Den Mitgliedern der SPD Hüfingen und interessierten Gästen erläutert Bettina Sättele verschiedene Maßnahmen, die in Bibergebieten, etwa am Kennerbach, getroffen werden. Fotos: Simon Foto: Schwarzwälder Bote

Natur: Biberbeauftragte Sättele erläutert Maßnahmen / Leitfaden zum Nager im Gemeinderat vorgestellt

Mit Gummistiefeln geht es durch den Matsch und über die Wiesen zum Kennerbach zwischen Hüfingen und Hausen vor Wald.

Hüfingen (guy). Hier will Bettina Sättele der Gruppe einige Maßnahmen zeigen, die dort wegen des Bibers getroffen wurden. Zuvor hat sie im Gemeinderat der Stadt den neuen Biber-Leitfaden vorgestellt.

Sättele ist die Biberbeauftragte des Regierunsbezirks Freiburg und in dieser Funktion auch für den Schwarzwald-Baar-Kreis zuständig. Auf Einladung der Hüfinger SPD führt sie Interessierte zu den Bibern und erläutert, womit sich die Menschen in der Region auseinandersetzen müssen.

"Viele der Maßnahmen sehen sehr einfach aus, sind aber tatsächlich sehr teuer", erklärt Sättele am Kennerbach. Dort haben sich einige der ersten zurückgekehrten Biber niedergelassen, Gänge in das Ufer gegraben und bereits Dämme errichtet. "Es ist wichtig, zu verstehen, dass der Biber für eine dynamische Landschaft sorgt, so wie es früher einmal war und unsere Vorfahren es auch gewohnt waren. Für den modernen Menschen gibt es jedoch öfter einen Aha-Effekt, wenn der Biber die Umgebung verändert und das plötzlich Auswirkungen hat", so die Biberbeauftragte. Man müsse lernen, wieder mit dem Biber zu leben.

Das geschehe am Kennerbach etwa mit sogenannten Damm-Drainagen. Das sind Rohre, die an einem Damm vorbei gelegt werden, dass immer noch etwas Wasser abfließen kann und der Stau des Bibers nicht zu hoch wird. Eine solche Maßnahme bedarf jedoch einer regelmäßigen Pflege: "Wenn das Rohr nicht in bestimmten Abständen gereinigt wird, macht der Biber es wieder zu, und das Wasser steigt", erklärt Sättele. Dem Biber werde die Möglichkeit gegeben zu bauen, ohne gravierenden Schaden zu verursachen.

Am Kennerbach türmen sich Holz und Erde eines Baus, zwei Rohre leiten aus einem mit Drahtgitter geschützten Bereich das Wasser weiter ab. In den Uferrand sind Gänge getrieben, allerdings nur etwa ein bis zwei Meter weit: "Die sind allerdings auch häufig unter Wasser und können weit ins Ufer hineingehen. In Sunthausen haben wir einen Bereich, da ist ein Gang etwa zwölf Meter lang", sagt Sättele.

Hier ergeben sich auch Probleme für die jeweilige Gemeinde: "Dazu braucht es ja auch Leute, die das machen", stellt Kerstin Skodell, Fraktionssprecherin der Hüfinger SPD, fest. Peter Marx, der sich für die Gemeinde mit den Bibern beschäftigt hatte, ergänzt: "Alle 14 Tage ist so ein Rohr zu, und es muss etwas gemacht werden." Es sei immer die Frage, wer das schließlich übernehme, so Sättele. Sie selbst habe mit immensen Erwartungshaltungen zu tun: "Viele denken, ich komme einmal und löse die Situation. Diese Erwartung kann ich nicht erfüllen. Der Biber denkt immerhin auch mit und reagiert."

Viele Probleme resultierten auch aus der vom Menschen vorgenommenen Landschaftsveränderung. Gewässerbegleitende Auen, also Gebiete, in denen sich Festland und Wasser vernetzen, gebe es kaum noch. Eben solche Gebiete seien jedoch besonders wichtig. Viele Überschwemmungsgebiete seien ehemalige Auen, die im Laufe der Zeit vom Menschen angepasst und entsprechend bewirtschaftet wurden: "Je kleiner die Gewässer sind, desto höher ist auch die Nutzungsüberschreitung mit den Menschen", sagt die Beauftragte. Zudem benötigen die Tiere minimale Bedingungen. Was nicht passt, wird von ihnen entsprechend bearbeitet. "Eigentlich sind sie auf der Suche nach gemäßigten Bereichen. Entlang des Hochrheins findet man in den ruhigen Gewässerbereichen an Kraftwerken regelmäßig Biber", sagt Sättele.

