Naturschutz: Großprojekt geht in Umsetzungsphase / Biologische Vielfalt auf der Baar soll gestärkt werden
Die Landschaft der Baar ist von großer ökologischer Bedeutung. Das Netzwerk von Wald-, Trocken- und Feuchtflächen beherbergt in vielen kleinen und großen Biotopen einen wichtigen Fauna- und Florabestand.
Hüfingen. Um diesen zu schützen und zu erhalten sowie die Lebensräume zahlreicher Tier- und Pflanzenarten miteinander zu verbinden, befasst sich der Schwarzwald-Baar-Kreis seit zehn Jahren mit dem Naturschutzgroßprojekt (NGP) Baar, das nun in die Umsetzungsphase übergeht. "Die ersten Ausschreibungen sollen noch in diesem Jahr umgesetzt werden", versichert Projektleiter Thomas Kring, der sich seit einigen Jahren mit seinen Mitarbeitern mit dem NGP intensiv beschäftigt.
Was wird getan?
Spektakulär und im großen Stil fallen die dazugehörigen Pflegemaßnahmen allerdings nicht immer aus. Ein Beispiel ist die Sperbelhalde, an der man allerdings schon vor Jahren mit entsprechenden Aktionen begonnen hat. Das bergige Gewann mit Wald und Magerwiesen befindet sich am Schächer beim Fürstenberg. Der Übergangsbereich vom Albtrauf zur Baarmulde weist zahlreiche schützenswerte Pflanzen, Insekten, Schmetterlinge und Vögel auf.
Hier wird behutsam der Nadelwaldriegel geöffnet, also der Waldrand im Übergang zur Trockenwiese. Nur durch solch eine Öffnung ist eine Flächenvernetzung der hier bereits bestehenden Biotope möglich, wie sie auch auf dem Fürstenberg zu finden sind. Es gilt also, die Übergänge von Nadelwald zur Wiese von Büschen und Sträuchern frei zu halten und somit die Ränder zu öffnen. Erste Schneideaktionen haben bereits durch die Umweltgruppe Südbaar und den Schwarzwaldverein stattgefunden, die ehrenamtlichen Helfer sind schon länger daran, diese kleinflächigen Gebiete zu erweitern und zu vernetzen.
Was ist das Ziel?
"Wir sind bestrebt, durch Waldumwandlung eine Vernetzung der hier bestehenden Offenland-Biotope zu erreichen", erklärt Thomas Kring. Zur dauerhaften Offenhaltung sei auch eine gezielte Beweidung mit Ziegen und Schafen geplant.
"Seltene und schützenswerte Pflanzen wie die hier vorkommende Silberdistel, der Kreuzenzian, der Zwergbuchs oder die Ästige Graslilie sowie unterschiedliche Schmetterlinge, zum Beispiel Esparsetten-Widderchen oder Silberfleck-Perlmuttfalter, Vögel wie der Baumpieper und andere seltene Tierarten sind auf die lichten Waldsäume und angrenzenden Magerwiesen angewiesen", zählt Kring auf. Es gilt, Flächen zu erwerben und dauerhaft für die Zukunft zu sichern.
Was meinen die Bürger?
Schon in der Planungsphase wurden viele Gespräche mit den Flächeneigentümern und den zehn beteiligten Gemeinden geführt. Allerdings lassen sich derartige kleinteilige Projekte nur schwierig an die Menschen übermitteln, es gilt sie von den geplanten Maßnahmen zu überzeugen. "Die Gespräche vor Ort sind soweit positiv verlaufen", bestätigt Kring, der das Projekt immer wieder in der Öffentlichkeit vorstellt. "Im Ortschaftsrat in Fürstenberg haben wir die Maßnahmen bereits besprochen. Im kommenden Frühjahr soll mit einer Führung für interessierte Bürger unser Konzept darüber Aufschluss geben, warum man so was macht", erklärt Kring.
Wo geht es weiter?
Erste Maßnahmen werden auch bei Gutmadingen umgesetzt. Hier werden magere Flächen im Wald geöffnet und vergrößert. In einem Biotop nördlich der Riedseen bei Pfohren leben zahlreiche Amphibien. Auch hier gilt es, die Gehölzränder und Bewaldung aufzulichten, damit mehr Licht auf den Boden fällt.
"Solche Sonderstandorte, die sehr trocken oder feucht sind, wurden früher beweidet oder gemäht. Diese Bewirtschaftung wurde aber aufgegeben. Ohne unsere Pflegemaßnahmen wachsen sie allerdings zu", schildert Kring.
Dasselbe gilt für das Hammeltal bei Hüfingen, auch hier soll der Waldrand ausgelichtet und die Beweidung mit Ziegen auf den Wald ausgedehnt werden, so auch im Bräunlinger Watzental. Im Orchideenwald sollen bessere Bedingungen geschaffen werden. Auf der Mundelfinger Jungviehweide wird der alte Obstbaumbestand so gepflegt, dass er erhalten bleibt. Denn die alten Bäume dienen unter anderem Vögeln und Fledermäusen als Lebensraum.
Ziele: Mit dem Naturschutzgroßprojekt (NGP) Baar möchten die Projektverantwortlichen die hier vorkommenden Wald-, Trocken- und Feuchtlebensräume für den Arten- und Biotopverbund sichern. Darüber hinaus sollen die bestehenden Lebensräume schützenswerter Pflanzen und Tiere qualitativ und quantitativ verbessert werden. Ziel ist es, die biologische Vielfalt zu erhalten, zu vernetzen und zu verbessern.
Teilnehmer: Grundlage und Voraussetzung für das Naturschutzgroßprojekt Baar ist ein detaillierter Pflege- und Entwicklungsplan, der nun nach vierjähriger intensiver Vorbereitung vorliegt. Projektträger ist der Schwarzwald-Baar-Kreis, bei dem der Projektleiter Thomas Kring angestellt ist. Fachleute haben dazu Kartierungen und Pläne hergestellt. Das Gebiet ist etwa 4300 Hektar groß und befindet sich hauptsächlich im Schwarzwald-Baar-Kreis, aber auch im Landkreis Tuttlingen gibt es einige Areale. Insgesamt 17 Fördergebiete wurden bestimmt. Die Kommunen Königsfeld, Mönchweiler, Brigachtal, Villingen-Schwenningen, Bad Dürrheim, Donaueschingen, Bräunlingen, Hüfingen, Blumberg und Geisingen sind mit Teilflächen beteiligt.
Kosten: Die Umsetzung der oben beschriebenen Maßnahmen ist für 2018/2019 angedacht, das Gesamtprojekt mit weiteren Maßnahmen läuft bis zum Jahr 2028. Die Kosten dafür werden mit 8,6 Millionen Euro beziffert. 75 Prozent davon leistet das Bundesumweltministerium, 15 Prozent das Umweltministerium von Baden-Württemberg und zehn Prozent der Projektträger, also der Schwarzwald-Baar-Kreis mit der Beteiligung des Landkreises Tuttlingen. Deutschlandweit befinden sich aktuell 19 Naturschutzgroßprojekte in der Förderung des Bundesprogramms "chance.natur", bei denen man bisher gute Erfolge erzielt hat.