Hubert Brenner ist einer der Eigentümer, die in Rexingen von dem neuen Nahwärme-Preishammer erwischt wurden. Foto: Jürgen Lück

Eigentümer in Rexingen: „Wir haben kein Vertrauen mehr in die Stadt“. Vorwurf: Wurde Bürgermeister Zimmermanns Privathaus noch zum Günstig-Tarif angeschlossen? Warum sollen neue Kunden jetzt 700 Prozent mehr allein für Grundpreis zahlen? Einige Vorwürfe von Rexinger Bürgen sind laut Stadtverwaltung jedoch komplett falsch.

„Das hat schon ein Geschmäckle“. Das sagt Hubert Brenner, der bei der Versammlung der Nahwärme-Interessenten in der Johanniter-Halle die Fakten per Präsentation zur Nahwärme aufzählt. Ein Teilnehmer: „Wir haben uns zusammengeschlossen, damit uns die Stadtwerke nicht einzeln über den Tisch ziehen können.“

 

Es gibt viele Merkwürdigkeiten in Rexingen. Gegenüber der Johanniterhalle steht die alte Post, der katholische Kindergarten und das alte Pfarrhaus. Das hatte Bürgermeister Ralph Zimmermann (FDP) privat gekauft und ausgebaut.

Ein Teilnehmer: „Damit diese drei Gebäude pünktlich zum letzten Winter Nahwärme bekommen, mussten wir unser Dorffest – das Lochbrunnenfest – ausfallen lassen. Weil der Platz aufgebuddelt war.“

Auf dem Platz vor der Johanniterhalle liegen Kanalisations-Rohre. Links das alte Pfarrhaus, das Bürgermeister Ralph Zimmermann gekauft hatte. Foto: Jürgen Lück

Anfang Mai dieses Jahres präsentierte Bürgermeister Ralph Zimmermann die neue Nahwärmekalkulation in Rexingen. Seitdem ist die Wut bei allen, die die Öko-Energie haben wollten, offenbar groß.

Horrende Neukalkulation

Pikant: In der Zwischenzeit hat er die Neukalkulation für die Nahwärme verantwortet, wie OB Peter Rosenberger und er dieser Redaktion im Interview bestätigt hat.

Das Ergebnis, so Hubert Brenner: Während das alte Angebot für einen Nahwärmeanschluss der Stadtwerke Horb in Rexingen vom März 2021 die Anschlusskosten auf knapp 13 800 Euro brutto (11 500 Euro netto) beziffert werden, liegen sie inzwischen bei knapp 30 000 Euro brutto (25 394 Euro netto) (beides inklusive zehn Meter Zuleitung).

Eigentlich wollten diese Rexinger Eigentümer von günstiger Nahwärme profitieren. Jetzt haben sich die Bürger zusammengeschlossen, um sich nicht einzeln „über den Tisch ziehen zu lassen“, so ein Teilnehmer Foto: Jürgen Lück

Auch der Grundpreis („Servicepauschale an Stadtwerke“, d. Red.) ist in den neuen Verträgen um 700 Prozent erhöht worden, so Hubert Brenner. Der liegt jetzt bei 2806 Euro im Jahr.

Und dann noch der Verbrauchspreis. Die Stadt hatte als Vergleichsgröße den Verbrauch von 2500 Litern Heizöl im Jahr genannt. Laut Hubert Brenner kommen allein für den Verbrauch noch mal 131 Euro im Monat dazu.

Schmerzgrenzen sind erreicht

Das Fazit, so Brenner: „Wer Nahwärme nimmt, muss für Grund- und Arbeitspreis in Zukunft 4400 Euro im Jahr bezahlen.“

Lässt gleich die Zuhörer abstimmen, ob sie sich den hohen jährlichen Grundpreis in Höhe von 2806 Euro überhaupt von ihrem persönlichen Etat her leisten können. Alle 21 kreuzen an: Liegt über meinem persönlichen Limit!

Dasselbe Ergebnis beim Brutto-Arbeits und Grundpreis in Höhe von 4400 Euro im Jahr.

Brenner: „Das ist eine ganz wichtige Botschaft an die Stadt!“

Nahwärme-Optimismus kippt

Ein Eigentümer sagt: „Ich dachte damals, ich melde mich als Interessent. Wegen der Ökologie. Wenn ich das so sehe, würde ich es nie wieder machen!“

Auch brisant: Offenbar ist das Misstrauen gegenüber dem Rathaus sehr groß. Ein Teilnehmer berichtet: „Die Fernwärmeleitungen lagen schon seit 2019 auf einer Wiese. Bis zum Ausbruch des Ukraine-Kriegs wurden in Rexingen bereits 60 Prozent der Fernwärmeleitungen vom Ortseingang bis Höhe Gasthaus Sonne (inzwischen abgebrannt) verlegt.“

Bürgermeister Zimmermann hatte im Interview argumentiert, dass durch den Ukraine-Krieg Zinsen und Baukosten extrem gestiegen seien und deshalb die neuen Nahwärme-Tarife angepasst wurden.

