Bei der Bundeswehr studierte Walter Böcherer Musik. Heute ist er Dirigent und Musikschulleiter Foto: Stangenberg Foto: Schwarzwälder Bote

Interview: Hornbergs Stadtmusikdirektor geht im Frühjahr 2019 in den Ruhestand / Stelle ist ausgeschrieben

Hornberg - Für die Hornberger Musikschule und die Stadtkapelle geht im kommenden Frühjahr eine Ära zu Ende: Walter Böcherer geht nach mehr als 16 Jahren Tätigkeit als Stadtmusikdirektor in den Ruhestand. Insgesamt blickt der Schramberger auf ein 37-jähriges Wirken als Dirigent zurück. Im Gespräch mit dem Schwabo erzählt der 62-Jährige, wie sich die musikalische Ausbildung in den vergangenen Jahren gewandelt hat und warum die Tuba sein Lieblingsinstrument ist.

Herr Böcherer, wann haben Sie mit dem Musizieren begonnen?

Ich habe mit etwa zehn Jahren begonnen, Instrumente im Musikverein zu lernen. Damals waren es noch Flügelhorn und Trompete. Später bin ich dann zum Tenorhorn gewechselt. Bei der Bundeswehr war ich als Tenorhornist tätig, habe während dieser Zeit auch Posaunen-Unterricht genommen und mit diesem Instrument meinem Studien-Abschluss gemacht. Hauptsächlich sind meine Instrumente also Blechblasinstrumente – von der Tuba bis zur Trompete.

Was fasziniert Sie so am "tiefen Blech"?

Eigentlich der Sound (lacht). Tuba ist eines meiner Lieblingsinstrumente und mir gefällt der volle Klang – aber es muss natürlich auch gut gespielt werden.

Was hat sich während Ihrer Laufbahn als Musiker und Musiklehrer in der Jugendarbeit geändert?

Sehr viel. Ich habe 1982 als Dirigent in Schramberg angefangen und bin dort immer noch als Musiklehrer tätig. 2002 habe ich die Stadtkapelle Hornberg übernommen. Was sich in dieser Zeit geändert hat, ist das enorme Niveau der Musikschüler. Meine Stücke, die ich zur Aufnahmeprüfung für das Musikstudium spielte – das leisten heute 14-jährige Schüler. Ich war im Frühjahr beim Wettbewerb "Jugend musiziert" – drei meiner Schüler aus Schramberg sind bis zum Bundeswettbewerb durchmarschiert und haben Literatur aufgeführt, die ich bei meiner Abschluss-Prüfung spielen musste. Die Schüler, die gerne lernen und auch Spaß an ihrem Instrument haben – die sind mittlerweile sehr gut.

Wie war sah die Ausbildung denn zuvor aus?

Früher hat man das Instrument in einem Musikverein gelernt und dann war die Ausbildung nach kurzer Zeit wieder zu Ende. Damals hat das vielleicht noch der Dirigent gemacht oder ein Ausbilder aus dem eigenen Register. Heute läuft das alles über die Musikschule und studierte Musiklehrer.

Würden Sie noch einmal Musiklehrer werden wollen?

(lacht) Ich glaube, ja. Es ist natürlich auch sehr schwierig. Früher gab es in den Schulen noch Samstagsunterricht – und mittlerweile überall die Ganztagsschule. Die Schüler sind von morgens bis 16 Uhr in der Schule – je nachdem, welche Einrichtung sie besuchen. Wenn die Jugendlichen zum Beispiel in Triberg zur Schule gehen, dann kommen sie auch erst spät nach Hause. Wir können mittlerweile nicht mehr vor 16 Uhr mit dem Unterrichten beginnen. Und nach Schulschluss sind die Schüler auch erst mal kaputt und ausgelaugt. Das ist ein ganz großer Nachteil und wird auch in Zukunft immer schwieriger werden. Musik ist auch ein Hobby und auf einem Instrument muss man üben – ohne das geht es nicht. Vier bis fünfmal die Woche üben sind da schon nötig, um einen gewissen Fortschritt zu gewährleisten. Weniger proben geht auch – aber dann dauert es natürlich auch länger voranzukommen. Bei Blasmusikern, speziell bei Blechblasmusikern, muss sich die Muskulatur der Lippen entwickeln, um die hohen und tiefen Oktaven zu spielen. Wenn die Schüler das nicht trainieren, kommen sie auch nicht weiter.

Im kommenden Jahr hören Sie als Leiter der Musikschule und Dirigent der Stadtkapelle auf...

Ja, das ist eine gemeinsame Stelle, die jetzt von der Stadt Hornberg ausgeschrieben wird. Bewerbungen werden im September gesichtet. Anschließend gibt es Probe-Dirigate. Einerseits muss der Bewerber für die Leitung der Musikschule eine Qualifikation mitbringen und auch das Koordinieren der zwölf Musiklehrer übernehmen. Andererseits hat die Stadtkapelle bei der Wahl des neuen Dirigenten ein Wort mitzureden.

