Der beste Azubi in Deutschland (von links): Auf die Leistung von Florian Isele sind auch seine Ausbilder Patrick Merkt und Firmenchef Thomas Liebert stolz. Foto: Jakober

Auszeichnung beim Bundespräsident. Bevor gebaut wird, erstellt er 3D-Planungen.

Hüfingen - Bester Azubi Deutschlands: Nein, damit hat Florian Isele nicht gerechnet. Dass er im Bereich Schwarzwald-Baar-Heuberg ganz vorne mit dabei ist, das wusste er.

Schließlich kannte der Technische Systemplaner die Leistungen seiner Mitschüler. Doch als dann erst die Nachricht kam, dass er der beste Azubi in Baden-Württemberg sei, war Isele etwas überrascht. Und dann flatterte eine Einladung nach Berlin ins Haus: eine Ehrung, bei der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Festrede hält, und Florian Isele die Auszeichnung als bester Auszubildender Deutschlands in seinem Berufszweig erhält.

Dabei hatte der 29-Jährige ursprünglich etwas ganz anderes vor: Nach dem Abitur am Technischen Gymnasium in Waldshut-Tiengen hatte er zuerst ein Studium begonnen: Physik und Mathematik sollten es sein. Doch irgendwie war es nicht so ganz das, was er sich eigentlich vorgestellt hatte. Über seine Mutter, die Technische Zeichnerin ist und im Bereich Bauzeichnung mit einem eigenen Büro tätig ist, fand er eine neue Perspektive und beim Ingenieurbüro Liebert in Hüfingen eine Anstellung.

Was macht ein Technischer Systemplaner?

"Es hat mir seit dem ersten Tag Spaß gemacht, und es ist immer noch super", sagt Isele. Doch was macht eigentlich ein Technischer Systemplaner genau? "Er setzt die Konzepte der Ingenieure um. Der Ingenieur hat die Idee, doch der Technische Systemplaner setzt es dann in eine Planung um", erklärt Firmenchef Thomas Liebert. Früher war das Aufgabe der Technischen Zeichner. Doch mit der Digitalisierung und immer hochkomplexeren Computerprogrammen hat sich das Berufbild deutlich geändert. Was früher auf einem zweidimensionalen Zeichenbrett entstanden ist, das wird heute in 3D-Simulationen am Computer entworfen.

Wobei in Hüfingen Wege gegangen werden, die laut Liebert noch nicht viele Planer in Deutschland umsetzen: Das Stichwort lautet Bim, was für Building Information Modeling (Bauwerksdatenmodellierung) steht. "Das wird die ganze Branche umwandeln und viele werden daran scheitern", erklärt Liebert. Bei vielen Großprojekten werde diese Methode der optimierten Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden bereits gefordert. Bei Daimler beispielsweise habe man keine Chance mehr, wenn man Bim nicht umsetzen könne.

Für Bauherren bringe das ganze Verfahren einen entscheidenden Vorteil: Denn damit werden die Planungen nicht erst in der Realität umgesetzt, sondern bereits bevor der Spatenstich überhaupt stattgefunden hat, am Computer 1:1 vorgebaut. "Viele Themen, die erst auf der Baustelle aufkommen, entdecken wir so bereits im Vorfeld. Konflikte und Kollisionen können deshalb schon bei den Planungen gelöst werden", sagt Patrick Merkt, stellvertretender Geschäftsführer des Ingenieurbüros und auch Ausbilder von Florian Isele. Mit Bim wäre es am Berliner Flughafen und auch bei der Elbphilharmonie in Hamburg ganz anders gelaufen, meint er.

Technikzentrale soll möglichst wenig Platz benötigen

Denn durch die neue Planungsart würden beim Bauen weniger Probleme entstehen, keine Nachträge der Handwerker und kein Zeitverzug. Außerdem könne viel platzsparender gebaut werden. Das spare Zeit und Geld. "Heute ist jeder Quadratmeter viel wert: Deshalb wird versucht, dass die Technikzentralen möglichst wenig Platz benötigen", erklärt Liebert und führt als Beispiel den Schiffsbau an, bei dem schon längst so vorgegangen werde. Bei einem U-Boot beispielsweise werde jeder Quadratzentimer genutzt.

Doch wie sieht das in der Realität aus? Florian Isele sitzt an seinem Computer und öffnet die virtuelle 17. Etage des Tower One, der im Europaviertel in Frankfurt am Main entsteht. Es ist ein Hotel-Büro-Turm mit öffentlicher Dachterrasse, 200 Meter hoch, die Investitionskosten sollen mehr als 300 Millionen Euro betragen und fertig soll alles Anfang 2021 sein. Wenn der Zeitplan und die Kostenberechnungen eingehalten werden, dann hat Florian Isele dazu seinen Beitrag geleistet.

Jedes Gewerk bekommt seinen Raum

Schnell zoomt Isele in das Stockwerk, zeigt Versorgungsleitungen, die Lüftung, Leitungen für Elektronik, Abwasser, Wasser – zwölf Fachdisziplinen laufen hier zusammen und er koordiniert sie so, dass sie sich nicht in die Quere kommen, dass jedes Gewerk seinen Raum bekommt und dabei aber so wenig Raum wie möglich verschwendet wird. Wenn früher Abwasser und Lüftungsschacht auf einer Ebene verliefen, wurde das auf der Baustelle festgestellt, es musste umgeplant werden, mehr Zeit und Geld wurden nötig. Heute merzt Florian Isele die Probleme am Computer aus.

Dabei erhält der Azubi auch jede Menge Verantwortung: Alleine durfte er bereits nach Frankfurt zu einer Besprechung. Natürlich wurde er entsprechend vorbereitet. "Wir haben sein Potenzial schnell erkannt und ihn so gefördert, aber auch gefordert", erklärt Merkt und Liebert fügt hinzu: "Man muss die jungen Leute auch mal Verantwortung übernehmen und einfach laufen lassen."

So war die Aufgabe in der Abschlussprüfung für Florian Isele keine Herausforderung: Er musste eine Heizanlage in eine 400 Quadratmeter große Bürofläche einplanen. "Der Plan war nach alten Standards und es war nur ein kleiner Teilbereich mit richtig viel Platz", erinnert sich Isele, der sich schon auf seine Ehrung in Berlin Anfang Dezember freut. Schon gespannt auf den Bundespräsidenten? Naja, Barbara Schöneberger moderiert den Abend. Und als Nächstes steht dann doch ein Studium für den 29-jährigen Stühlinger an: Maschinenbau mit Schwerpunkt Energie- und Versorgungstechnik. Am Bim-Prozess will er dranbleiben, auch während des Studiums: "Das wäre sonst kontraproduktiv, in nur kurzer Zeit werden da Quantensprünge gemacht."