Ganz in spanischer Tradition, reiten Bürgermeister Siegfried Scheffold (linkes Bild) und Uwe Faller (rechtes Bild) auf einem elektrisch gesteuerten Bullen. Zuvor forderte der Zunfmeister vom Bürgermeister den Rathausschlüssel sowie die Unabhängigkeit von Reichenbach und Niederwasser. Fotos: Gräff Foto: Schwarzwälder Bote

Rathaussturm: Niederwasser und Reichenbach wollen sich von der Stadt Hornberg scheiden lassen

Die Katalanen haben es vorgemacht, nun ist der Wunsch nach Autonomie auch in Hornberg angekommen. Niederwasser und Reichenbach wollen sich von der Stadt scheiden lassen. Dies haben die Narrenrebellen am Donnerstag beim Rathaussturm gefordert.

Hornberg. Der Bärenplatz in Hornberg, sonst Schauplatz friedlicher Kaffeetrinkender Touristen, gleicht am späten Donnerstagnachmittag fast dem Rathausplatz von Barcelona. Die Stimmung ist frostig. Das ist allerdings wohl mehr den Minusgraden geschuldet. Überall sieht man Transparente, auf denen die Scheidung der Stadtteile von der Stadt Hornberg gefordert wird. Trillerpfeifen schallen über den Platz.

Zunftmeister Uwe Faller als Rädelsführer der Rebellen wird gegenüber Rathauschef Siggi Scheffold noch deutlicher: "Du tust deren Geld eigennützig verprassen". Bei der Verwaltungsreform in den 1970er-Jahren habe die Stadt noch versprochen, die Verwaltungs- und Infrastrukturen zu bündeln: "Wir tragen euer Leid, dafür büßt ihr nur wenig von eurer Eigenständigkeit." Die Transparente, so Faller, seien schon lange im Keller versteckt gewesen, für den Tag X. Und der sei mit dem heutigen tag gekommen.

"Nach Spaniens Beispiel hat man sich erinnert, sie gesucht und entdeckt", so Faller. Der Gewerbesteuer-Rückfluss folge den Gesetzen der Schwerkraft, also nur hinunter ins Tal. "So steht Hornberg als Stadtkern strategisch geschickt, bildlich ein Sammelbecken, gesetzlich per Edikt", so der Zunftmeister. Er sah es als gerechter an, dass das Geld wieder in die Ortsteile zurückfließen würde: "Das wäre der Ortsteile ureigen erarbeitetes Glück."

Niederwasser hätte schon lange ein saniertes Rathaus und einen schönen Dorfplatz mit ansehnlichem Brunnen. "Dort könnten die Städter dann flanieren", so die Vision des Zunftmeisters. Und wird noch deutlicher: "Reichenbach, Schwanenbach, von der Fläche her groß, auch die fragen sich, was ist hier los?" Internet und Mobiltelefon liegen immer noch brach: "Trifft man sich in der Krone, pflegt man die direkte Sprache."

Um die stagnierende Bevölkerungszahl in Reichenbach zu stoppen, schlagen die Narrenrebellen schließlich noch ein Meldeamt beim Ortsvorsteher vor: "Die Kälber purzeln vom Berg auf die Terrasse des Ortsvorstehers im Tal, wäre das Meldeamt bei ihm, gäbe sicher auch mehr Kinder."

Rathauschef Siggi Scheffold weiß daraufhin sofort Rat, wie die Einwohnerzahl von Reichenbach wieder steigt: "Bei der nächsten Viehzählung werden einfach auch die Kinder mitgezählt". Und für alle anderen Probleme hat Scheffold eine einfache wie wirkungsvolle Strategie: "Jeder Haushalt bekommt eine große Packung Baldriantropfen, das beruhigt ungemein, und lässt die lieben Bürger ruhig sein." Zunächst einmal wird Uwe Faller ruhiggestellt. Und zwar in Form einer Urkunde. Zehn Jahre ist er nun Zunftmeister. Und da gratuliert ihm der Bürgermeister ganz herzlich.

Dann wird es aber nochmal spannend. Denn, ganz in spanischer Tradition, ist Bullenreiten angesagt. Und solch ein beeindruckendes Exemplar steht bereits vor dem Rathaus. Es kann aber nicht mit den Hufen scharren. Nur hin- und herschaukeln, denn der Bulle wird elektrisch gesteuert. Zunftmeister Uwe Faller und Rathauschef Siggi Scheffold besteigen nacheinander das Ungetüm. Faller ist etwas mutiger, der Bulle hat ganz schön Strom.

Anders bei Scheffold. Da scheint der Reichenbacher Windkraft die Puste ausgegangen zu sein. Oder der Stier hat auch schon Baldrian bekommen. Genau lässt sich das nicht mehr sagen. Aber beide gehen zu Boden, einer fällt, der andere gleitet. Die Zuschauer haben ihren Spaß, und die Scheidung ist schon wieder vergessen..