Mehrmals sollen die Angeklagten wertvolle Parfums gestohlen haben. Foto: © Miahil – stock.adobe.com

Zwei Anklagepunkte vorläufig fallen gelassen. "Ganz erhebliche Beweisprobleme".

Horb/Rottweil - Es geht um Diebstahl aus einer Drogeriemarkt-Kette. Mehrmals, so die Staatsanwaltschaft vor dem Amtsgericht Horb, hätten die drei Angeklagten aus Filialen von Müller-Markt wertvolle Parfums gestohlen – einmal soll das Diebesgut einen Wert von mehr als 3000 Euro gehabt haben.

"Schwerer gemeinschaftlicher Bandendiebstahl" lautet denn die Anklage, insgesamt handelt es sich um vier Anklagepunkte, zunächst sind zehn Zeugen geladen.

Weil im Amtsgericht in Horb kein Saal groß genug ist, um zwischen allen Prozessbeteiligten den gebotenen Corona-Abstand zu wahren, musste der Prozess nach Rottweil umziehen. Es drohte ein langes und schwieriges Verfahren – doch am Ende kam es ganz anders.

Bandendiebstahl oder doch nur Ladendiebstahl – das war hier die Frage? Um es vorwegzunehmen: Die Urteile fielen eher glimpflich aus.

Doch der Reihe nach: Der Prozess begann mit Geplänkel. Eine Verteidigerin forderte, dass den Angeklagten die Fußfesseln abgenommen werden. Richter Albert Trick lehnt zunächst ab: "Ich sehe da keine große Beschränkung."

3000 Euro-Wert gestohlen

Doch die Rechtsanwältin Olga Sommer insistiert: Fußfesseln im Gerichtssaal seien nur in Ausnahmefällen vorgesehen. Als ihr ein weiterer Verteidiger beispringt, gibt Richter Trick nach, den drei Männern auf der Anklagebank werden die Fußfesseln abgenommen, Staatsanwalt Frank Grundke kann mit der Verlesung der Anklageschrift beginnen.

Die drei Männer auf der Anklagebank kommen aus Georgien, sind zwischen 24 und 30 Jahre alt und sitzen seit fünf Monaten in Untersuchungshaft. Im vergangenen April sollen sie aus der Drogerie-Kette in Schwenningen "in arbeitsteiligen Vorgehen", so der Staatsanwalt, mehrere Chanel-Parfum-Flakons gestohlen haben – mit einem Wert von mehr als 1500 Euro.

Unmittelbar danach seien sie im Drogerie-Markt in Donaueschingen gewesen, diesmal mit einem eigens präparierten Rucksack – doch diesmal seien sie gestört worden und mussten ohne Diebesgut das Weite suchen, so der Staatsanwalt.

Bei zwei weiteren Straftaten , die im Mai ebenfalls kurz hintereinander in Horb und Lahr erfolgten, seien Parfums im Wert von mehr als 3000 und fast 700 Euro gestohlen worden. "Gewerblicher Bandendiebstahl", so der Staatsanwalt. Zwei der drei Angeklagten sind vorbestraft.

Doch die Anklage hat einen Haken, der offenbar allen Prozessbeteiligten bewusst ist. Es gebe "ganz erhebliche Beweisprobleme", wie es einer der Verteidiger formuliert.

Das auf zwei Tage angesetzte Verfahren, droht lang und schwierig zu werden. Damit der Prozess zu "Potte" kommt ist gleich zu Beginn denn von einer möglichen "Verständigung" die Rede. Damit der Prozess zügig vorangeht, soll auf die Strafverfolgung der ersten beiden Anklagepunkte verzichtet werden – gleichsam im Gegenzug sollen sich die Angeklagte geständig zeigen. "Eine solche Verständigung ist gar nicht selten in derartigen Prozessen", erklärt ein Verteidiger die Prozedur.

Zweimal zieht sich das Gericht zu Beratungen zurück, schließlich verliest Richter Trick den Kern der Vereinbarung:

Zwei Anklagepunkte werden vorläufig eingestellt, für die anderen Taten jeweils Unter- und Obergrenzen für eine Verurteilung festgelegt.

Minderschwerer Bandendiebstahl

Zur Begründung des Vorgehens meint Richter Trick: "Wir haben uns ganz offen über die Beweislage unterhalten." Voraussetzung sei das Geständnis der Angeklagten. Auch Staatsanwalt Grundke stimmt zu, "auch wenn es mir schwerfällt." Die Verteidiger bestätigen das Geständnis der Mandanten. Richter Trick: "Damit ist eine Verständigung zustande gekommen."

Danach geht alles ganz schnell, zwei Kriminalbeamte berichten über den Einsatz im Mai in Horb, dem Fund der Parfum-Flakons, "alle drei Personen wurden vorläufig festgenommen."

Mit hörbarer Erleichterung meint denn Staatsanwalt Grundke in seinem Plädoyer, man sei "in relativ kurzer Zeit ans Ende einer schwierigen Beweisaufnahme gekommen." Angesichts der alles in allem eher "relativ geringen Beute" könne man von minderschweren Bandendiebstahl ausgehen, als strafmildernd gelten auch die Geständnisse.

Dennoch: "Wir haben es mit organisierter Kriminalität zu tun." Für die beiden Vorbestraften fordert er jeweils ein Jahr und vier Monate Haft ohne Bewährung, für den nicht vorbestraften Mann ein Jahr Haft mit Bewährung.

Richter Trick ist da noch ein bisschen milder: Jeweils ein Jahr Haft für die Vorbestraften, für den dritten Angeklagten zehn Monate mit Bewährung, da dieser schon seit fünf Monaten in Untersuchungshaft sitze, komme er nunmehr auf freien Fuß. Fazit des Richters: Zwar handele sich um gemeinschaftlichen Bandendiebstahl, doch "letztlich gesehen" handele es sich auch um "Ladendiebstahl".