Hoch ansteckend soll einer der Räte bei der Sitzung des Horber Gemeinderats gewesen sein. Foto: Lück

Die Ansteckungsgefahr in der Horber Gemeinderatsitzung am 30. März durch einen infizierten Stadtrat war offenbar noch höher als bisher bekannt. Das Rathaus bestätigt jetzt, dass der Gemeinderat während der Sitzung "hoch ansteckend" war. Ob er mit Symptomen in die Sitzung ging, konnte bisher nicht ermittelt werden.

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Horb - Rathaussprecherin Inge Weber: "Der infizierte Stadtrat war nach Angaben des Gesundheitsamtes zum Zeitpunkt der Sitzung in einem sehr ansteckenden Stadium der Infektion."

Ist er also mit Symptomen in die Sitzung gegangen? Das wäre laut dem Hygienekonzept des Rathauses für Gremiums-Sitzungen verboten. Rathaussprecherin Weber betont aber, dass dieses Statement nicht automatisch bedeutet, dass der Gemeinderat mit Symptomen in die Sitzung gegangen ist: "Der Stadtrat war lediglich – rückwirkend betrachtet – zum Zeitpunkt der Sitzung hoch ansteckend. Nach seiner eigenen Mitteilung traten in der Nacht nach der Sitzung heftige Symptome auf. Daraus schließt das Gesundheitsamt, dass er zum Zeitpunkt der Sitzung – egal ob mit oder ohne Symptome – sehr ansteckend war, weil die höchste Ansteckungsfähigkeit um den Zeitraum herum besteht, in dem die eigenen Krankheitszeichen entstehen."

Der Gemeinderat selbst hatte sich offenbar am Samstag bei OB Rosenberger gemeldet. Das Rathaus schickte seine Mail mit dem Kern der Aussagen des Gemeinderats weiter: "Die Textpassage, dass die Person bereits am Dienstag Krankheitsanzeichen bei sich verspürt hat, führte zu der Annahme, dass ein Gemeinderat, in dem Falle ich, vorsätzlich mit Symptomen in die Sitzung gekommen wäre. Ich bitte Sie dringend zeitnah zu informieren, dass ich erst am Ende der Sitzung Krankheitssymptome wie Kopfschmerzen verspürte."

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Der Gemeinderat schrieb auch in der zitierten Mail, dass Gemeinderatskollegen wohl offenbar schon rechtliche Schritte gegen ihn überlegt hätten: "Leider sind durch diese Mail (gemeint: Die erste Nachricht des Oberbürgermeisters, in der alle Sitzungsteilnehmer in Quarantäne geschickt wurden, d. Red.) zum positiven Corona-Fall Irritationen entstanden, die zu großem Unmut bei einigen Gemeinderäten geführt haben. Einige der Betroffenen haben sogar von einzuleitenden rechtlichen Schritten gegenüber der erkrankten Person gesprochen."

Frank Grundke, Pressesprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft Rottweil: "Derzeit ist bei uns keine Strafanzeige gegen den Stadtrat verzeichnet. Es kann aber möglich sein, dass diese Anzeige noch unterwegs ist."

Wird der Stadtrat jetzt vom Rathaus bestraft? Rathaussprecherin Weber: "Die Stadtverwaltung kann weder nachweisen, noch möchte sie dem Stadtrat unterstellen, vorsätzlich gegen das Zutrittsverbot im Hygienekonzept der Stadt beziehungsweise nach der Corona-Verordnung verstoßen zu haben. Daher befassen wir uns gegenwärtig nicht mit dieser Fragestellung."

Kann es jetzt noch Gremiums-Sitzungen geben?

Im Sitzungskalender sind zwei Ausschüsse am 20. April eingetragen, am 27. April soll wieder Gemeinderat sein. Dort wollte OB Rosenberger sich die kommunalen Kosten für die Weiterführung der Bürger-Schnelltestzentren (10.000 bis 12.000 Euro/Woche ohne Tests) absegnen lassen. Jetzt ist unklar, ob überhaupt getagt werden kann. Zu allem Unglück kommt jetzt noch dazu, dass der Beschluss zum Online-Format der Sitzung, die auch am 30. März in der fraglichen Sitzung fiel, ungültig ist. Dazu ist eine Änderung der Hauptsatzung möglich. Dafür braucht es aber die Mehrheit aller Gemeinderäte (26 Sitze), also 14 Stimmen. Rathaussprecherin Weber: "Im Rahmen der Ausfertigung der Satzungsänderung, also der Unterschrift durch den Oberbürgermeister wurde festgestellt, dass die für die Änderung der Hauptsatzung erforderliche qualifizierte Mehrheit der Stimmen, das heißt die Mehrheit aller Mitglieder des Gemeinderats, nicht erreicht wurde. Diese liegt bei 14 Stimmen. Dem Beschlussvorschlag zur Änderung der Hauptsatzung haben in der Sitzung 13 Mitglieder zugestimmt, bei acht Gegenstimmen und zwei Enthaltungen. Deshalb gilt der Beschlussvorschlag als abgelehnt und die Änderung der Hauptsatzung als nicht beschlossen. Deshalb konnte Oberbürgermeister Peter Rosenberger die Änderung der Hauptsatzung nicht ausfertigen."

