile. Denn oftmals sei der Geschmack samenfester Sorten besser. "Das liegt vor allem daran, dass die Hybrid-Züchtungsverfahren mehr auf andere Sortenmerkmale ausgerichtet sind, beispielsweise große einheitliche Früchte oder gleichzeitig keimende und blühende Pflanzen", erklärt Schramm.

"Der Geschmack bleibt bei F1-Sorten häufig auf der Strecke", sagt der BUND-Sprecher. Denn in erster Linie werde das hybride Saatgut für die Landwirtschaft hergestellt. Der Hobby-Bereich sei da nur eine kleine Nische. Und die meisten Landwirte verwendeten eben Hybrid-Saatgut, weiß Schramm. Deshalb lasse sich auch aus Supermarkt-Früchten in der Regel kein neues Obst züchten. 

Sortenvielfalt in Gefahr

Doch das eigentliche Problem ist ein ganz anderes. Denn zu den samenfesten Sorten zählen auch viele alte Züchtungen, die nun nach und nach verschwinden. "Die Sortenvielfalt leidet", warnt Schramm. "Die Vielfalt, die sich über Jahrtausende entwickelt hat, geht gerade verloren." Dabei seien viele der Sorten auf ganz spezifische regionale Klima- und Bodenverhältnisse angepasst. Gerade mit Blick auf den Klimawandel wird diese Vielfalt aber dringender benötigt denn je. "Wenn es wärmer und trockener wird, sind da vielleicht Pflanzen dabei, die damit besser zurechtkommen", mahnt Schramm.

Doch wenn man nun als Hobby-Gärtner zum Erhalt der alten Sorten beitragen möchte: Wo bekommt man das Saatgut her? Jahn empfiehlt, auf Inserate in Gartenzeitschriften zu achten. Angeboten werde das Saatgut sowohl von Unternehmen als auch von Privatpersonen.

Stolz auf alte Sorten

"Das sind Leute, die daran interessiert sind, dass es die alten Sorten weiterhin gibt, und Unternehmen, die stolz darauf sind, dass sie die alten Sorten herstellen", erzählt Jahn. Auch Saatgut-Tauschbörsen seien eine Möglichkeit, an seltenes Saatgut zu kommen, erklärt Schramm: "Es gibt viele Initiativen, die über durch Saatgut-Börsen dafür sorgen, dass das alte Saatgut noch verkauft wird." 

Doch auch in herkömmlichen Geschäften kann man fündig werden. Schramm empfiehlt, beim Einkauf einfach auf das entsprechende Siegel zu achten. "Darüber hinaus ist es super, wenn es Bio-zertifiziert ist."

Lesen sie auch: "So säen Sie Samen richtig"