Die Angeklagten Iyad B. (links) und Omran A. sitzen an den Tischen im Gerichtssaal des Landgerichts Rottweil. Foto: Lück

Im Prozess um den Tod des Horber Immobilienkaufmanns Michael Riecher sind schockierende Worte gefallen. Ist es ein Versuch, den Angeklagten noch stärker zu belasten?

Horb - Iyad B. Hatte schon im ersten Prozess seinen Komplizen Omran A. in seiner Erklärung schwer belastet. Und auch in einer der letzten Verhandlungen kam der Angeklagte verstärkt unter Druck. In der Revision legte er noch einen drauf, sagt: "Omran war wie ein Monster".

In der Revision um den Mord am Nordstetter Immobilien-Unternehmer Michael Riecher (57) geht es auch darum, ob der staatenlose Palästinenser Iyad B. und der syrische Flüchtling Omran A. sich des erpresserischen Menschenraubs schuldig gemacht haben. Alle Prozessbeteiligten sind deshalb gespannt, was Iyad B. diesmal erzählt, wie er den Überfall und den Mord schildert.

Iyad B. hofft auf Freispruch

Fakt ist: Aus seiner neuen Erklärung ist rauszulesen, dass er Omran noch schwerer belastet. Iyad betont noch stärker, warum er freigesprochen werden will.

14.49 Uhr. Saal 201 im Landgericht Rottweil. Iyads Verteidiger Wido Fischer und Kristian Frank verteilen die neue Erklärung. Auf Arabisch und Deutsch.

Dann legt Iyad los, liest mit leiser Stimme. Seine linke Hand spielt mit dem Kuli. Als er vorliest, wie er zu einem anderen Syrer mit dem Friseur zum Übernachten gegangen ist, betont er mit dem gestreckten Kuli jedes Wort im Leserhytmus.

Iyad: "Ich habe mich nachts noch per Messenger mit meinem Cousin in den USA unterhalten – über meinen damals verschwundenen Verwandten. Anders als Haitham (vermittelte Omran den Komplizen Iyad, d. Red.) vermutet, dass ich Kontakt mit Omran hatte."

Zu diesem Zeitpunkt am Vorabend des Mordes will Iyad den Überfallplan auf Riecher aufgegeben haben.

Der angebliche Plan

Iyad: "Morgens habe ich mich mit Omran im Kaufland getroffen. Er hat mir erzählt: Er hat einen neuen Plan. Ich soll ihn in der Wohnung überfallen, er wird sich nicht wehren. Er betonte: Riecher würde dadurch körperlich keinen Schaden erleiden. Ich vermutete, das Omran während der Tat draußen warten würde, damit ich nicht allein mit der Beute abhaue."

Der Überfall auf Riecher in der Wohnung. Iyad: "Ich sagte ihm, ich will Geld. Er wandte sich ab, ich dachte, er flieht. Ich hielt ihm den Mund mit der Hand zu, weil er schrie. Ich brachte ihn zu Boden, er gab den Widerstand auf. Ich half ihm sofort auf, er signalisierte, er wollte mir Geld geben. Zu keinem Zeitpunkt fesselte ich ihn und hielt ihn auf andere Weise fest. Ich brachte ihn nur zu Boden, um seinen Widerstand zu brechen."

Bei der räuberischen Erpressung mit Menschenraub geht es juristisch unter anderem um die sogenannte "Bemächtigungslage" über einen längeren Zeitraum.

Als Riecher ihm das Geld im Büro nebenan die 3000 Euro aus der Geldkassette in die Hand gedrückt hatte, sagt Iyad: "Wir sind über den Garten zurück in die Wohnung. Er ging vor mir. Schätzungsweise zehn Meter. Er hätte jederzeit wegrennen können. Auch bei meinen Anrufversuchen bei Omran hätte er jederzeit aus dem Schlafzimmer entweichen können."

"Wie ein Monster"

Als der Komplize die Terrassentür geschlossen hat, sei Omran plötzlich im Flur gewesen. Iyad: "Omran war wie ein Monster. Ich konnte mich nicht rühren vor Schreck. Ich blieb im Wohnzimmer, konnte nicht genau sehen, was im Flur passierte. In meinem Kopf war absolutes Chaos. Es ist schwierig für mich, den genauen Zeitraum des Angriffs abzuschätzen. Ich denke doch, es war nicht länger als zwei Minuten."

Auch eine entscheidende Passage. Denn: Die Verteidigung von Omran will anhand der bisherigen rechtsmedizinischen Gutachten unter anderem nachweisen, dass ein Würgen von zwei Minuten reicht, dass das Opfer zwar bewusstlos ist, aber es auch Fälle gibt, in denen die Atmung wieder beginnt. Iyad weiter: "Omran zog dem Geschädigten das Hemd aus. Ich kann aus heutiger Sicht nicht mit Sicherheit sagen, ob er bereits tot oder bewusstlos war. Weder Omran noch ich haben den Puls gefühlt. Ich habe keine medizinische Ausbildung, die mir das erlaubt."

Entscheidende Passage verschwiegen

Auch interessant: Im ersten Prozess hatte Iyad noch erklärt – und das wohl auch im Polizeiverhör – dass ihn Riecher darauf angesprochen hat, ob er Omran kennt. Diese Passage fehlt diesmal komplett!

Iyad: "Das Omran zur Tat hinzukam, war für mich nicht vorhersehbar und schon gar nicht gewollt. Ganz zu schweigen davon, dass er Riecher körperlich angreift. Bis zum heutigen Tage überlege ich mir, was ich hätte tun können, um die Tat zu verhindern. Die Situation war so überraschend, dass ich heute noch keine Möglichkeit, wie ich das alles hätte ungeschehen machen können. Es gibt keine Nacht, in der ich mir nicht wünsche, das ganze wäre nie geschehen!"

Eine denkenswerte Erklärung, die zu gut 90 Prozent mit im ersten Prozess übereinstimmt. Jetzt überlegen Nebenkläger, Omrans Verteidiger und die Staatsanwaltschaft, ob und welche schriftlichen Fragen sie Iyad stellen sollen. Iyads Verteidiger wollen diese Fragen am nächsten Prozesstag – Dienstag – entgegennehmen und in Absprache mit ihm beantworten.

Laut dem Vorsitzenden Richter Thomas Geiger sollen alle auch die Terminkalender mitbringen: "Ich denke, ab Ende August können wir mögliche Termine festlegen. Vorher werden wir wohl nicht mit den Plädoyers beginnen können."