Da der Biber ausschließlich Pflanzen frisst, kann man ihn gut an Fraßspuren wie hier am Kennerbach erkennen, besonders an Gehölzen. Am Gewerbekanal sehen einige Bäume ähnlich aus. Die Schneidezähne des Bibers hinterlassen eindeutige Spuren. Er ernährt sich von der Rinde und kann auch Bäume fällen, um an höher wachsende Äste und junge Triebe zu gelangen. Foto: Niederberger

Nagetier schädigt Landwirtschaftsflächen und Ausgleichsmaßnahmen. Sachbeauftragter angedacht.

Hüfingen - Als ehemaliger Förster und ehrenamtlicher Biotopbeauftragter seiner Heimatstadt ist der frühere Hüfinger Gemeinderat Peter Marx ein großer Natur- und Tierfreund. Er war begeistert, als sich vor vielen Jahren die ersten Biber an der jungen Donau und im Wutachtal nieder ließen. Doch mittlerweile gehe der Biberschutz zulasten der Menschen, sagt Marx.

Damit teilt er die Meinung der Stadtverwaltung. Eine Nachfrage bei Hauptamtsleiter Horst Vetter macht deutlich: Der vom Landkreis aufgestellte Biberleitfaden für Hüfingen entspricht in einigen Punkten nicht den Wünschen von Verwaltung und Gemeinderatsmehrheit. In dem Plan sind zu viele Gewässer ausgewiesen, die als "guter" beziehungsweise "potenzieller Biberlebensraum" (siehe Infokasten) bewertet sind. In diesen Gebieten darf der Mensch nichts oder kaum etwas gegen den Nager, der in unseren Breiten keine natürlichen Feinde hat, ausrichten. Marx schätzt, dass in Hüfingen und den Stadtteilen rund zehn bis 15 Biber leben.

Was das für Folgen hat, wird am Kennerbach vor den Toren Hüfingens deutlich. Der kleine Bachlauf kommt von Hausen vor Wald her, wo sich das Biberproblem natürlich gelöst habe, wie Marx weiß. Einer der dort lebenden Biber sei von einem Auto überfahren worden, ein weiterer Biber sei unweit der Wohnbebauung in eine Grube gefallen, in der er verendete. Dafür rückt ein anderer am Kennerbach lebender Biber der Stadt immer näher und hat bereits einige Bäume unmittelbar an der B 31-Unterführung mit seinen je zwei Schneidezähnen im Ober- und Unterkiefer zu Fall gebracht. Sehr aktiv war der tierische Baumeister auch kurz vor der Unterführung. Hier fließt der Kennerbach durch die sogenannten Weiherwiesen und Marx hat in diesem Bereich acht Dämme auf rund 800 Metern Länge festgestellt.

Drainagen geflutet

Vor fünf Jahren seien rund 200.000 Euro in die Renaturierung des Kennerbachs in diesem Abschnitt geflossen. Damals habe man den Bach wieder in einen durchgängigen Lebensraum verwandelt und seine Ufer renaturiert, heute ernähre sich der Biber von den damals gesetzten Pflanzen. Marx, der in einer Landwirtschaft aufwuchs, kann sich noch gut daran erinnern, dass für den Ausbau der B 31 und der B 27 den Hüfinger Bauern viel Land genommen wurde, über 40 Hektar. Als Kompensation sei den Landwirten damals die Weiherwiese zugesprochen worden, in die auch Drainagen gelegt wurden.

Durch die rege Bautätigkeit des Bibers liegen die Ein- beziehungsweise Ausgänge der Drainagen unter der Wasseroberfläche, sie können deshalb ihrer Aufgabe, die Wiesen und Ackerflächen zu entwässern, nicht mehr nachkommen. So gingen die Flächen für Landwirte verloren, weil sie für Pflegemaßnahmen oder für die Ernte nicht mehr unter die Traktor-Räder genommen werden könnten. Die Drainagen gehörten immer wieder gespült, weil sich in ihnen Sand und Steine ablagern. "Doch wer will das bezahlen?", fragt Marx. Es sei auch möglich, einen Damm einzureißen, doch dann baue der Biber in ein paar Tagen einen neuen.

Wären Drainagen im Damm eine Lösung? Denn durch die Rohre könnte der Biber ungestört bauen, und das Wasser trotzdem abfließen? Das habe man bei einem Damm in der Nähe der Mülldeponie erfolglos ausprobiert, berichtet Marx. "Der Biber ist ein schlaues Tier, er hat die Drainagen einfach zugestopft", so Marx. Er schätzt, dass diese Vorgehensweise nur dann von Erfolg gekrönt sein wird, wenn jemand mindestens alle drei Wochen die Drainagen säubert. Doch wer soll das machen und wer hat die Zeit dafür?

Neuer Leitfaden

Wie eigentlich gut gemeinte Maßnahmen durch den Biber konterkariert werden, zeigt Marx an einem der Behlamer Weiher. An einem der kleinen Seen habe ein Landwirt Bäume als Ausgleichsmaßnahme pflanzen müssen. Davon seien mittlerweile viele dem Biber zum Opfer gefallen. Marx glaubt, dass in ein paar Jahren hier kein Baum mehr stehen wird.

Was bleibt zu tun? Marx wünscht sich so wie die Gemeinderatsmehrheit, dass im Hüfinger Biberleitfaden mehr Wasserflächen ausgewiesen werden, an denen der Biber vergrämt werden darf. Er schätzt das Fachwissen von Bettina Sättele, der Biberbeauftragten des Regierungspräsidiums. Das von ihr betreute Gebiet sei einfach zu groß, sie könne nicht überall gleichzeitig sein. Marxs Vorschlag: Das Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis sollte einen eigenen Biberbeauftragten einstellen. Das sorge für kurze Wege und schnellere Entscheidungen. Einige Kreisräte unterstützen den Vorschlag.

Info: Die Zonen

Zone A: Hier findet der Biber problemlos einen guten Lebensraum für sich vor, ein besonderes Bibermanagement ist nicht notwendig.

Zone B1: Das ist die Bezeichnung für potenzielle Biberlebensräume. In diesen Gebieten dürfen Maßnahmen zur Biotopverbesserung in Angriff genommen werden. Dazu zählen zum Beispiel die Umgestaltung von Drainagen, die Verbreiterung von Auen oder das Pflanzen von Weiden.

Zone B2: Hier überschneidet sich der Lebensraum des Bibers mit anderen Nutzungen – der Ist-Zustand soll erhalten werden. Erlaubt ist es, Äcker, Wiesen und die vorhandene Infrastruktur durch die Regulierung des Wasserstands zu schützen.

Zone C: In diesen Zonen gefährdet der Biber die Infrastruktur und darf deshalb vergrämt werden, indem zum Beispiel seine Dämme geschliffen und seine Nahrungsgrundlagen, sprich Bäume, reduziert werden.