Sie gestalteten die Auftaktveranstaltung der 2. Horber Orgeltage: Ulrike Mayer-Klaus und Ruben Sturm.Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder Bote

Horber Orgeltage: Rottenburgs Domorganist hat für die Stiftsorgel ein besonderes Repertoire gefunden

Mit einem fulminanten Konzert eröffnete Rottenburgs Domorganist Ruben Sturm die 2. Horber Orgeltage. Begleitete wurde er dabei von Ulrike Mayer-Klaus. Die Ausbildungsleiterin für Gemeindereferenten der Diözese Rottenburg-Stuttgart ergänzt die Musik mit inspirierenden Impulsen.

Horb. Es war ein Konzert, gespielt von einem Könner nicht nur für Kenner. Auch musikalische Laien kamen an diesem späten Samstagnachmittag auf ihre Kosten. Ruben Sturm öffnete für die knapp 50 Zuhörer, darunter auch der emeritierte Weihbischof Johannes Kreidler, ein exzellenter Kenner der Orgel- und Kirchenmusik, eine klangliche Schatztruhe und ließ mit seinem virtuosen Spiel, insbesondere mit seinen Improvisationen am Schluss dieses grandiosen Eröffnungskonzerts, die vielen Klangfarben erahnen, die mit dieser, von Tilman Trefz so meisterlich restaurierten Orgel, möglich sind.

Sturm schrieb in seinem Begleittext: "Schwerpunkt im heutigen Konzertprogramm sind barocke süddeutsche beziehungsweise süddeutsch/italienisch/französisch inspirierte Stücke, die auf der Orgel der Stiftskirche besonders gut zum Klingen gebracht werden können, da sie über entsprechende Register verfügt, die in den genannten Orgellandschaften typisch sind.

Er eröffnete das Konzert mit der "Toccata septima" aus "Apparatus Musico-Organisticus" von Georg Muffat. Nach einer kraftvollen, langsamen und recht feierlichen Ouvertüre wechselt Muffat zu fast heiteren Motiven, um nach einer kunstvollen Überleitung wieder im schweren Ouvertürenstil des Anfangs zu enden.

Nach diesem recht beeindruckenden Stück, das das hohe technische Können von Ruben Sturm erahnen ließ, betrat Ulrike Mayer-Klaus das Rednerpult der Stiftskirche.

Sie freute sich darüber – am Fest des heiligen Christophorus – die musikalische Darbietung von Domorganist Ruben Sturm mit geistlichen Impulsen unterbrechen zu dürfen. Der heiligen Christophorus, dem außen an der Stiftskirche in einem Bild gehuldigt wird, ist den meisten Menschen als Riese, der das Jesuskind durch einen reißenden Bach trägt, bekannt. Ein Bild, das nicht nur in Kirchen, sondern auch in vielen Autos zu finden ist, da dieser Nothelfer auch als Schutzpatron der Reisenden gilt. Entsprechend dem Anlass hatte Ulrike Mayer-Klaus ihre Impulse unter den Oberbegriff "Tragen und getragen werden" gestellt. "Die Erfahrung, etwas tragen zu können, sich nützlich zu machen und Verantwortung zu übernehmen – genauso wie das Bedürfnis, getragen zu werden, wenn es zu schwer wird – beides brauchen wir, um gesund und sicher durchs Leben gehen zu können", stellte sie fest.

Getragen von den Flügeln der Musik spielte Sturm dann die "Ciacona h-Moll" aus der Sammlung der "6 Meleas" von Johann Jacob de Neufville (1684  – 1712). "Dies ist ein Variationswerk, mit dem man über ein gleichbleibendes harmonisches (Bass-)Thema gelegt, besonders schön die Einzelfarben einer Orgel präsentieren kann" erklärte Sturm.

Mit Bachs Toccata, Adagio und Fuge C-Dur, BWV 564 und Johannes Brahms "O Gott, Du frommer Gott – Herzlich tut mich erfreuen, die liebe Sommerzeit" aus den 11 Choralvorspielen, op.posth.122, die erst nach dem Tod von Brahms veröffentlicht wurden, brachte Sturm zwei weitere Werke aus den Federn der Großmeister der Orgelliteratur zu Gehör, die mehr als beeindruckend dargeboten wurden. Die Menschen in der Horber Kirche lauschten ergriffen den mächtigen Tonkaskaden, die das Kirchenschiff bis zum letzten Winkel ausfüllten.

In einem weiteren Teil ihrer spirituellen Gedanken griff die Rednerin das Bild von einem reißenden Fluss auf, der zur Bedrohung werden und Leben vernichten kann. Ein Bild, das uns in der vergangenen Woche besonders vor Augen geführt wurde. Sie schlug damit den Bogen zum Jetzt und Hier, zu den Hochwasserkatastrophen der letzten Tage.

"Und in solchen Tragödien verstehe ich Menschen, die fragen: Wo bist Du, Gott? Warum greifst Du nicht ein? Warum lässt Du solches Leid zu? Es ist die schwierigste Frage, auf die noch kein Mensch eine zufriedenstellende Antwort bekommen hat.

Menschen müssen Lasten tragen, die fast nicht zu tragen, zu ertragen sind – im globalen wie auch im ganz persönlichen Bereich. Die Sehnsucht nach Hilfe, der Schrei um Beistand, dass irgendjemand kommt und mitträgt, ist hörbar – zu allen Zeiten und in allen Generationen. Und wir – wir können nur hoffen und bitten, dass da doch jemand ist, der dieses Schreien hört, der – wie Christophorus – im richtigen Moment die Ärmel hochkrempelt, dass ihm Mögliche tut, alle Kraft, die ihm zur Verfügung steht, einsetzt, um durch die Fluten des Leids und der Tränen zu kommen."

Mit seinen "Improvisationen" versöhnte Ruben Sturm zumindest seine Zuhörer am Ende dieses wunderbaren Konzertes. Er ließ die Stiftskirchenorgel wie ein ganzes Blasorchester oder wie eine Nebelsirene klingen, er verwob die zuvor gespielten Stücke zu einer einzigen Komposition und setzte mit seinem Spiel, von dem Peter Straub später in den höchsten Lobestönen schwärmte, einen Schlusspunkt unter dieses Eröffnungskonzert der "2. Horber Orgeltage" den man gleichzeitig auch als Höhepunkt bezeichnen könnte.

Weitere Konzerte

2. Horber Orgeltage:

31. Juli um 17 Uhr: Violine und Orgel mit Prof. Julia Galic und Stiftsorganistin Kirsten Sturm

7. August um 17 Uhr: Robert Schumanns Orgelwerke mit Domorganist Daniel Beckmann, Mainz

Der Eintritt ist frei. Um Spenden im Sinne einer Scheinwerferkollekte zur Finanzierung der Kirchenmusik wird gebeten.