Nicht zu vergessen sei die Rolle des Bibers in der Entstehung der Landschaften: "Die sind in einer Evolution entstanden, die der Biber mit begleitet und geprägt hat. Etwa das er Weiden und Pappeln frisst, ist Teil dieser Koevolution. Die Pflanzen haben sich daran angepasst und wachsen nach, wenn sie abgenagt oder abgeschnitten werden", erläutert Bettina Sättele. Daher solle man bei Gewässerrenaturierungen auch immer darauf achten, das Ufer ein Stück weit an den Fluss zurückzugeben.

Die Grundlage: Alle Gewässerstrecken des Kreises wurden kartiert und in Zonen eingeteilt. Dabei gibt es Gebiete, in denen der Biber sich gar nicht ansiedeln soll, weil dadurch Gefahren für Leib und Leben entstünden. Und dann gibt es Zonen, in denen der Biber willkommen ist. Dazwischen wird versucht, ein Zusammenleben zwischen Mensch und dem geschützten Tier unter einen Hut zu bekommen. Der Vorteil: Es müsste nicht jedem einzelnen Biber hinterhergerannt, sondern nur in den sensiblen Bereichen reagiert werden.

Die Kritik: "Die Zonierung ist eine sehr gute Idee", sagt Bürgermeister Michael Kollmeier. Aber: Es gebe noch einige Bereich, in denen nachgearbeitet werden müsse. Beispielsweise sei die Ansiedlung des Bibers am Mühlenkanal bedenklich. Und auch am Kennerbach, der in Hüfingen öfter für Überschwemmungen sorgt, sei nicht denkbar, dort den Biber zu dulden. Außerdem seien im Biber-Leitfaden auch Gewässer aufgeführt, die größtenteils kein Wasser führten und so für den Biber ungeeignet seien. Auch CDU-Fraktionssprecher Franz Albert forderte eine Überarbeitung des Biber-Leitfadens. Für SPD-Fraktionssprecherin Kerstin Skodell ist es hingegen auch wichtig, dass dem Bürger Maßnahmen an die Hand gegeben werden, wie sie auf Biber-Ansiedlungen auf ihrem Grundstück reagieren sollen. Adolf Baumann forderte, den Biber-Leitfaden kritisch zu begutachten, vor allem wenn er von Peter Marx kritisiert werde.

Peter Marx: Kaum jemand in Hüfingen hat sich so eingehend mit den Gewässern auf der Gemarkung beschäftigt, wie Peter Marx. Der ehemalige Förster hat seine eigene Meinung zum Biber-Leitfaden: "Die Planungen sind wohl am grünen Tisch gemacht worden." Seiner Meinung nach müsste die gesamte Planung für Hüfingen neu aufgestellt werden. Viel Aufwand und Geld sei beispielsweise in die Renaturierung diverser Gräben gesteckt worden. Unter anderem auch, um die Durchwanderbarkeit zu garantieren. Jetzt könnte der Biber genau dort stauen und die Durchwanderbarkeit wieder zunichtemachen. Auch der Umgang mit den Grundstückseigentümern sorgt bei Marx für Kritik. "Das ist eine kalte Enteignung. Die Eigentümer stehen hinten." Hinzu komme, dass Gräben und Vorfluter für die Ansiedlung des Bibers ausgewiesen seien, die 70 Prozent des Jahres kein Wasser führten. Auch die Frage, wer die Kosten übernimmt, erzürnt Marx: "Normal sollte der bezahlen, der auch bestellt." Für ihn ist klar: "So will und kann ich meinem Auftrag als Biberbeauftragter nicht mehr nachkommen." Eine Äußerung, die Stadträte überraschte, aber nicht den Bürgermeister. Im Rathaus wird schon nach einer Lösung gesucht, wer zukünftig die Aufgaben des Biberbeauftragen übernehmen soll. Voraussichtlich wird die Aufgabe bei einem der Bauamtsmitarbeiter angesiedelt. (jak)