Die Spuren des Feuers in dem Wohnmobil werden einen Tag nach der Brandnacht beim Blick ins Fahrerhaus erst deutlich. Fotos: Filipp Foto: Schwarzwälder-Bote

Dramatische Szenen auf dem Stellplatz in Hüfingen / Campingurlauber zieht 86-Jährigen aus dem Feuer

Von Franz-J. Filipp Hüfingen. Er hat einen Schutzengel gehabt, der 86-jähriger Camper Paul Kaiser auf dem Wohnmobilstellplatz in Hüfingen, als eine undichte Gasleitung Feuer fing und ihn ein Mitcamper in allerletzter Minute aus den Flammen zog.Bei Einbauarbeiten eines Elektro-Boilers wurde eine Gasflasche im Außenbereich des Wohnmobils aufgedreht, als die Türe zum Waschraum geöffnet wurde, entstand eine Druckwelle, so der Polizeibericht. So kam es in der Nacht auf Mittwoch um 22.32 Uhr zur Verpuffung. Das Wohnmobil auf dem Campingplatz in der Bräunlinger Straße brannte trotz des Einsatzes der Feuerwehr jedoch vollständig aus.

Und bis zum Eintreffen der Feuerwehr spielten sich dort zuvor dramatische Szenen ab. Denn bereits schon die Alarmierung der Einsatzkräfte geriet für die durch das Feuer aufgeschreckten Mitcamper zur Nervenprobe.

"Ich habe mehrmals versucht, über die Notrufnummer Hilfe zu holen", schildert Christina Niedermeier aus Inning am Ammersee. Sie und ihr Mann Peter standen mit ihrem Fahrzeug wie so oft einmal in Hüfingen und in dieser Nacht auch unmittelbar dicht an dicht neben dem Wohnmobil von Paul Kaiser aus dem Raum Offenburg.

Sei es die Notrufnummer 112 oder 110, immer wieder landete sie in der Warteschleife. Erst beim dritten Anruf schließlich klappte es, erinnert sie sich. Wo soll der Stellplatz in Hüfingen sein, hieß es dann seitens der Rettungswache. Eine Frage, die für sie in dieser Minute völlig unverständlich schien. "Kennen die sich nicht aus in Hüfingen?, fragte sie sich gestern noch nachdenklich.

Was sich dann abspielte, grenzt an ein Wunder. Gemeinsam reißen Peter Niedermeier und Paul Kaiser den Schrank mit der Gasflasche raus, damit sie nicht explodiert. Der 86-jährige Rentner, der seit über 20 Jahren schon mit seinem Wohnmobil Europa bereist, klettert dann in das Fahrerhaus, um das schon brennende Campingfahrzeug aus dem Bereich seiner Mitcamper zu bugsieren.

Dichter Qualm hängt zu diesem Zeitpunkt bereits in der Führerkabine. Er sieht nichts und Christina Niedermeier muss ihn durch lautes Zurufen aus dem verwinkelten Stellplatz am hintersten Ende der Reihe dirigieren. Schließlich gelingt es, das brennende Fahrzeug auf eine freie Fläche zu steuern. Doch kaum angekommen, öffnet der Rentner die hintere Tür zum Wohnmobil und steigt hinein. Eine Schocksekunde für die Mitcamper. "Ich wollte ja nur noch meine Papiere und das Portemonnaie holen", erklärt er im Gespräch mit unserer Zeitung.

Peter Niedermeier zögert keine Minute, eilt herbei und zerrt den Rentner in letzter Minute heraus, dessen Hosenbeine bereits schon Feuer gefangen hatten. Gerade noch rechtzeitig, denn die ersten Konservendosen bersten durch die Hitze, die Frontscheibe des Wohnmobils springt heraus, hier und da knallt es, als sich das Feuer durch die Wohnkabine frisst.

Dann treffen die Rettungskräfte der nahen Feuerwache in Hüfingen ein. Ein Schaumteppich umhüllt das, was von dem Wohnmobil noch übrig bleibt. Es ist vorbei.

Der 86-Jährige erleidet eine Rauchgasvergiftung und leichtere Verletzungen im Gesicht. Er wird im Krankenhaus in Schwenningen stationär aufgenommen. Am Tag danach ist er mit seiner Cousine Ingeborg Maurer, die er wieder einmal in der Weitengasse besucht hat, am Ort des Geschehens.

Mit angesengten Haaren und Augenbrauen, aufgeplatzter Nase und Lippen steht er da – ein verkohltes Knäul aus Aluminium, Kunststoff und Sofffetzen auf der anderen Seite. Ein trauriger Anblick nach all den Jahren sorgenfreier Camperfreude. Doch trotz der angesengten Lippen hat Paul Kaiser beim Blick in den verbrannten Kühlschrank sein Lächeln nicht verloren. "Wenn meine Nachbarn den Schwarzwälder Schinken einen Tag später gebracht hätten, hätte ich wohl mehr davon gehabt". Die Frage, ob das Camperleben umher in der Weltgeschichte damit ein Ende habe, beantwortet flugs seine Cousine: Ein neues Auto, kommt nicht in Frage!