Bariton Kai Preußker gab den Erzähler und Sänger bei der Welturaufführung zu den Zwölf Artikeln des Horber Reformators Sebastian Lotzer – Komponist Frank Heckel war anwesend, als Sven Gnass das Festivalorchester der Musiktage mit Bariton Kai Preußker dirigierte. Foto: Angela Baum

Vielfältige Eindrücke konnten die gut 300 Zuhörerinnen und Zuhörer am Sonntagabend in der Horber Stiftskirche erleben.

Wundervoll und sehr beeindruckend agieren an diesem Abend die Solisten – besonders stark brennen sich Eindrücke der Tänzerin und der beiden Tänzer ein, allesamt Meister ihres Fachs. Zum Niederknien auch das fantastische Gitarrenspiel des Gitarrensolisten Admir Doçi – technische Perfektion pur und Faszination der Gitarrenrhythmen aufs Allerfeinste.

 

Admir Doçi ist derzeit Dozent am Conservatorio della Svizzera italiana, gab Konzerte in der Tonhalle Zürich, im Kulturcasino Bern oder in der Victoria Hall Genève. Gänsehautmomente waren hier vorprogrammiert – erhebende Klänge, sehnsuchtsvoll, mal schmerzhaft, mal dramatisch oder höchst verträumt, erfüllten die Stiftskirche. Die drei Tänzer agierten in der Choreographie von Allessandro Giaquinto, einem Absolventen der renommierten John Cranko School of Modern Dance in Stuttgart. Allessandro Giaquintos Vita ist lang – er erarbeitet unter anderem Choreographie-Aufträge für das Stuttgarter Ballett.

Am Ende von „Freiheyth!“ bat Sven Gnass auch den Komponisten Frank Heckel auf die Bühne. Von links: Bariton und Erzähler Kai Preußker, Komponist Frank Heckel sowie Sven Gnass, Dirigent des Festivalorchesters der Musiktage Horb und Musikdirektor der Horber Musikschule. Foto: Angela Baum

In seiner faszinierende Choreographie kommt irgendwann John Hewitt als „neuer Adam“ auf die Bühne – blumenumkränzt, barfuß und sehr beeindruckend. Er tanzt gemeinsam mit Laura Minotti (Opus Ballett Florenz), und die zwei Tänzer buhlen mal um Minotti, ein andermal umarmen sich alle und rahmen Gitarrensolist Admir Doçi mit ihren Armen und Beinen ein.

Neckisch bis verführerisch

Doch auch Fausto Romitellis „Solare“ wurde vom Tanz-Trio in Szene gesetzt – die Gitarrenrhythmen erklingen ohne Orchester, was den Musiker noch mehr in Szene setzte. Die tänzerische Szenerie ist neckisch bis verführerisch – der Dialog von Balletttänzern und Instrument besticht. Gesten mit den Händen, mal über den Köpfen, mal nahe an den anderen Tänzern oder auch solo ergeben ein expressives Bild. Dazu Musik, gespielt mit Verve des Festivalorchesters.

Vor den drei Musikstücken mit Gitarre war eine Stück des Komponisten Frank Heckel zu erleben, der dieser Uraufführung seines Auftragswerks beiwohnte. „Freiheyth!“ nennt Frank Heckel sein musikalisches Werk zu den Zwölf Artikeln des Horber Laientheologen, Reformators und politischen Schriftstellers Sebastian Lotzer.

Kurzfristige Umbesetzung

Der Stuttgarter Bariton Kai Preußker gab kurzfristig den Erzähler und sprang für den erkrankten Simon Schnorr ein. Die Bariton-Passagen eignete er sich quasi über Nacht an und sattelte sie sich drauf – hierfür war ihm Dirigent Sven Gnass unendlich dankbar, wie er selbst sagte. „Kai Preußker von der Stuttgarter Staatsoper war meine letzte Option – sonst hätten wir Frank Heckels Auftragswerk nicht aufführen können.“ Eindringlich agierte Kai Preußker beim Deklamieren der Zwölf Lotzer-Artikel – Dramatik pur, im Dialog mit den Orchestermusikern.

Zum Auftakt des Konzertabends erklangen die Konzertstücke eins und zwei von Felix Mendelssohn Bartholdy – mit Solopassagen der Klarinette (Laszlo Papesch) und des Bassetthorns (Jonas von Au). Astor Piazzollas faszinierendes Musikstück „Oblivion“ erklang mit Gitarre und Orchester im Arrangement des begnadeten Komponisten Frank Heckel.

Frenetischer Applaus, Standing Ovations, viele rote Rosen und Küsschen waren die Belohnung für die Solisten, die viele Zugabe-Rufe bekamen. Einzig und allein Kai Preußker ließ sich dazu hinreißen: Er gab eine Bariton-Arie aus der Oper „Figaro“ von Wolfgang Amadeus Mozart.