Beim Blick ins Fotoalbum werden bei Harald und Amalie Weh Erinnerungen wach. Die Heimattage brachten ein internationales Publikum nach Hüfingen. Etwa als die London Girls' Pipe Band nicht nur mit ihrer Dudelsackmusik die männliche Jugend in Wallung versetzte.Fotos: Wursthorn Foto: Schwarzwälder Bote

Ehrenamt: Amalie Weh aus Hüfingen wird es nie langweilig / Gute Seele des Vereinslebens / Für Ungarn-Gäste organisiert sie Betten

Da habe man eben automatisch im Hintergrund "mitgschafft", begründet Amalie Weh schon die Anfänge ihres enormen ehrenamtlichen Engagements als nahezu selbstverständlich.

Hüfingen (wur). Diese Funktion hatte die 67-jährige Hüfingerin schon in jungen Jahren als Tochter des Behlaer Bürgermeisters Friedolin Kaiser inne, ehe sie 1976 nicht nur ihren Harald heiratete, sondern auch dessen rühriges ehrenamtliches Engagement. Führte er doch 25 Jahre die Heimatzunft, gründete den Freundeskreis Mende mit, den er bis heute leitet, gehörte dem Vorstand der Kolpingfamilie an und fungiert aktuell als stellvertretender Vorsitzender des Pfarrgemeinderats und CDU-Gemeinderat am Hüfinger Ratstisch.

Mann lobt die Macherqualitäten seiner Frau

"Ich bin der Vorsitzende und sie ist die gute Seele", weiß der Pensionär und frühere Amtsleiter im Landratsamt um die herausragenden Organisations- und Macherqualitäten seiner Frau. Egal, zu welchem Anlass und in welchem Verein: Wie keine zweite habe seine Amalie die Gabe, jede Menge Übernachtungsmöglichkeiten zu organisieren. "Ohne sie hätten die alle kein Bett", sagt er. "Die wären bis heute nie dagewesen", ergänzt Amalie Weh mit trockenem Humor.

1985 kommen die Ungarn erstmals und staunen

Privatquartiere suchen: Das stand schon in den großen Zeiten der Heimattage an, die im jährlichen Wechsel von vier Vereinen organisiert wurden. "1977 hatten wir mal sechs Nationen hier", erinnern sich die Wehs. Da waren mindestens 300 Nachtquartiere notwendig, wenn Gruppen mit 40 bis 50 Musikern oder Trachtenträgern anreisten. Damals sei es leichter gewesen, potentielle Bettengeber für zwei Nächste anzusprechen, meint Amalie Weh. Heute bedürfe es mehr Überredungskunst. Und dabei seien die Gäste, insbesondere die aus der Partnerstadt Mende, auch mit einem Massenquartier völlig zufrieden.

1985 kamen die Ungarn erstmals nach Hüfingen und "konnten nicht glauben, dass da ein Tanklastzug mit Bier steht", schmunzelt Harald Weh. Viele Besuche und Gegenbesuche folgten. Den 2021 vorgesehenen Besuch der Ungarn in Hüfingen wurde Corona-bedingt um ein Jahr verschoben; 2019 waren die Hüfinger zuletzt in der vor den Toren Budapests gelegenen 4500-Einwohner Gemeinde, 2017 feierte man zuletzt mit den Ungarn in Hüfingen. 45 Betten musste Amalie Weh organisieren. Vergleichsweise wenige seien das gewesen, bei früheren Besuchen waren es auch mal 80.

Nachdem die jährlichen Heimattage wegen des enormen organisatorischen Aufwands aus den Veranstaltungskalender verschwunden waren, sind es die Treffen mit den Partnerstädten, die zu größeren Festen wachsen. Drei Gäste nehmen die Wehs aus Ungarn auf; beispielgebend, aber auch mal in der Zwickmühle. Eines Wochenends übernachtete nämlich zusätzlich eine sechsköpfige Familie aus Großschönau in der Alemannenstraße. Die war dann mit dem Matratzenlager im großen Zimmer zwar zufrieden, aber für die Gastgeberin war es, weil Gäste eben auch Hunger haben, am Ende doch "arg viel".

