Musikschulleiter Sven Gnass ist auf den Einstieg in den Online-Unterricht gut vorbereitet. Foto: Hopp

Leiter der Städtischen Musikschule, Sven Gnass, schildert die derzeitige Stimmung in der Schule.

Horb - Auch in der Städtischen Musikschule Horb a. N.ckar bringt die neue Corona-Lage wieder Einschränkungen. Doch Schulleiter Sven Gnass ist zuversichtlich, dass die Schule trotzdem ihre Funktion erfüllt. Dafür gibt es in Horb mehrere  Gründe. Gnass beantwortet Fragen zur aktuellen Stimmung in seiner Schule.

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Wie reagiert die Musikschule auf die zweite Corona-Welle?

Wie im März findet der Unterricht zunächst wieder online statt. Wir hatten bereits schon einmal diese Umstellung auf online-Unterricht realisiert, schon im Frühjahr wurde sehr gut kommuniziert und Teams zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gebildet. Wir können nun wunderbar auf diese bereits gesammelten Erfahrungswerte aufbauen. Es ist nur ein sehr kleiner Teil der Schülerinnen und Schüler, die ihren Musikunterricht nicht übers Internet annehmen.

Grundsätzlich war mir immer klar, dass nur ein Klima, in dem sich das Kollegium und die Verwaltung persönlich entfalten und einbringen können, eine wichtige Säule einer zukunftsorientierten kommunalen Bildungseinrichtung bildet. So sind beispielsweise fachbezogene Fortbildungen immer wieder ein Thema. Dies hilft beim Arbeiten zu den heutigen Bedingungen in der Pandemie sehr.

Da hört man jetzt vielleicht ein bisschen Stolz auf mein Team heraus, aber das darf sein.

Stimmt Sie die derzeitige Lage nicht eher pessimistisch?

Nein. Es fordert viel eher meine Kreativität heraus. Die derzeitige Aufgabenstellung motiviert mich, damit umzugehen und jeden Tag aufs Neue Lösungen zu finden. Ich habe Respekt vor der Corona-Gefahr, aber keine Angst.

Auch nicht vor unklaren behördlichen Aussagen oder fehlenden Informationen?

Dazu kann ich sagen: Die Städtische Musikschule Horb am Neckar ist eine öffentliche Bildungseinrichtung nach dem Bundesbildungsgesetz. Sie ist somit Mitglied im Bundesverband und im Landesverband der Musikschulen, wir sind also sehr gut vernetzt.

Besonders danke ich an dieser Stelle auch dem Landesverband der Musikschulen für die schnelle Weitergabe der neusten Informationen. Dies geschieht beispielsweise auch oft an den Wochenenden, sodass die Umsetzung gleich nach der Abstimmung mit der Stabstelle der Stadtverwaltung Horb gleich zum Beginn der Woche erfolgen kann.

In Baden-Württemberg gibt es 213 öffentliche Musikschulen mit etwa 8000 Lehrkräften und über 300.000 Schülerinnen und Schülern. Der Landesverband der Musikschulen Baden-Württembergs ist ein Kompetenzzentrum, die Zusammenarbeit ist hervorragend, und man merkt, dass es hier um die Interessen und Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler geht.

Funktioniert das  im städtischen Umfeld genau so gut?

Ein signifikanter Aspekt ist die Kooperation mit den hiesigen Musikvereinen. Die Städtische Musikschule Horb unterrichtet auch an 50 Außenstellen; es existieren Bläserklassen. Im gesamten Stadtgebiet ist die Zusammenarbeit mit den Musikvereinen hervorragend, und das ist wichtig. Ich bin seit September 1999 in Horb am Neckar im Dienst, und schon damals war es eines meiner definierten Ziele, diese Zusammenarbeit auszubauen. Und immer, wenn ich mit jemandem von den Vereinen kommuniziere, spüre ich eine gegenseitige Hilfsbereitschaft und eine Übereinkunft unserer gemeinsamen Ziele. Diese Gespräche sind fundiert, schnell und verlaufen unkompliziert.

Und die Vereine helfen auch jetzt?

Ja, wir helfen uns. Aber auch die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung klappt hervorragend. Die Pandemie bringt ja schließlich Änderungen in kurzen Abständen, die rasch besprochen werden müssen.

Zum Beispiel?

Schon im Elementarbereich fängt es an. Der macht bei uns einen großen Anteil aus. Mehrere hundert jüngste Schülerinnen und Schüler. In diesem fundamentalen Bereich sind die Einschränkungen am spürbarsten – leider. Von unserem zertifizierten Babymusikgarten für Mutter und Kind bis hin zu Rhythmik-Kursen. Für diese Aktivitäten müssen wir jeweils die passenden Räume finden, die Gruppengrößen anpassen etc. Dies gelingt uns gut, wenn auch leider nicht überall. Wir sprechen täglich über neue Lösungsansätze.

Aber bestimmt sind viele der Musikerinnen und Musiker auch traurig, weil zur Zeit keine Vorspiele und Konzerte stattfinden.

Natürlich tut das sehr weh.  Künstler leben von dem Rezipienten, der ihr Werk wahrnimmt und empfindet. Auch für die Musikerinnen und Musiker ist es ein Daseinsaspekt: jemand spielt Klavier und jemand anderes hört zu und empfindet Freude dabei. Auf dem Weg zum Hohen Giebel (das Musikschulgebäude, Anm.d.Red.) geht mir oft das Herz auf, wenn ich die Klänge der Instrumente höre. Musik und Kunst bilden für die Menschen eine Heimat. Das spürt man in der Pandemie ganz stark.

Stimmt. Die Städtische Musikschule Horb ist ja auch am öffentlichen Kulturleben stark beteiligt. Sind Sie jetzt vollkommen ausgebremst?

Natürlich. So geht’s jedem.  Aber ich bin ein schneller Organisator. Wenn sich Lockerungen abzeichnen, vertraue ich auf unsere Stadtverwaltung, die sorgsam und fundiert vorgeht und den Gesamtkontext sieht.

Sie sind bekannt für Ihre gute Vernetzung mit vielen anderen Künstlerinnen und Künstlern. Wie ist denn die Stimmung innerhalb der Musikszene?

Als deprimierend empfinde ich sie nicht. Eher als gefasst. Es gibt zwar viele  Meldungen von abgesagten Veranstaltungen, aber mir persönlich ist bei Kolleginnen und Kollegen kein großer Pessimismus aufgefallen. Es ist nur das Gefühl da, zurückgehalten zu werden. Was sich  aber verändert hat, ist, dass mehr Menschen jetzt jemand anderen kennen, der sich infiziert hat oder gar schwer erkrankt ist. Es gibt mehr Bewusstsein über die Gefährlichkeit von Corona. Und wenn man an die philosophische Bedürfnispyramide glaubt, dann bildet die körperliche Unversehrtheit die größte Wichtigkeit im Leben. Ich mache die Beobachtung, dass die Menschen diese Gesundheitsgefährdung sehen und konsequent damit umgehen.

Der triste November, jetzt auch noch zuhause bleiben. Hat der Fachmann ein bis zwei Musiktipps für eine schöne herbstliche Stunde?

Natürlich. Da wäre Igor Levits Interpretation von "Für Elise" und von Jamie Cullum  "If I Never Sing Another Song" (Anm.d.Red: gibt’s beides auf You-Tube). Das sind zwei starke Stücke, kongruent mit deren Schönheit sowie deren Aussagen. Den letzten Titel hatte übrigens Udo Jürgens vor vielen Jahren komponiert.