Hüfingen ist stolz auf seine Vergangenheit. Mit dem Schwert wird aber nur noch selten gekämpft, dafür um so mehr mit Worten, und mit dem lieben Frieden ist das in Hüfingen gerade so eine Sache. Archivfoto: Lendle Foto: Schwarzwälder Bote

Gemeinderat: Hüfinger Jahresausklang alles andere als weihnachtlich-harmonisch / Jeder Fraktionschef hat sein eigenes Problem

Anderen geht es noch schlechter, dessen ist sich Bürgermeister Michael Kollmeier durchaus bewusst: "Zugestandenermaßen gibt es Kommunen, denen in Corona-Zeiten noch deutlicher vor Augen geführt wird, ob die Strukturen auch in schlechten Einnahmejahren funktionieren." In Hüfingen klagt man da auf einem anderen Niveau.

Hüfingen (jak). Die Stadt hat keine Schulden und ein ordentliches Finanzpolster – auch wenn es in den vergangenen Jahren beachtlich geschmolzen ist.

Feierstimmung kommt trotzdem keine auf. Das liegt aber weniger daran, dass es nach der Sitzung nicht das traditionelle Weihnachtsessen gibt, wo Verwaltung, Stadträte und Partner es sich einfach einmal gut gehen lassen und sich freuen, dass der Haushalt steht und die Königsdisziplin der Kommunalpolitik erfolgreich und gemeinsam über die Bühne gebracht werden konnte. Auch die Weihnachtsgeschenke, die jeder Stadtrat auf seinem Tisch liegen hat, heben die Stimmung an dem Abend nicht. Und auch nicht, dass es wohl eine der kürzesten Sitzungen in der nun eineinhalb Jahre währenden Legislaturperiode geben wird.

Faller will nicht beschimpft werden

Richtige Begeisterung stellt sich nicht ein – allenfalls noch bei der CDU, denn Fraktionssprecher Christof Faller gibt das Motto aus: "Trotz schwieriger Zeiten, wollen wir positiv in die Zukunft schauen." Schließlich nage Hüfingen nicht am "Hungertuch", habe keine Schulden und noch "Geld auf der Seite". Aber auch Hüfingen müsse den Gürtel enger schnallen. Mit dem Haushalt an und für sich hat Faller weniger ein Problem, ihn störe etwas ganz anders: "Es ist nicht sehr toll, wenn man aus einer Gastwirtschaft kommt, und vor der Wirtschaft mit dem Wort, welches mit A anfängt, betitelt wird, nur weil man die Meinung des Anderen nicht teilt."

Noch deutlicher muss der CDU-Fraktionssprecher nicht werden, man weiß, was ihm widerfahren ist und wohl hatte es mit der Unechten Teilortswahl zu tun. Da Fallers Meinung dazu bekannt ist, liegt es auf der Hand: Er muss einen Befürworter der Wiedereinführung getroffen haben und das muss wohl nicht ganz so schön gelaufen sein. "Wir hoffen sehr, dass das Ergebnis dieses Bürgerentscheids, egal wie es ausgeht, von der gesamten Bevölkerung Hüfingens akzeptiert wird und es dann wieder ein Miteinander und nicht ein Gegeneinander gibt."

Skodell will ihren Ärger loswerden

Zwar wurde Kerstin Skodell nicht beschimpft. Doch in den Vorberatungen sei sie "massiv angegriffen" worden, dass die SPD-Fraktion sich "immer nur für die sozialen Bereiche stark" mache und alles blockiere. "Die Haushaltsplan-Vorbesprechungen in diesem Jahr waren für manchen Neuen, aber auch für die langjährigen Gemeinderäte, eine Überrumpelung im höchsten Grad." Und die SPD-Fraktionssprecherin kann das auch noch deutlicher adressieren: "Herr Bürgermeister, die verschiedenen Sichtweisen und Zukunftsbilanzen unter einen Hut zu bringen, ist nicht immer einfach." Das wisse auch die SPD. Dennoch: "Es erfordert aber etwas mehr Fingerspitzengefühl, als in diesem Jahr in den Haushaltsplanverhandlungen an den Tag gelegt wurde. Letztendlich sind die Verabschiedung des Haushaltsplans und die damit verbundenen Vorverhandlungen eine Hoheitsaufgabe des Gemeinderates und nicht allein ein ›Streichorchester‹ der Verwaltung."

Es gab wohl etliche Sparideen, die bei der SPD nicht ganz so gut angekommen sind: "In Krisenzeiten beginnt man doch nicht bei den Schwächsten zu sparen, sondern macht dort Abstriche, wo jeder seinen Beitrag leisten muss", wettert Skodell. Es sei der falsche Weg bei der Nachmittagsbetreuung an der Schule zu sparen oder gerade jetzt im Bereich der offenen Jugendarbeit Kürzungen vorzunehmen. Und anstatt ein Museum einfach zu schließen, könne man auch Konzepte erarbeiten.

