Die Lucian-Reich-Schule ist Hüfingens Dauerbaustelle: Der Querbau (oben rechts) soll abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Doch erst muss die Aula (Gebäude) so umgebaut werden, dass die Schüler sich dort dauerhaft aufhalten können. Doch es warten weitere Aufgaben. Denn beim oberen Gebäude fehlt Richtung Westen noch die energetische Sanierung, und auch das Dach dort müsste noch saniert werden. Foto: R. Müller Foto: Schwarzwälder Bote

Umbau: Lucian-Reich-Schule hat weitere Baustellen / 575 000 Euro für Maßnahmen in der Aula

Eigentlich waren die Stadträte bislang der Meinung, dass die Lucian-Reich-Schule nur noch einen neuen Querbau benötigt. Und dann endlich ein Strich unter Hüfingens Dauerbaustelle gezogen werden kann.

Hüfingen (jak). Dass es nun mehr als zehn Millionen Euro werden, anstatt der sechs bis sieben Millionen, von denen anfangs die Rede war, damit haben sie sich mittlerweile abgefunden. Doch nun kommt es ganz anders. Denn es wurden so einige Überraschungen präsentiert – baulich und finanziell.

Neue Erkenntnis: Der neue Architekt Ingolf Gössel, der als Sieger aus der europaweiten Ausschreibung hervorgegangen war und nun mit den ursprünglichen Planungen weiterarbeitet, brachte einige Überraschungen mit. Bevor der Neubau realisiert werden kann, müssen nicht nur im Bestand Maßnahmen für 575 000 Euro umgesetzt werden. Die Stadträte haben nun auch die Wahl: Wollen sie zu den rund zehn Millionen Euro noch eine weitere Million in die Schule investieren, oder soll nun nur das Nötigste gemacht werden, sodass in ein paar Jahren weitere Maßnahmen anstehen würden?

Minimale Lösung: Festgelegt haben die Stadträte schon einmal, dass die minimale Lösung für 575 000 Euro realisiert werden soll. Eine Wahl hatten sie eigentlich nicht, denn nicht nur für die Bauzeit – in der der Querbau nicht zur Verfügung steht – werden zusätzliche Klassenzimmer benötigt. Auch wenn der Neubau dann steht, sollen zwei weitere Lerninseln dauerhaft in der Aula zur Verfügung stehen. Bloß: Die Aula wurde nie dafür gebaut, dass man sich länger dort aufhält.

"Wir haben sie eigentlich nur überdacht, damit man da trockenen Fußes durchlaufen kann", erinnert sich CDU-Stadtrat Franz Albert. Und so ist es im Sommer zu heiß und im Winter zu kalt. Allerdings sind das nicht die einzigen Mängel: Das Dach ist undicht. Hinzu kommt, dass die Verglasung nicht den Brandvorschriften entspricht. "Eigentlich sollten sie einem Brand 30 Minuten standhalten, aktuell liegt der Wert bei null Minuten", erklärt Gössel.

Weitere Mängel: Das Geländer der Galerie ist zu niedrig und entspricht nicht mehr den Sicherheitsbestimmungen. Mit der Einrichtung der beiden Lerninseln gebe es weitreichende Veränderungen, sodass der Bestandsschutz verloren gehen würde und das Gebäude wohl nicht mehr für den Unterricht genutzt werden könnte.

Optionale Lösung: Viel wurde zwar in den vergangenen Jahren in die Lucian-Reich-Schule investiert, doch die energetische Sanierung des West-Gebäudes wurde nie abgeschlossen. Die westliche Seite wurde damals aufgeschoben und befindet sich noch im Originalzustand. "Der Wärmeschutz ist völlig ungenügend", so Gössel. Und beim Dachanschluss wurden beim näheren Hinschauen Wärmebrücken entdeckt. Während die West-Fassade des Klassentraktes rund 300 000 Euro kosten würde, sei beim Dach mit 106 000 Euro zu rechnen. Würden alle drei Blöcke gleichzeitig realisiert, würden die Kosten etwas niedriger liegen, weil es gewisse Synergieeffekte gibt – wie zum Beispiel das Einrichten der Baustelle. Der Vorteil: "Die Schule wäre dann wirklich fertig", erklärt der Architekt.

Das Rätsel: "Das Bestandsgebäude West soll 2008/2010 saniert worden sein", sagte Gössel. Eine Wortwahl, die die Gemeinderäte in Erstaunen setzt, schließlich sind sie sich ganz sicher, dass damals saniert wurde. Doch im Rathaus gebe es aufgrund von Personalwechsel keine detaillierten Akten, was eigentlich genau gemacht wurde.

Die Schülerzahlen: Braucht die Lucian-Reich-Schule wirklich so viel Platz? "Es wird bei uns nie leer stehende Räume geben"; sagt Rektor Franz Dury, der von einer komplett durchgängigen Dreizügigkeit ausgeht und ab dem kommenden Schuljahr von zwei zehnten Klassen. Unsicherheiten gebe es nur im Bereich der Grundschule, wo einmal ein geburtenschwacher Jahrgang dabei sein könnte, oder bei den Zehntklässlern, deren Zahl von der Entscheidung der Schüler abhängt.