Wie kam es zu dem Entschluss?

Ich werde in diesem Jahr 63 Jahre alt und arbeite jetzt seit 48 Jahren. Damit kann ich nun in Rente gehen. Und nach 37 Jahren Dirigenten-Tätigkeit hat man dann auch mal genug (lacht).

Wird Ihnen der Beruf fehlen?

Nein, ich glaube nicht. Ich habe auf Vieles verzichten müssen in meinem Leben. Als Leiter eines Orchesters hat man abends Probe, vor den Konzerten noch zusätzliche Übungsstunden und Registerproben. Hinzu kommen die Auftritte an den Wochenenden. Im Sommer ist das mindestens jedes zweite Wochenende, an dem man einen Auftritt hat. Die freie Zeit möchte ich jetzt genießen.

Bleiben Sie der Musik weiterhin treu?

Ja, aber ich werde keinen Verein mehr leiten und steige auch aus der Ausbildung aus. Ich weiß nicht, ob ich noch ein bisschen hobbymäßig Musik mache. Ich habe ja auch noch andere Hobbys.

Zum Beispiel?

Fahrradfahren, wandern, reisen oder mich meiner Familie widmen.

Wie sind Sie zur Stadtkapelle Hornberg gekommen?

Durch eine Ausschreibung, auf die ich mich beworben habe. Damals habe ich ja noch in Schramberg ein Orchester geleitet.

Was ist Ihnen als Dirigent für das Repertoire eines Blasorchesters wichtig?

Als musikalischer Leiter möchte ich ein großes Spektrum abbilden. Man hat gegenüber der Stadt die Verpflichtung, bestimmte Anlässe musikalisch zu umrahmen. Das fängt bei der Fastnacht an, bei der wir die Narrenzunft begleiten. Dann haben wir unser Frühjahrskonzert, bei der wir ein konzertantes Programm aufführen. Dabei möchten wir uns natürlich mit verschiedenen Stilrichtungen präsentieren: Sinfonische Blasmusik, Volksmusik – das einfach für Jung und Alt etwas dabei ist. Hinzu kommen die Sommerfeste oder kirchliche Auftritte.

Was ist Ihre Philosophie als musikalischer Leiter?

Es war mir immer ein Anliegen zu anderen Vereinen Kontakt zu haben: mit anderen Orchestern musizieren oder zusammen verreisen. Wir sind zum Beispiel schon in Italien gewesen und reisen im September erneut nach Spanien. Über die spanischen Bürger in Hornberg sind wir mit dem Ort Benavides in Kontakt gekommen. Dort findet in diesem Jahr ein Patrozinium mit vielen Konzerten und Umzügen statt, die wir als Stadtkapelle begleiten. Hinzu kommt noch unser jährliches Benefizkonzert.

Was steht bis zu Ihrem Abschied von der Stadtkapelle noch auf dem Programm?

In diesem Jahr stehen noch einige Feste an, die wir ohnehin als Orchester begleiten. Ansonsten planen wir noch zwei große Konzerte: Ein festliches "Best-of"- Konzert mit einigen Stücken aus den vergangenen 16 Jahren. Beim Frühjahrskonzert im Mai wird das ähnlich ablaufen, diesmal ohne Gastorchester. Ich habe noch geplant, dass ich alle Musiker, die mich während meiner Zeit in Hornberg begleitet haben, noch einmal zu einer großen Kapelle zusammenführe.

Was zeichnet die Stadtkapelle Hornberg für Sie aus?

Einmal ist das die Vielseitigkeit. Ich kann beinahe jedes Stück aus jeder Stilrichtung auflegen und die Musiker fassen es schnell auf. Die Zuverlässigkeit habe ich in keinem Verein so erlebt. Die Mitglieder waren bei fast jedem Konzert vollzählig. Die wichtigsten Stützen waren in der Regel immer dabei. Wenn man das Gefühl hat, dass man sich auf die Musiker verlassen kann, ist das für mich als Dirigenten auch eine Beruhigung.

  Die Fragen stellte Lena Stangenberg.

Walter Böcherer wurde 1955 in Emmendingen geboren. Nach einer Ausbildung zum Landmaschinenmechaniker ging Böcherer vor 40 Jahren zur Bundeswehr. Während seiner achtjährigen Dienstzeit spielte er Tenorhorn und Posaune im Heeresmusikkorps Ulm und absolvierte ein Studium zum Diplommusiker und -musiklehrer in Düsseldorf. 1982 begann der heute 62-Jährige an der Musikschule Schramberg zu arbeiten und übernahm gleichzeitig die Leitung der Stadtmusik. 2002 wechselte er nach Hornberg: erst als Dirigent der Stadtkapelle und später als Leiter der städtischen Musikschule. Böcherer ist verheiratet, hat zwei Söhne und lebt in Schramberg.