Omran A. macht sich offenbar Sorgen um seine Gesundheit. Der Angeklagte im Revisionsprozess um den Mord am Nordstetter Immobilienunternehmer Michael Riecher (57) möchte sich unbedingt impfen lassen. Doch in der Justizvollzugsanstalt (JVA) ging das bisher nicht.
Horb/Rottweil - Der Schwurgerichtssaal 201 im Landgericht am Dienstagvormittag – eine Woche nach dem Prozessauftakt. Eine CO-Warnampel steht zwischen dem Angeklagten Iyad B. und dem Nebenklägervertreter Knut Rössler. Alle tragen Masken, Plexiglasscheiben zwischen den Angeklagten und ihren Verteidigern sollen die Rechtsanwälte vor Ansteckung schützen. Es gilt Maskenpflicht im Gerichtssaal. Nur wer redet, darf sie abnehmen. Doch diese Sicherheit reicht Omran A. offenbar nicht.
Revision unter Corona-Bedingungen
Der syrische Flüchtling steht unter Verdacht, das Vertrauen seines "väterlichen Freundes" Michael Riecher ausgenutzt zu haben. Der Immobilienunternehmer aus Nordstetten wurde am 2. November 2018 ermordet. Ob Omran A. oder sein Komplize Iyad B. das Opfer erwürgt haben, konnte im ersten Prozess nicht geklärt werden. Der Bundesgerichtshof hatte das erste Urteil "einkassiert". Deshalb jetzt die Neuauflage – unter Corona-Bedingungen.
Sitzordnung geändert
Und die spricht Alexander Kubik, Verteidiger des syrischen Flüchtlings gleich zu Beginn des zweiten Verhandlungstags an. Auf Antrag der Verteidiger wurde die Sitzordnung geändert: Die Angeklagten sitzen jetzt wieder zwischen oder neben ihren Verteidigern.
Impfung in JVA nicht möglich
Kubik: "Mein Mandant hat das Problem, dass er sich unbedingt impfen lassen möchte. Mehrmals wurde versucht, einen Arzt zu bewegen, ihn gegen Corona zu impfen. Der sagt allerdings: Es wäre zu viel Aufwand für ihn, extra wegen eines Impflings in die JVA zu gehen. Ich möchte das Gericht bitten, zu prüfen, ob man entweder mehrere Impflinge in der JVA findet oder die Impfung für meinen Mandanten draußen organisieren kann!"
Verteidiger ist selbst beunruhigt
Der Vorsitzende Richter Thomas Geiger verspricht, sich darum zu kümmern. Kubik: "Ich selbst bin geimpft. Keiner kann mir sagen, wie sicher trotz Plexiglasscheiben und Mundschutz die Verfahrensbeteiligten vor einer Ansteckung sind. Mich würde es enorm beruhigen, wenn ich wüsste, dass mein Mandant geimpft ist."
Ob auch Omran A.s mutmaßlicher Komplize Iyad B. geimpft ist oder das möchte, ist nicht bekannt.
Eins wird nach der Mittagspause jedenfalls klar: Auch der staatenlose Palästinenser hat Angst vor Ansteckung. Sein Verteidiger Wido Fischer: „Wir haben hier die CO2-Ampel. Mein Mandant hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass die lange auf gelb stand. Laut Bundesumweltamt sollte, wenn die Ampel gelb zeigt, dringend gelüftet werden!“ Der Vorsitzende Richter Geiger: „Ich sehe die Ampel. Ich möchte das so handhaben: Wenn sie gelb zeigt, ist noch eine Frage und die Beantwortung erlaubt.“ Nebenkläger Knut Rössler hatte die auf gelb gesprungene CO2-Ampel in der langen Befragung der Ex-Nachbarin von Michael Riecher ins Blickfeld des Richters geschoben. Die Befragung der Zeugin ging minutenlang weiter…
