Menschen stehen in Hanau am Denkmal der Brüder Grimm auf dem Marktplatz, wo sie mit Blumen, Plakaten und Kerzen ihre Trauer zum Ausdruck bringen. Ein ein 43-Jähriger hatte mehrere Menschen und schließlich sich selbst erschossen. Foto: Rumpenhors

Schützen in Hüfingen und Bräunlingen zum Thema Hanau. Frage nach Lücken im Gesetz.

Hüfingen/Bräunlingen - Die Schreckenstat von Hanau hat die Bundesrepublik erschüttert. Der 43-jährige Deutsche Tobias R. hatte am 19. Februar in Hanau in zwei Bars neun Menschen mit Migrationshintergrund erschossen.

Tobias R. und seine Mutter wurden im Anschluss der Tat in ihrer Wohnung tot aufgefunden. Der Generalbundesanwalt sprach von einer "zutiefst rassistischen Gesinnung" des Täters.

R. hatte wohl vor seiner Tat Kontakt mit der Bundesanwaltschaft. Er stellte eine Strafanzeige gegen eine unbekannte geheimdienstliche Organisation, die "sich in die Gehirne der Menschen einklinkt und dort bestimmte Dinge dann abgreift, um dann das Weltgeschehen zu steuern". Offenbar sei R. beherrscht von Wahnvorstellungen.

Und: Er war wohl Mitglied in einem Schützenverein. Das hat bereits für Debatten gesorgt, das Waffenrecht zu verschärfen. Waffen sollten nicht zu Hause gelagert werden dürfen, lauten etwa bestimmte Forderungen. Das kennt Norbert Prydka schon. Er ist Oberschützenmeister bei der Schützengilde Bräunlingen. "Ich habe immer Angst, wenn es einen solchen Vorfall gibt. Dann geht das Gehacke wieder los", erklärt er. Das Gehacke bedeutet: Schützenvereine stehen pauschal im Fokus. "Da läuft dann eine regelrechte Hetzkampagne", sagt Prydka. "Wir sind Sportler und keine Mörder und Terroristen." Erstaunlich sei, dass etwa Sportarten wie der Biathlon nicht so sehr im Fokus stehen.

Dabei gebe es nun mal Menschen, "die einen Knall haben". Das habe jedoch nichts mit den Schützenvereinen zu tun: "Im illegalen Verkauf gibt es alles", erklärt der Oberschützenmeister. Er selbst habe sogar schon eine Panzerfaust angeboten bekommen. Im Schützenverein an eine Waffe zu kommen, sei da mit einem ungleich höheren Aufwand verbunden.

"Wir haben das schärfste Waffenrecht." Wer zu den Bräunlinger Schützen möchte, durchläuft erst etliche Kontrollinstanzen, bevor er sich eine eigene Waffe zulegen könne: "Wir machen ein Probetraining und schauen, ob derjenige überhaupt körperlich in der Lage dazu ist", sagt Prydka. Der Interessent muss ein Jahr im Verein dabei sein und regelmäßig trainieren, dann ist eine Sachkundeprüfung notwendig, bevor eine eigene Waffe beantragt werden könne: "Wir hatten mal ein Neu-Mitglied, das sofort wissen wollte, wie lange es dauert, bis es eine Pistole bekommen könnte." Daraus sei allerdings nichts geworden. Schließlich werde man noch von verschiedenen Behörden überprüft: "Landratsamt, Bundesnachrichtendienst, Polizei – wenn dann festgestellt wird, das mal etwas vorgefallen ist, wird es nichts", sagt Prydka.

Transparenz der Mitglieder

Etwas vorgefallen beinhaltet etwa: Betrunken am Steuer, Schlägereien, polizeilich in Erscheinung getreten. Zudem werde man regelmäßig überprüft, alles werde transparent gemacht. Das sei wichtig: "Für unseren Sport geben wir auch ein Stück weit Freiheit auf." Wahrgenommen werde das indes meist nicht:

"Viele wissen nicht, wie es bei uns abläuft. Ich biete dann immer an, sich das mal anzuschauen. Da ändert sich die Meinung schnell", erklärt Prydka. Einen Waffenschein habe man übrigens auch nicht, lediglich eine Waffenbesitzkarte, um die Waffe "von A nach B zu transportieren."

Ähnlich sieht das auch Gerlinde Durler, Oberschützenmeisterin der Schützengesellschaft 1554 Hüfingen. "Die Sicherheitsbedingungen sind sehr streng und wir müssen vieles erfüllen", sagt sie. Die Sicherheit werde im Verein groß geschrieben und streng gehandhabt. Den Fokus auf die Schützenvereine nach Vorfällen wie in Hanau kann sie nicht nachvollziehen: "Wenn jemand mit einem Auto in Menschen rast, dann diskutiert man ja auch nicht darüber, mehr Menschen den Führerschein wegzunehmen." Auch andere Sportarten seien davon nicht so betroffen: "Beim Biathlon reicht hinter den Zielen eine bloße Mauer. Da haben wir im Schützenverein ganz andere Auflagen."

In die Leute könne man allerdings nicht reinschauen, was in ihnen vorgehe, bleibe verborgen. Da nütze auch ein strengeres Gesetz nichts: "Es ist gut, ein strenges Gesetz zu haben, aber verhindern lässt sich so etwas dadurch nicht." Immer wenn etwas mit illegalen Waffen passiere, halte sich die Reaktion in Grenzen. Immer wenn angemeldete Waffen im Spiel seien, dann "wird das wahnsinnig aufgebauscht", erklärt Durler.

Das sagt der Bund Deutscher Sportschützen 1975 (BDS): "Das geltende Waffenrecht hätte bei konsequenter Handlung der entsprechenden staatlichen Stellen dem Mörder die Möglichkeit genommen, mit legal besessenen Waffen die Tat zu verüben. Es ist tragisch, dass dies nicht geschehen ist. Der BDS mahnt dringend an, die Vollzugsdefizite abzustellen, damit sich die schlimmen Ereignisse dieser Woche nie mehr wiederholen können." Deutschland habe ein strenges Waffenrecht.