Der Mord-Angeklagte Iyad B. ist in seiner neuen Erklärung zum Mord an Michael Riecher noch sparsamer geworden. Viele offene Fragen sind noch ungeklärt. Foto: Lück

Ein Angeklagter mit knappen Antworten. Prozessbeteiligte aus Stuttgart, Hechingen oder Ulm, die sich schon scherzhaft auf den Weihnachtsmarkt in Rottweil freuen. Vor der Sommerpause lässt die Revision des Prozesses um den Mord am Immobilienunternehmer Michael Riecher (57) viele Fragen offen.

Rottweil/Horb - Kurz vor der Sommerpause hat es noch die langerwartete Einlassung von Iyad B. gegeben – mit vielen offenen Fragen. Allein das Gericht listete 17 Fragen auf, die Staatsanwaltschaft über 30.

Alle wollen die Lücken klären, die zwischen Iyads erster Erklärung im Prozess um den Mord an Michael Riecher im Gerichtssaal, dem Polizeiverhör und der letzten Erklärung in der Revision sich auftun. Fakt ist: Weil der Bundesgerichtshof für die Revision des Prozesses um den Riecher-Mord unter anderem die Prüfung des Tatbestands erpresserischer Menschenraub gefordert hatte, hatte der Komplize des syrischen Flüchtlings Omran A. jetzt besonders viel Wert darauf gelegt, dass er Michael Riecher nur ganz kurz angegangen war. Dass das Opfer beim Überfall hätte flüchten können. Und dass Riecher während des Überfalls gefragt hatte, ob er Omran kenne, ließ er ganz weg. Iyad B. belastete den Mitangeklagten Omran schwer: "Omran war wie ein Monster." Immerhin darauf gab es eine Antwort. Iyad sagte, er können sich nur daran erinnern, dass Riecher das Wort Omran gesagt habe.

Das Puzzle der Aussagen

Iyad. Staatenloser Palästinenser. Im Dezember 2015 über Spanien nach Deutschland geflüchtet. Bis heute will er – so wird auch in seinen weiteren Aussagen deutlich – kein richtiges Deutsch gelernt haben. Beim Überfall auf Riecher habe er sich den Satz: "Gib mir das Geld" auf deutsch zurechtgelegt. Ansonsten, so auf Nachfrage, habe er sich lediglich durch Gesten mit dem Opfer verständlich gemacht.

Auch bei der Frage, ob er den Mord hätte verhindern können, bleibt er auf der Linie seiner Verteidiger Kristian Frank und Wido Fischer. Viel Abstand. Iyad B.: "Ich stand in der Terrassentür. Ich habe nur gesehen, wie Omran den Geschädigten am Flureingang gepackt hat. Er zog ihn dann rein. Weil es so dunkel war, konnte ich nichts sehen. Zum Schluss kniete Omran auf Riecher. Diese Handlung konnte ich nicht einordnen."

Alle anderen Fragen bleiben unbeantwortet. Am letzten Prozesstag vor der Sommerpause erklärt Iyads Verteidiger: "Weitere Fragen werden vorerst nicht beantwortet." Omrans Verteidiger Alexander Kubick schiebt noch den nächsten, dicken Fragenkatalog hinterher.

Todeszeitpunkt unklar

Unklar ist auch der Todeszeitpunkt Riechers. Kubicks Kollege Alexander Hamburg hatte einen neuen rechtsmedizinischen Sachverständigen gefordert. Grund: In der Revision hatte der Pathologe Frank Wehner plötzlich gesagt, dass der Todeszeitpunkt des Opfers auch drei Stunden früher als bisher angenommen sein könne.

Omrans Verteidigung hatte im ersten Prozess so argumentiert: "Laut den Handy-Daten im Router habe Omran um 19.28 Uhr verlassen. Laut dem Pathologen sei der frühestmögliche Todeszeitpunkt des Opfers um 19.30 Uhr gewesen."

Jetzt sagte Wehner: "Als Faktor für diese Zeitangabe wurde die Wegdrückbarkeit der Leichenflecken genommen." Aus seiner Erfahrung und einem Fachartikel sei aber erkennbar, dass Leichenflecken noch länger als die bisher angenommenen 20 Stunden wegdrückbar seien.

Neuer Pathologe beauftragt

Deshalb soll im September der Hamburger Pathologe Sven Anders kommen. Laut Hamburg habe er wissenschaftlich nachgewiesen, dass Leichenflecken lediglich 20 Stunden weggedrückt werden können.

Zum Schluss bittet Richter Geiger noch alle Prozessbeteiligten, weitere mögliche Termine für Verhandlungen am Dienstag und Donnerstag bis Jahresende zu melden. In der Pause hatte ein Prozessbeteiligter schon gescherzt: "Wir freuen uns darauf, den Weihnachtsmarkt in Rottweil wieder zu erleben."