Ironie der Geschichte: BiM-Stadtrat Thomas Bauer hätte für das Online-Format gestimmt: "Ich war schon lange dafür, weil mir das Ansteckungsrisiko in der Präsenzsitzung gerade bei den aktuell hohen Zahlen zu hoch war. Deshalb habe ich mich für diese Sitzung entschuldigt! Natürlich hätte ich für das Online-Format gestimmt."

Hat Bauer ein schlechtes Gewissen, weil seine Stimme fehlt?

Der BiM-Stadtrat: "Nö. Wieso? Ich bin erschreckt, dass die anderen Ratsmitglieder die Notwendigkeit der Online-Sitzung nicht erkannt haben. Und diese Notwendigkeit auch nicht sehen. Spätestens jetzt dürfte den Gegnern klar sein, welche fatalen Auswirkungen ihre Ablehnung haben kann. Und ich rechne auch nicht damit, dass bald wieder abgestimmt wird. Das dauert normalerweise Jahre!"

Kann der Gemeinderat jetzt überhaupt noch tagen?

Stadtsprecherin Weber: "Der Landrat hat angekündigt, in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt noch diese Woche für alle Gemeinden im Landkreis Hinweise zu den Hygienekonzepten bei Sitzungen herauszugeben. Dieses werden wir zunächst abwarten. Wir sind dennoch gespannt, ob sich diese Vorgaben von dem bisherigen Konzept in Horb unterscheiden werden, denn bisher konnte uns auch das Landratsamt nicht mitteilen, was wir hätten anders machen können. Der infizierte Stadtrat war nach Angaben des Gesundheitsamtes zum Zeitpunkt der Sitzung in einem sehr ansteckenden Stadium der Infektion. Und dennoch wurde kein Sitzungsteilnehmer positiv getestet. Das bestätigt das Horber Hygienekonzept und das spricht doch sehr für die Hohenberghalle mit ihrem guten Lüftungssystem als geeignetem und sicherem Sitzungsort. Davon sind wir in der Vergangenheit ausgegangen und der aktuelle Fall zeigt uns, dass es wie vorgesehen funktioniert hat."

Das Sozialministerium sagt: Präsenz-Sitzungen sind weiterhin erlaubt. Ein Sprecher: "Die Sitzungen des Gemeinderats unterfallen als Veranstaltungen der kommunalen Selbstverwaltung der in Paragraf 10 Abs. 5 CoronaVO vom 27. März 2021 geregelten Ausnahme von Veranstaltungsverboten. Der Gemeinderat Horb kann daher auch in Präsenz tagen. Für die Mitglieder des Gemeinderats zu beachten sind die allgemeinen Abstandspflichten."

Gibt es vor der Sitzung eine Schnelltest-Pflicht?

Am Mittwoch vergangener Woche sagte OB Rosenberger dem Schwarzwälder Boten: "Es ist richtig und gut, wenn Schüler und Lehrer im Präsenzunterricht zu den Tests verpflichtet werden." Doch im Gemeinderat am Dienstag – einen Tag davor – hatte es diese Testpflicht nicht gegeben. Obwohl das Rathaus 60 Selbst-Schnelltests aus seiner Reserve von 3000 Tests an die Rundtische im Eingangsbereich – wo sonst die Daten eingetragen werden müssen und das Desinfektionsmittel steht – hätte platzieren können. Bei der nächsten Sitzung soll es diese Schnelltest-Möglichkeit geben.

Warum hat der OB keine Schnelltests in der Hohenberghalle verordnet?

Rathaussprecherin Weber: "Es gilt das gleiche wie für alle Bürgerinnen und Bürger unseres Landes: Niemand darf dazu gezwungen werden, sich testen zu lassen. Einem Gemeinderat und auch der Öffentlichkeit darf der Zugang zur Sitzung nicht verwehrt werden, in Abhängigkeit eines vorherigen Test. Von der Corona-Verordnung abgedeckt ist lediglich ein Zugangsverbot für Personen mit Symptomen. Es gibt keine rechtliche Möglichkeit, Gemeinderäte oder die Öffentlichkeit von Sitzungen auszuschließen, die keinen Corona-Schnelltest machen. Das können weder der Oberbürgermeister der Stadt Horb noch der Landrat verfügen. Sondern das muss – so wie die Testpflicht in Schulen auch – das Land gesetzlich regeln!" Ist der OB hier zu vorsichtig? Denn die vom Sozialministerium erwähnte kommunale Selbstverwaltung dürfte ihm als Hausherren auch die Kompetenz geben, eine Schnelltest-Pflicht zu verhängen, heißt es aus gutinformierten Kreisen.

Hat das Kreisgesundheitsamt zu Unrecht die Quarantäne gelockert?

Am Mittwoch wurde der Sitzungsteilnehmer aus Stuttgart als letzter der am Samstag negativ getesteten vom dortigen Gesundheitsamt aus der Quarantäne entlassen. Stadt-Sprecherin Jasmin Bühler: "Im Rahmen der Einzelfallprüfung hat das Stuttgarter Gesundheitsamt zwischenzeitlich nähere Informationen erhalten, insbesondere auch zur Belüftungssituation in den betroffenen Räumlichkeiten. Aufgrund der Einhaltung der Hygienemaßnahmen und der adäquaten Belüftungssituation betrachtet das Gesundheitsamt den Betroffenen nicht als Kontaktperson im Sinne der neuesten RKI-Empfehlungen!" Auch der Landkreis Calw hatte seine Sitzungsteilnehmer aus der zwischenzeitlich verhängten Quarantäne entlassen.