Der Hundebiss ist inzwischen verheilt – das Gefühl der Verunsicherung wird Mechtild Jesse wohl bleiben. Foto: Franke

Freilaufende Hunde können nicht nur unangenehm sein, sondern richtig gefährlich. Das weiß Mechtild Jesse aus Meßstetten jetzt aus eigener Erfahrung.

Meßstetten - Vor einigen Wochen, am ersten schönen Tag des Sommers, war sie mit einer Freundin in Hossingen zum Joggen aufgebrochen. Es war ein entspannter, lockerer Lauf, der die sportlichen Frauen vorbei am Neubaugebiet Weichenwang nach Meßstetten führte. Soeben hatten sie sich auf den Rückweg gemacht, als unvermittelt ein großer Hund auf sie zusprang. "Keine Zeit zu reagieren; es ging alles furchtbar schnell", erzählt Jesse. Der Hund habe sie nicht "gestellt", sondern direkt angegriffen. Reflexartig habe sie versucht, das muskulöse Tier abzuwehren und laut geschrien, doch ohne Erfolg. Erst auf den Zuruf seiner Besitzerin habe der Hund von ihr abgelassen – sofort! – und sei zurückgelaufen. Er war offensichtlich gut erzogen; indes handelte es sich bei ihm um einen Beauceron, einen französischen Hütehund, und Jesse meint, in diesem Fall wäre eine besondere Sicherung angemessen gewesen, wie sie beispielsweise in der Schweiz für Hunde dieser Rasse vorgeschrieben sei.

Sechs Stunden Wartezeit

Was folgte, war auch nicht erfreulich. Im Krankenhaus musste Jesse sechs Stunden darauf warten, dass man sich ihrer annahm. Die Behandlung verursachte neue Schmerzen, denn die etwa zwei Zentimeter tiefe Wunde musste noch weiter geöffnet und gereinigt werden – ohne örtliche Betäubung. Später entstand noch ein großflächiger Bluterguss. Zugegeben, kommentiert Jesse, es gebe noch schlimmere Notfälle, und die Krankenhäuser litten bekanntlich unter Personalmangel. Die Hundehalter ließen ihr den Impfpass des Hundes zukommen und drückten ihr Bedauern über den Vorfall aus.

In den folgenden vier Wochen konnte Mechtild Jesse weder vernünftig sitzen, noch schlief sie gut. Die Wunde ist inzwischen verheilt; die Narbe wird vermutlich bleiben; vor allem aber ist Jesse die Unbefangenheit verloren gegangen, mit der sie sich bisher in der freien Natur bewegte. Nachhaltig verunsichert ist auch ihre Begleiterin, die seither selbst dann die Straßenseite wechselt, wenn der fragliche Hund angeleint ist. "Manche Leute grinsen dich dann an, wenn sie sehen, dass du Angst vor ihrem Hund hast."

Die Nachsorge übernahm der Ehemann

Beide Frauen fragen sich mittlerweile, ob sich die Rechte der Halter augenscheinlich gefährlicher Hunde nicht stärker beschränkt werden sollten. Was, wenn der kurzzeitig unbeaufsichtigte Beauceron nicht auf eine erwachsene Frau, sondern auf ein Kind losgegangen wäre? Irritierend findet Jesse auch, das der Vorfall – immerhin eine Körperverletzung – hier und da mit einem Achselzucken quittiert und offensichtlich unter der Kataegorie "Persönliches Lebensrisiko" verbucht werde. Die Nachsorge der Wunde übernahm übrigens Mechtild Jesses Mann Jürgen, weil ein Arzttermin zeitnah nicht zu bekommen war.