Undurchsichtige Kalkulation

Doch warum verdoppeln sich die Anschlusskosten in Rexingen, wenn über die Hälfte der Leitungen schon vor dem Ukraine-Krieg verlegt waren? Ein Teilnehmer: „Das fragen sich hier viele.“

Nächster Aufreger: Nahwärme ist nicht teurer als eine Wärmepumpe, hatte OB Rosenberger argumentiert. Hubert Brenner: „Zum Nahwärme-Anschluss durch die Stadt kommt auch noch die Installation im Haus durch den Eigentümer dazu. Die kostet 15 700 Euro. Damit kostet der Nahwärmeanschluss in Rexingen genauso viel wie eine Wärmepumpe!“

Was sagt die Stadt zu den Vorwürfen?

Ist es richtig, dass 60 Prozent der Nahwärmeleitungen (bis Höhe Sonne) schon bis Februar 2022 gelegt wurden? Die Stadt Horb auf Anfrage unserer Redaktion: „Dies ist definitiv falsch. Die Firma Stumpp hat erst im März 2022 mit den Arbeiten begonnen. Der erste Regeltermin zu dieser Baumaßnahme fand am 16. März 2022 statt.“

Ist es richtig, dass die Leitungen/Rohre schon seit 2019 auf einer Wiese in Rexingen gelagert wurden? Die Verwaltung schreibt: „Dies ist ebenfalls falsch. Die Firma Schäfer, die die Rohre liefert und verlegt, hat den Auftrag erst im Sommer 2021 erhalten. Dieses betraf zu dieser Zeit allerdings nur etwa 13 Gebäude (einschließlich drei städtischer Gebäuden). Erst im Herbst 2022 kam eine Auftragserweiterung mit weiteren etwa 40 Gebäuden hinzu, was die Mehrzahl ausmacht.“

Wie kommt es, wenn vor dem Ausbruch des Ukraine-Konflikts die Kreditzinsen und Baukosten niedrig waren, zu einem neuen Anschlusstarif mit Preisen, die um 700 Prozent (so die BI Nahwärme) ab Mai 2023 erhöht wurden? Die Stadtverwaltung weist das zurück: „Wie schon oben dargestellt, stellt sich der Sachverhalt nicht so dar. Die Maßnahme hat nach Ausbruch des Ukraine Krieges begonnen. Die von der Teuerungswelle betroffenen Firmen konnten aufgrund der besonderen Situation am Energie- und Materialmarkt die Teuerung weitergeben.“

Was ist mit Zimmermanns Haus?

Wann und warum wurde das Haus von BM Zimmermann an die Nahwärme angeschlossen? Hierzu die Stadt: „Die Intention, ein Nahwärmenetz in Rexingen zu installieren, resultiert aus der Idee, öffentliche Abnehmer wie Kindergarten, Synagoge und Schule zu versorgen, in diesem Zuge natürlich auch die dazwischenliegenden Gebäude. Bereits 2019 gab es eine Ausschreibung der Stadtwerke hierzu. Dabei gab kein Leitungsunternehmen ein Angebot ab, weshalb die Ausschreibung später noch einmal wiederholt werden musste. Im Jahr 2020 wurde bereits ein anderes privates Gebäude in der Schöllerstraße über eine mobile Heizanlage mit Wärme von den Stadtwerken versorgt, da ja bereits das kleinere Netz zwischen der Synagoge und der Johanniterhalle geplant war. Deshalb wurde auch der Kindergarten sowie das Gebäude von Fam. Zimmermann, als auch das notversorgte weitere Privatgebäude an den jetzigen Heizcontainer angeschlossen. Die Notversorgung des weiteren Anliegers in der Schöllerstraße verursachte sehr hohe Kosten, weshalb wir hier eine schnelle Lösung zusammen mit der alten Ölheizung des Kindergartens realisierten, um weitere mobile mit Strom versorgte Heizsysteme zu umgehen und die Versorgung vor Beginn der anstehenden Heizperiode sicherstellen zu können.“

Wurde damals der Bauabschnitt 3 (Anschluss Alte Post, Kita und Haus von BM Zimmermann) vorgezogen? Laut Stadt nicht: „Im Gegenteil, bereits 2019 hatten wir eine Ausschreibung ohne Erfolg gestartet. Familie Zimmermann hat ihr Haus erst Ende 2020 erworben.“

Stadt: Kein Bürgermeister-Skandal

Zu welchen Konditionen bezieht Bürgermeister Zimmermann Nahwärme? Zum im Mai 2023 vorgestellten Tarif oder zum alten Tarif (Nahwärme Horb und Stadtteile)? Welchem genau? Die Stadt dazu: „Familie Zimmermann hat exakt die gleichen Konditionen angeboten bekommen, wie alle anderen potenziellen Anschlussnehmer zuvor auch. Wie die anderen Haushalte auch, hatte Familie Zimmermann im Vorfeld einen Wärmelieferungsvertrag abgeschlossen, bevor das Gebäude angeschlossen wurde, und hat nun auch den neuen Wärmelieferungsvertrag mit den neuen Konditionen abgeschlossen, und zwar den gleichen, der auch den anderen Haushalten angeboten wurde.“