Mohammed O. muss erneut vor Gericht: Das Urteil im Riecher-Mordprozess wurde aufghoben. (Archiv) Foto: Lück

Das Gewaltverbrechen an dem Horber Geschäftsmann Michael Riecher wird neu verhandelt. Das hat nun der Bundesgerichtshof entschieden. Damit könnte der Tod des Mannes doch noch gesühnt werden.

Karlsruhe/Horb - Der Prozess um den gewaltsamen Tod von Michael Riecher aus Horb a. N.ckar muss neu aufgerollt werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hob ein Urteil des Landgerichts Rottweil am Dienstag in allen Punkten auf. Damit gab der 1. Strafsenat der Revision mehrerer Beteiligter statt. Sowohl die Staatsanwaltschaft, einer der Angeklagten sowie eine der drei Schwestern des Opfers als Nebenklägerin hatten Rechtsmittel eingelegt. (Az.: 1 StR 286/20). Es sei zu hoffen, dass die nun anstehende nochmalige Überprüfung des Falles der Rechtsfindung in diesem brutalen Vorgang diene, sagte der Vorsitzende Richter.

Höhere Haftstrafen möglich

Eine neue Kammer des Rottweiler Gerichts muss den gesamten Komplex mitsamt Beweiserhebung nun neu führen. Das könnte möglicherweise schlechter für die seinerzeit angeklagten beiden Männer ausgehen, wie der Vertreter des Generalbundesanwaltes nach der Entscheidung erläuterte. Es könnte dann zu höheren Haftstrafen - und auch einer Verurteilung etwa wegen Mittäterschaft bei Mord oder auch erpresserischen Menschenraubes kommen. Der BGH werde in der noch nachzureichenden Begründung seiner Entscheidung sicher einige Fingerzeige in Richtung Landgericht Rottweil geben.

In dem Fall geht es um den brutalen Tod eines wohlhabenden Geschäftsmannes. Der alleinstehende 57-Jährige war im November 2018 in seinem Haus in Horb-Nordstetten überwältigt, bedroht und um 3000 Euro erpresst worden. Möglicherweise war die Summe aber noch größer – das war immer wieder während des Prozesses vermutet worden. Denn der Hauptangeklagte, ein damals 27 Jahre alter, syrischer Flüchtling, sollte für seinen "väterlichen Freund" Gold kaufen.

"Im Zweifel für den Angeklagten"

Zunächst war nur einer der beiden Männer in dem Haus gewesen, danach kam der spätere Hauptangeklagte, ein Bekannter des Opfers, dazu. Danach wurde der lungenkranke 57-Jährige erwürgt. Von wem der beiden mutmaßlichen Täter, konnte das Gericht seinerzeit nicht zweifelsfrei feststellen. Nach dem Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" wurden die beiden "nur" wegen Raubes und Erpressung zu sechs beziehungsweise viereinhalb Jahren Haft verurteilt.

Dass der Tod des Immobilienunternehmers damit ungesühnt bleiben sollte, wollten Staatsanwaltschaft und Nebenklage nicht hinnehmen. Sie monierten Lücken in der Beweisführung und fochten das Urteil vor dem BGH nun erfolgreich an. Der Anwalt des zu sechs Jahren Verurteilten hatte wegen der aus seiner Sicht zu hoher Haftstrafe ebenfalls Revision eingelegt. Bei der Festsetzung des Strafmaßes hätten die Rottweiler Richter die psychischen Belastungen für die Angehörigen mit einbezogen – das sei unzulässig, argumentierte er. Der BGH sah das ähnlich.

Der neue Prozess dürfte einige Zeit in Anspruch nehmen: Schon das erste Verfahren vor dem Landgericht Rottweil hatte insgesamt 30 Tage gedauert und sich über Monate hingezogen. Mehr als 80 Zeugen sowie zwölf Sachverständige waren gehört worden.