Umwelt: Forst muss auf Klimawandel vorbereitet werden / Störungen mit "elastischem System" begegnen

Wie kann der Wald fit fürs Klima gemacht werden? Diese Frage stellen sich nicht nur die hiesigen Waldbesitzer und Förster, sondern auch Wissenschaftler. Im Kinzigtal werden Flächen beobachtet, die Antworten auf diese Fragen geben könnten.

Hornberg/Haslach. "Waldbesitzer fragen immer nach einer bestimmten Baumart, die sie anpflanzen sollen. Die gibt es nicht", sagt Forstamtsleiterin Silke Lanninger. Es stelle sich eher die Frage, wie der Wald beschaffen sein muss, um für den Klimawandel gut gerüstet zu sein. Während in Hornberg ein Kiefernbestand besonders gut mit den Klimaveränderungen auskommt, beobachtet die Forstliche Versuchs- und Forschungs-Anstalt (FVA) in Haslach einen Tannenbestand.

Der Wald müsse erstens gesund sein, dazu müssen kranke Bäume, die beispielsweise durch Pilze oder Borkenkäfer befallen sind, frühzeitig entfernt werden, um den restlichen Wald vor Krankheiten zu schützen. Außerdem muss der Wald stabiler werden. Dazu gehören starke Einzelbäume, die gut mit Störungen umgehen können. Um mit dem Klimawandel klar zu kommen, muss der Wald sich anpassen können. Er muss eine Art "elastisches System" werden, erklärt Lanninger bei einem Besuch im Hornberger Wald. Er müsse langfristig existieren und sich verjüngen können.

Erosionsschutzs hat in Hornberg eine besondere Rolle

Um sich an die neuen Verhältnisse flexibel anpassen zu können, muss der Wald vielfältiger werden betont sie. Wenn eine Art, beispielsweise die Fichte, wegfällt, verkraftet der Wald das nur, wenn es verschiedene andere Arten gibt, welche die wichtigen Waldfunktionen sofort übernehmen können. In Hornberg kommt wegen der steilen Lagen dem Erosionsschutz und dem Wasserschutz besondere Bedeutung zu. Die Maßnahmen sind vielfältig. Ganz wichtig ist es, frühzeitig für eine gute Mischung mit mindestens drei Baumarten in jedem Waldbestand zu sorgen, um sozusagen mehrere Standbeine zu haben. In einen Nadelbaumbestand gehören so auch Laubbäume.

Zur Arbeit im Forst gehört es, stabilen und gesunden Einzelbäumen in jedem Alter mehr Luft und Wasser zu verschaffen und frühzeitig an die nächste Waldgeneration zu denken. Das bedeutet, dass junge Bäume schon unter dem Altbäumen gefördert werden müssen.

Es gebe Bäume, die mit weniger Wasser und mehr Hitze gut klarkommen, und nach diesen suchen die Forstleute gerade, um deren Potenzial für den Klimawandel besser einschätzen zu können.

Die Hornberger Kiefern zeigen schon seit Jahren, dass sie auch Trockenheit und heiße Sommer gut überstehen und dabei trotzdem schön wachsen und in lichten und naturschutzfachlich wertvollen Wäldern gutes Bauholz produzieren können. Daher haben sich die Forstleute aus dem Amt für Waldwirtschaft auch mit Experten der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt vor Ort in dem Hornberger Waldstück beraten und ausgetauscht.

Revierförster Martin Flach informiert über die Geschichte des Waldstücks. Zunächst wurde das Stück vor sehr langer Zeit durch Reutbergwirtschaft gerodet. Danach wurden Kiefern angepflanzt, die mittlerweile 80 bis 90 Jahre alt sind. Das Waldstück wurde immer wieder durchforstet und in den vergangenen Jahren intensiver bewirtschaftet. Kiefern sind eine Lichtbaumart, informiert Flach, daher sollen sie genauer beobachtet werden.

Beim Anpflanzen müsse man immer von dem ausgehen, was schon da ist und es ergänzen, Lanninger. Und man müsse damit rechnen, dass auch die Kiefer Probleme bekomme, wenn es noch wärmer und trockener werde. Bei der Forschung nach geeigneten Baumarten werden laut Lanninger erst einmal die standortgemäßen heimischen Hauptbaumarten wie die Weißtanne betrachtet. Als nächster Schritt folgen die wärme- und trockenheitstoleranten heimischen Baumarten wie Traubeneiche und Spitzahorn. Auch heimische Hauptbaumarten mit anderer Herkunft, wie die Weißtanne aus Südeuropa, könnten eine gute Ergänzung zu heimischen Baumarten sein.

Noch setzt sich auf den Flächen die Fichte meistens durch

Als nächstes wendet sich der Blick in benachbarte Regionen: Wie kommen Baumarten aus trocken-mediterranem Klima wie Zerreiche, Schwarzkiefer und Flaumeiche hier zurecht? Auch bewährte alteingeführte Baumarten wie Walnuss oder Esskastanie werden untersucht. Zuletzt denken die Forstleute auch über Experimente mit Exoten wie Atlaszeder, Japanbirke und Orientbuche nach.

"Wenn wir nichts machen, wird die Natur es machen, ob dann irgendwann nur noch Ginster wächst oder es anders aussieht, wissen wir nicht", stellt Lanninger klar. Zurzeit würde sich auf vielen Flächen ohne Eingreifen des Menschen die Fichte noch durchsetzen, diese könne aber nicht alleine stehen. Ohne Risikostreuung in einem Bestand drohe ein Totalausfall. Die Förster wollen bei der kontrollierten Migration der Bäume helfen.

"Es ist eine neue Zeit für uns Förster, keiner weiß was passiert. Wir wollen die besten Empfehlungen herausarbeiten, aber wir können nicht in die Zukunft sehen", schätzt die Leiterin des Forstamts die Situation ein.

Auch in Haslach beobachtet die Forstliche Versuchsanstalt einen Baumbestand, der gut mit den Klimabedingungen zurecht zu kommen scheint. Forscher, Forstamt und die Stadt Haslach informierten bei einem Pressetermin.

Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) ist als Forschungseinrichtung des Landes für den Wald und die Forstwirtschaft in Baden-Württemberg zuständig. Sie übernimmt Aufgaben, die für die gesamte Gesellschaft wichtig sind. Forschung, Monitoring, Fortbildung und die Beratung von Politik, Verwaltung und Betrieben machen den Kern ihrer Arbeit aus.