Baumann will keinen Zeitdruck

FDP/FW-Fraktionssprecher Adolf Baumann wählt eine ganz andere Klaviatur der Kritik: "Unter diesen unklaren und laufend veränderten Bedingungen einen neuen Haushalt zusammenzustellen, der einigermaßen für ein Jahr eine Aussagekraft hat, ist sehr schwierig. Im Nachhinein betrachtet, hätte man die Haushaltsvorberatungen, um auch die Haushaltsstruktur zu optimieren, früher und ohne Zeitdruck beginnen sollen."

Während Baumann für den Haushalt gerne mehr Zeit gehabt hätte, solle an anderer Stelle aufs Gas gedrückt werden: "Hüfingen ist schuldenfrei, aber dies war nur möglich mit der jahrzehntelangen weitsichtigen, strategischen Grundstücksbeschaffungspolitik, die von allen bisherigen Bürgermeistern und Gemeinderatsfraktionen mitgetragen wurde", sagt Baumann. Wichtige und vor allem strategische Flächen für die Weiterentwicklungen der Stadt und Ortsteile wären früher zu einigermaßen vernünftigen Konditionen in städtischen Besitz gebracht worden. Nun laufe es mittlerweile sehr schleppend und deshalb habe die Stadt auch weniger Flächen für ihre Entwicklung.

Eine weitere Schwachstelle sei, dass sich die Kaufabwicklung bis zu den notariellen Verträgen zum Teil über Jahre hinziehen würden. "Herr Bürgermeister, das ist kein akzeptabler Zustand", kritisiert Baumann.

Und Peter Albert stört dann das Prozedere der Haushaltsaufstellung in Hüfingen komplett. Eigentlich wird der Haushalt nämlich stets eingebracht (es wurde im Vorfeld schon alles nicht-öffentlich besprochen, lange und zäh diskutiert und eigentlich sind schon alle Entscheidungen getroffen), dann halten alle ihre Reden und schließlich wird der Haushalt verabschiedet.

Albert will mehr Transparenz

Doch schließlich ist die kleinste Fraktion mehr in Sachen Transparenz, als in der Tradition unterwegs. Und so macht der BFSO/Grünen-Fraktionssprecher einen öffentlichen Vorstoß, denn er ist mit der Erhöhung der Grundsteuer B nicht so glücklich. "Wir würden dem Haushalt gerne wie im vergangenen Jahr zustimmen, aber nur, wenn beide Hebesätze der Grundsteuer sowie die Gewerbesteuer moderat und sozialverträglich erhöht werden", sagt Albert. Durch die Corona-Krise habe die Stadt hohe Kosten und müsse Ausfälle verkraften. Diese Kosten aber einseitig nur auf einen bestimmten Personenkreis abzuwälzen, halte seine Fraktion für sozial unverträglich. Das ist neu, dass zwischen Einbringung und Verabschiedung des Haushaltes noch über etwas abgestimmt wird. Doch ändern tut es nichts, der Rest der Räte geht nicht mit.

Auch beim Bürgermeister läuft es nicht ganz rund

Bei Bürgermeister Michael Kollmeier läuft es aktuell auch nicht ganz rund – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Er hat nämlich ein Hüftleiden. Ungewohnt offen macht er es zum Thema, denn man sieht, dass er humpelt, und bevor sich manch einer "nicht traut, zu fragen", sagt er es lieber selbst. Schon vor 30 Jahren – zu einer Zeit, als er noch sehr sportlich gewesen sei – sei herausgekommen, dass er bald ein künstliches Hüftgelenk brauche – Arthrose. Es ging länger gut, als anfangs gedacht, doch nun sei es so weit. Da gibt es allerdings ein Problem: "Wenn das Bauamt besetzt wäre, dann würde ich sofort zur Operation schreiten", sagt Kollmeier. Doch er werde den Termin so koordinieren, dass die Stadt nicht darunter leide.

Schließlich wird es doch noch weihnachtlich, die Lucian-Reich-Schule hat nämlich eine Karte geschrieben und wünscht allen eine erholsame Weihnachtszeit und Zeit, die schönen Momente zu sehen.

Die Stadt Hüfingen hat die Grundsteuer B von 395 auf 435 Prozent erhöht. "Es ist richtig, dass damit die Grundstücksbesitzer zusätzlich belastet werden", sagt Bürgermeister Michael Kollmeier. Allerdings habe sich aus den Beratungen im Stadtrat deutlich gezeigt, dass es ohne die Erhöhung nicht gehen würde. Nach der Erhöhung befinde sich Hüfingen dann auf einer Höhe mit Donaueschingen. "Aus diesem Gedanken heraus gehen wir auch nicht zusätzlich an die Grundsteuer A, sondern verbleiben hier auf dem mit 390 Prozent eh schon hohen Betrag im Vergleich zum Städteviereck", sagt Kollmeier.