Drückjagd im Dießener Tal löst heftige Diskussionen aus. "Problematik gibt es seit Jahren".

Horb - 14 Wildschweine, 30 Rehe, 15 Füchse und zwei Hasen. Das Ergebnis der Drückjagd, die am Samstag im Dießener Tal stattfand, ist schnell aufgezählt. Zählen lassen sich zurzeit aber auch die Jagdgegner, die im Internet gegen die Drückjagd bei Horb und die Jagd schlechthin wettern.

»Dass es sich bei Treibjagden um reine Hobbyveranstaltungen handelt, sieht man daran, dass Beteiligte sogar aus Pforzheim anreisen um daran teilzunehmen«, schreibt ein Online-Leser des Schwarzwälder Boten. Weitere Fragen werden aufgeworfen: Mit welcher Begründung wird der Wald für den Rest der Bevölkerung gesperrt? Anderen Online-Lesern graut es vor jeder Art von Jagd auf Tiere. Im wütenden Tonfall schreiben sie von einem grausamem Hobby, das nicht der Hege und Pflege diene, sondern Schäden anrichte. Nämlich durch Bleikugeln im Boden, versehentliche Abschüsse von Haustieren oder die angeblich qualvolle Abrichtung von Jagdhunden. Aber stimmt’s?

Und wie gefährlich sind eigentlich Wildschweine? In der Diskussion gehen die Meinungen auseinander. Ein Jagdbefürworter schreibt: »Wir sorgen für die Erhaltung des natürlichen Gleichgewichts. Würden wir dieses nicht tun, dann will ich euch sehen, wenn ihr morgens aus dem Haus geht und euch eine Rotte Sauen vor der Haustüre auflungert und euch angreift.«

»Wir verstecken uns nicht vor der Öffentlichkeit«

Ganz anders ein Jagdgegner: »Ich bin draußen x-mal Sauen begegnet die letzten Jahre, oft nur in wenigen Metern Abstand. Nie Probleme, man kann sich eben auch ohne Flinte und Jagdhund arrangieren.«
Die Zahl der Briefschreiber und Abstimmer deutet auf ein beidseitiges Frustpotenzial. Ein Sonderfall im Kreis Freudenstadt oder im Raum Horb? Warum wird so heftig gestritten?

Für das Horber Ärzteehepaar-Rebholz (der Jäger Rudolf Rebholz hat das Revier Dießen 1/Schlattwald und ist einer der Organisatoren der Drückjagd) sind die Proteste nichts Neues. Margarete Rebholz: »Die Problematik gibt es seit Jahren. Sie verläuft in Wellen, mal mehr, mal weniger.« Für sie ist klar: »Wir verstecken uns nicht vor der Öffentlichkeit. Die Regulierung des Wildbestandes in einer Kulturlandschaft ist wichtig.«

Dass öffentliche Infoveranstaltungen zum Thema Jagd vielleicht helfen würden, Vorurteile abzubauen, räumt Rebholz ein. Sie werde diese Idee weitergeben. »Wir leisten in der Forstpflege viele Arbeiten, die in der Öffentlichkeit weniger gesehen werden.«

Im Freudenstädter Landratsamt sind bislang keine Proteste bekannt. »Ich bin schon seit zehn Jahren im Amt, und seither ist so etwas noch nie aufgetaucht«, sagt Peter Kuptz, Leiter des Amtes für Verkehr und Ordnung, der auch fürs Jagdamt zuständig ist.

Beschränken sich die Jagdproteste auf den Ostkreis? Margarete Rebholz glaubt nicht, dass der Protest gegen die Jagd für Horb und Umland typisch ist. Und doch gibt es für sie eine Faustregel: »Je verwurzelter die Dorfbevölkerung, desto weniger Proteste.« Anders in Stadtnähe. Dort komme es vor, dass Hochsitze angesägt werden. »Es gibt militante Jagdgegner, die vor nichts zurückschrecken«, so Rebholz.

Aus Sicht der Förster in Horb ist die Jagd wichtig, um die gewohnte Waldbewirtschaftung zu sichern. »Mit Schutzzäunen lässt sich das nicht verwirklichen. Und wir wollen das Wild ja nicht ausschließen«, sagt Walter Bäder von der Horber Außenstelle des Kreisforstamtes. Die Förster argumentieren: Zu viele Wildtiere verursachen Fressschäden an jungen Bäumen – was dazu führt, dass der Wald nicht aus eigener Kraft nachwachsen kann. Kommunen, Forstämter und das Kreisjagdamt legen deshalb gemeinsam Abschlusspläne fest, und Bäder lässt keinen Zweifel daran: »Ziel ist«, dass diese Pläne erfüllt werden.«

Und wie steht der Naturschutzbund zur Jagd? Wer denkt, hier trifft man auf massive Gegenwehr, irrt sich. »Ich bin kein Gegner der Jagd«, sagt Eberhard Kläger, Vorsitzender der NABU-Ortsgruppe Eutingen. Im Verein seien auch einige Jäger Mitglieder. »Das eine schließt das andere nicht aus. Es gibt den ökologischen Jagdverband (ÖJV), dem wir eher nahe stehen.« Sein Horber Kollege Eckhard Kiefer hat eine ähnliche Meinung zur Jagd. »Zum Schutz der Artenvielfalt und für das Gleichgewicht in der Natur ist die Jagd notwendig.« Deswegen sei eine gebündelte Drückjagd wie im Dießener Tal akzeptabel. Mit Rudolf Rebholz habe man einen kompetenten Organisator.

Also nur heile Jagd-Welt? Nicht ganz. »Wir sprechen uns ganz klar gegen Anfütterung der Tiere, die so genannte Kirrung aus«, erklärt NABU-Mann Eberhard Kläger. Auch die Verwendung von Bleischrot sei zu kritisieren, weil unter anderem Vergiftungen von Greifvögeln drohen würden.