Im Bereich des Busbahnhofs in Horb beleidigte und bedrohte ein Mann im Sommer 2024 ohne Grund immer wieder Passanten. (Archivfoto) Foto: Hopp

Im Frühjahr 2024 griff ein Mann auf seinem Fahrrad immer wieder Passanten verbal an. Vor Gericht wurde nun klar, was in der Bahnhofsszene schon länger bekannt sein soll.

Im Frühjahr und Sommer 2024 war am Bahnhof Horb einiges los. Ein Busfahrer verprügelt einen Fahrgast , Jugendliche schlagen sich und filmen dabei und ein Mann beleidigt und bedroht ohne Gründe immer wieder Passanten . Letzterer musste sich jetzt vor dem Amtsgericht Horb verantworten. Ein Sachverständiger erklärt dort, wie es zu den insgesamt 13 Anklagepunkten gegen den der 57-Jährigen kommen konnte.

 

Ein Beispiel für einen der Vorfälle: An einem Abend im April 2024 beobachtet ein Zeuge auf der gegenüberliegenden Straßenseite vier Jugendliche: drei Mädchen und einen Jungen, die der Angeklagte verbal angreift.

„Die Jugendlichen fühlten sich sichtlich bedrängt und der Junge sagte laut, dass der Mann weggehen soll“, so der Zeuge. Als das nicht fruchtet, winkt er die Vier zu sich. Denn der Angeklagte habe Hausverbot auf dem Gelände der Firma, bei der der Zeuge beschäftigt ist.

Sachverständiger erklärt das Verhalten

Der Angeklagte ruft den weglaufenden Jugendlichen Beleidigungen zu. Entgegen einer Dienstanweisung bringt der Zeuge die Vier zum Schutz ins Firmengebäude. „Ich hau euch auf die Fresse, ich schlag euch tot“, tönt es vom Angeklagten. Der Zeuge alarmiert die Polizei.

Wilhelm Dengler, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie an der Klinik Hohenfreudenstadt, identifizierte bei dem Angeklagten eine manisch-depressive bipolare Störung. Aufgrund einer gereizten Manie sei seine Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt gewesen sein.

In einer gereizten Manie sind Betroffene, anders als bei einer heiteren Manie, nicht euphorisch, sondern angespannt, aggressiv und sozial enthemmt. „Wäre die Manie nicht gewesen, hätte der Angeklagte vielleicht dieselben Gedanken gehabt, aber nicht danach gehandelt“, so der Arzt vor Gericht.

Eigentlich nimmt der Angeklagte Medikamente, die die Manie verhindern sollen. Wie kam es dennoch dazu? Dengler erklärt: Die Versuchung, die Medikamente abzusetzen, sei hoch – Betroffene fühlten sich oft besser und glaubten, sie nicht mehr zu brauchen. Sie würden dabei häufig übersehen, dass gerade dank der Medikation neue Krankheitsepisoden verhindert werden würden.

In der Bahnhofsszene soll das bekannt gewesen sein. Wenn der Angeklagte seine Tabletten nehme, sei alles gut, sonst werde er auffällig, heißt es.

Während der Verhandlung sagt der Angeklagte selbst nicht viel. Aus Scham, so sein Verteidiger. Er gesteht aber die Taten und erspart dem Gericht zwei weitere Verhandlungstage sowie einigen Zeugen die Aussagen. Zudem zeigt er sich einsichtig: „Das war alles daneben, was ich unternommen habe. Das ist ganz alleine meine Schuld, man muss sich vorher überlegen, was man sagt. Ich habe mich an Dingen gestört, an denen es nichts störendes gibt“, sagt er.

Richterin Jennifer Dallas-Buob verurteilte den 57-Jährigen zu neun Monaten Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung auf drei Jahre. Die Auflagen: Ein Bewährungshelfer und 2400 Euro an den Verein zur Förderung der Bewährungshilfe im Landgerichtsbezirk Rottweil.