Womit wir zum Thema Verköstigung kommen. Auch hier, das lässt sich an dieser Stelle ahnen, wirkt Frau Weh unermüdlich und mit viel Erfahrung für die benötigten Mengen. 200 Portionen Wurstsalat anmachen? Da hilft ihr der berufliche Hintergrund in der Metzgerei. Aus 20 Kilogramm Kartoffeln Beilagen für 90 Gäste machen? Ebenfalls nicht schwer, hat sie doch in diesen Situationen ihre treuen Helferinnen, die auch eigene Salate beisteuern: mitunter mit einem Regiehinweis der Chefköchin versehen: "Dass da eine alleinige Salatgurke oder ein Pfund Tomaten nicht reicht", müsse sie schon auch mal direkt sagen.

Interessante Begegnungen sind der Lohn

Früher haben die Wehs auch Hilfstransporte nach Ungarn auf den Weg gebracht. Im Teamwork. Er hat die Lastzüge der Brauerei organisiert, sie den karitativen Inhalt. Spenden hat sie gesammelt und Wohnungsauflösungen begleitet. Gerne erinnert sie sich an das "zweite Leben" von Biedermaier-Möbelstücken einer von der Hüfinger Pfarrjugend geräumten Wohnung in Donaueschingen. Die habe sie später im Pfarrhaus in Mende gesehen und bei sich gedacht, "das hat sich schön rentiert". Und überhaupt: Es sind die interessanten Begegnungen mit vielen Menschen, die Amalie Weh ihr vielgestaltiges Ehrenamt vergelten.

"Mir wird es nie langweilig", bekennt die engagierte Hüfingerin und erwähnt die regelmäßigen Besuche ihrer fünf Enkelkinder aus den Familien ihrer beiden Töchter. Diese sind zwischen ein und zehn Jahre alt und leben allesamt in Hüfingen. Auf Trab halten lässt sich von ihnen gerne auch der Opa.

Handwerkliches Geschick – früher hat sie für die ganze Familie Trachten genäht, heute ist sie das ganze Jahr am Stricken – kombiniert sich bei Amalie Weh mit dem tief verwurzelten Wunsch, denen zu helfen, denen es schlechter geht. Deshalb stellt sie selbst Liköre, Marmelade, Kräuteressig oder Kräutersalz her, backt Linzertorten und verkauft diese und die Wollsocken in der Vorweihnachtszeit zugunsten der Nachsorgeklinik Katharinenhöhe.

Das soll auch in Zukunft so bleiben. Sie könnten das gemeinsam noch eine Weile machen, umschließt sie mit einem Satz die Ehrenamtswelt der beiden Hüfinger: "Wir sind immer noch e weng motiviert". Der Gatte lächelt und widerspricht nicht.

Amalie Weh, geborene Kaiser (67), stammt aus der damals noch selbtständigen Gemeinde Behla und hat nach Schule den Beruf der Fleischfachverkäuferin gelernt. Nach der Hochzeit mit Harald Weh (70) im Jahr 1976 blieb sie zunächst zehn Jahre zuhause, um sich um die beiden Töchter zu kümmern. Danach arbeitete Amalie Weh 20 Jahre lang bei der Hüfinger Metzgerei Kramer im Verkauf, bis sie ihren Beruf vor acht Jahren aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste.

Harald Weh ist ausgebildeter Diplom-Verwaltungswirt und leitete bis 2012 28 Jahre lang das Straßenverkehrsamt des Landkreises Schwarzwald-Baar. Ihren durchaus umtriebigen Ruhestand genießen die Wehs in ihrem Haus an der Alemannenstraße in Hüfingen.