Die Weichenstellung: Eigentlich hätten die Stadträte gern diskutiert. Adolf Baumann (FW/FDP/UWV) sprach sich dafür aus, gleich die ganzen Maßnahmen auf einmal in Angriff zu nehmen, während Markus Leichenauer (CDU) das Ganze lieber erst einmal verdaut hätte. Richtungslenkend griff Bürgermeister Michael Kollmeier ein: "Die Verwaltung hat einen Vorschlag gemacht und wohlgemerkt nur einen."

Denn für lange Diskussionen ist keine Zeit: Die Arbeiten am Bestandsbau müssen abgeschlossen sein, bevor der Querbau abgerissen werden kann. Eine Übergangslösung mit Container würde die Stadt schnell eine ähnliche Summe kosten – dann würden aber künftig trotzdem die beiden Lerninseln fehlen. Allerdings soll in einer der nächsten Sitzungen noch einmal über die optionalen Lösungen diskutiert werden.

Der Querbau: "Wir haben den Entwurf, der uns vorlag, verfeinert und verbessert", erklärt der neue Planer. So wurde beispielsweise die große Glasfassade in Richtung Süden reduziert. Denn dadurch, dass auch keine Lüftung eingeplant war, hätten sich die dahinterliegenden Klassenzimmer im Sommer extrem aufgeheizt. Oder beispielsweise die Treppenhäuser. Diese waren bislang ohne natürliche Lichtquelle geplant, durch Schlitze in der Fassade soll nun auch Tageslicht einfallen.

Die Fassade: Eine größere Herausforderung ist es, den Neubau auch optisch in die Bestandsbebauung, die sich rund um den Schulhof befindet, anzupassen. Doch es mischen sich bereits unterschiedliche Stile und auch Farben. Gössel verwies auf Marktplätze. Auch hier würden sich rundherum Gebäude unterschiedlicher Epochen und Farben befinden, doch durch ihre Höhe und Größenverhältnisse ein harmonisches Bild abgeben. Die ursprünglichen Planungen des Vorgängers hatten eine Fassade aus Klinkerriemchen vorgesehen.

Allerdings sei diese Variante aus energetischen Gesichtspunkten nicht zu empfehlen, denn die alten Planungen hätten die Wärmeschutzanforderungen nicht erfüllt. Nun soll es eine wartungsfreie Fassade aus Phenolharzplatten geben. Der Vorteil: Sie besitzen eine große Festigkeit, Zähigkeit und sind biegbar. Außerdem sind sie sogar graffitiresistent. Das Fassadenmaterial soll im Inneren des Gebäudes ebenfalls zur Akzentsetzung verwendet werden. Der Farbton soll bei einem Ortstermin festgelegt werden.

Der Zeitplan: Architekt Ingolf Gössel wird die Planungen – auch für den neuen Querbau – verfeinern. In einer der nächsten Sitzungen werden die Aufträge vergeben. Für den Erweiterungsbau ist der Zeitraum September 2018 bis Juli 2020 vorgesehen. Die Maßnahmen im Bestandsbau müssen aber zuerst realisiert werden.

Erstmals hat sich der neue Architekt der Lucian-Reich-Schule im Gemeinderat präsentiert. Das Stuttgarter Büro "Gössel und Kluge – Freie Architekten" hatte bei der europaweiten Ausschreibung den Zuschlag erhalten. Dass in ganz Europa nach einem Planer gesucht werden musste, lag an der Auftragssumme. Denn wenn die Architektenleistung die magische Grenze von 209 000 Euro überschreitet, dann müssen Kommunen europaweit ausschreiben. Und das ist der Fall, da der Querbau der Lucian-Reich-Schule mehr als zehn Millionen Euro kosten wird.

Bürgermeister Michael Kollmeier hatte im April des vergangenen Jahres dann den rechtlichen Vorgaben, die auch mit einer zeitlichen Verzögerung verbunden waren, doch noch etwas Positives abgewinnen können. Nun gelte es eben, "den besten Planer für die Lucian-Reich-Schule" zu finden, so der Bürgermeister damals zur öffentlichen Ausschreibung. Jetzt zeigt sich nicht nur Kollmeier zufrieden, sondern auch aus den Reihen der Gemeinderäte gab es erste postive Worte zum neuen Planer – auch wenn dieser gleich bei seinem ersten Termin Hiobsbotschaft verkünden musste.

Das Büro ist in der Region übrigens nicht unbekannt. Denn in Schönwald waren die Planer für die Sanierung des "Kienzlerhansenhof" verantwortlich. Das historische Gebäude, das seit mindestens 1591 steht, wurde 2013 an das Ehepaar Anja Kluge und Ingolf Gössel verkauft. Sie haben das Gebäude nicht nur saniert, sondern nutzen es auch als Zweitwohnsitz und Dependance ihres Architekturbüros und betreiben die Landwirtschaft unter Naturschutzaspekten. Für das Projekt wurden die beiden auch mit dem Denkmalschutzpreis ausgezeichnet.