Horb/Rottweil - Neue Züge, neuer Fahrplan, engerer Fahrplantakt und eine weitere Abendverbindung. Auf der Gäubahn tut sich was. Am Freitag wurden die neuen Züge in Horb vorgestellt, zwei davon auf regionale Namen getauft. Eine Aufgabe bleibt bestehen.

Teppichboden, gepolsterte Sitze, Beinfreiheit wie in einem ICE. Es gibt ein Abteil für Kleinkinder, sowohl in der ersten als auch in der zweiten Klasse werden Getränke und Snacks serviert. So sieht die nahe Zukunft auf der Gäubahn aus, wenn man in einen Intercity 2 einsteigt. Dieser wird mit dem Wechsel des Fahrplans am 10. Dezember auf der Gäubahn zwischen Stuttgart und Singen eingesetzt.

Das neue Angebotskonzept von Bahn und Land verspricht viele Neuerungen und Verbesserungen. Es gibt aber auch einen Nachteil. Die durchgängige Verbindung nach Zürich ist in diesen Zügen noch nicht möglich. In Singen müssen die Fahrgäste umsteigen. Dies soll aber mit einer technischen Umrüstung voraussichtlich ab Ende 2019 anders werden. Dann kann man bis in die Schweiz hinein im IC 2 sitzen bleiben.

Auch der zweite Zugtyp kann sich sehen lassen. Zwischen Stuttgart und Rottweil sowie Freudenstadt verkehren ab dem 10. Dezember alle Regionalverkehrszüge mit Fahrzeugen der Bombardier Baureihe Talent 2. Diese verfügen über 215 Sitz- und 30 Fahrradabstellplätze je Fahrzeug. Es gibt Klimaanlage, Klapptische, Steckdosen sowie Videokameras. In die Sitzbezüge sind die Löwen des Landeswappens gestickt, die Züge selbst sind in einem einheitlichen Landesdesign gestaltet.

Es wird klar: Die Gäubahn kommt raus aus der Schmuddelecke

Am Freitagmorgen gibt es eine Sonderfahrt mit dem IC 2 vom Stuttgarter Hauptbahnhof über Böblingen nach Horb. In Horb warten Bürgermeister Ralph Zimmermann und eine Abordnung des Stadtverbandsorchesters, die nicht nur den Marsch "Schönes Prag" im Programm hat, sondern sowohl das Badnerlied als auch das Württemberger Lied zu intonieren weiß. So etwas fällt natürlich auch Landesverkehrsminister Winfried Hermann wohlwollend auf.

Horb ist nicht ganz zufällig Haltestation am Freitagmorgen. In der Stadt am Neckar werden jeweils ein Zug der IC 2-Reihe und der Talent 2-Reihe auf die Namen "Oberer Neckar" und "Horb a. N.ckar" getauft. Die Teilnahme an dieser Feierstunde ist für die Bahnvertreter eine willkommene Abwechslung, nachdem sie in den vergangenen Tagen öffentlich Prügel bezogen haben für weiter ausufernde Kosten und zeitliche Verzögerungen beim Bau des Tiefbahnhofs S 21 in Stuttgart.

Michael Peterson, Vorstand Marketing DB Fernverkehr, der DB-Konzernbevollmächtigte Sven Hantel, der Regionalleiter bei DB Regio Andreas Pfingst – sie sind gerne angereist, um die Vorzüge der neuen Züge und des neuen Konzepts in den Vordergrund zu rücken.

Minister Hermann und Hans-Joachim Fuchtel, parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und Abgeordneter aus dem Wahlkreis Calw/Freudenstadt, pflichten dem bei. Sie erinnern aber auch, dass weitere Verbesserungen auf der Gäubahn folgen müssten und dies in einem höheren Tempo als bislang gezeigt.

Die Vorzüge gelten ab dem 10. Dezember. Dann tritt der Interimsfahrplan auf der Gäubahn in Kraft. Spätestens in zehn Jahren will die Landesregierung, die durch einen finanziellen Zuschuss die Fernverkehrsrelation sichergestellt hat, nicht nur den Komfort verbessert sehen, sondern mehr Geschwindigkeit in die Verbindung hineinbringen.

Viele kleine Schritte hin zu einer Verbesserung sind getan worden, ein großer Schritt steht noch aus: das zweite Gleis. Mit diesem Thema befasst sich die Versammlung des Interessensverbandes Gäubahn auf seiner Sitzung am Montag. Von der euphorischen Stimmung, die am Freitag in Horb geherrscht hat, dürfte in der Sitzung am Montag nicht viel zu spüren sein. In einem Schreiben an die Verbandsmitglieder heißt es ernüchtert in Bezug auf den Gäubahnausbau, dass das Planfeststellungsverfahren für Horb-Neckarhausen nach nunmehr acht Jahren immer noch nicht abgeschlossen sei.

Zudem eröffnet sich ein neues Konfliktfeld. Die Planungen für die Anbindung der Gäubahn an Flughafen und Messe befänden sich erst im Anhörungsverfahren. Unter anderem geht es darum, ob die Panoramastrecke, die in einem Bogen um Stuttgart herumführt und interessante Aussichten auf Stuttgart ermöglicht, im Zuge der Realisierung von S 21 beibehalten werden kann. Die Bahn hat andere Pläne.

Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, Daniel Renkonen, jedenfalls zeigt sich am Freitagmorgen beeindruckt, als er während der Zugfahrt den Blick nach draußen schweifen lässt. Hier scheint das letzte Wort noch nicht gesprochen zu sein.

 Kommentar: Mehr Tempo

Von Armin Schulz

Ist das Glas nun halb voll oder halb leer? Bei der Gäubahn fällt die Antwort so aus: Das Glas füllt sich, nachdem es in den vergangenen Jahren immer leerer geworden ist. Die neuen Züge und die neuen Verbindungen, die ab Mitte Dezember gelten, sind für die Zuggäste an den Haltepunkten Rottweil, Oberndorf, Sulz, Horb und Freudenstadt ein Gewinn.

IC 2 und Talent 2 sind kein Vergleich mehr zu früher, als die Bahn Waggons einsetzte, die so sauber waren wie Dieselpartikelfilter nach Tausenden von Kilometern auf der Strecke. Aber da muss mehr möglich sein, aufs Tempo kommt es an: Nötig sind schnelle Verbindungen, um mehr Reisende von der Straße in die Züge zu bekommen. Die Deutsche Bahn und das Bundesverkehrsministerium haben das Thema viele Jahre abweisend behandelt. Ein Umdenken ist notwendig. Ansonsten verpuffen die Effekte.

Info: Neu auf der Gäubahn

Fernverkehr: Auf der Gäubahn startet das gemeinsam mit dem Land Baden-Württemberg und den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) vereinbarte Angebotskonzept: Die IC-Verbindungen zwischen Stuttgart, Singen und Zürich verdoppeln sich auf einen Stundentakt. Dabei verkehren alle zwei Stunden die neuen Intercity- 2-Züge zwischen Stuttgart und Singen mit Anschluss nach Zürich im Wechsel mit durchgehenden IC-Zügen (mit Wagen der SBB) von Stuttgart nach Zürich.

Die Intercity 2-Züge ersetzen die zweistündlichen RE-Züge Stuttgart–Singen und bedienen deswegen auch Zwischenhalte wie Herrenberg. In den IC-Zügen zwischen Stuttgart, Singen und Konstanz werden alle Nahverkehrstickets anerkannt. Auch Fahrräder können nach vorheriger Reservierung mitgenommen werden.

Voraussichtlich ab Ende 2019 fahren dann die Intercity zweistündlich und umsteigefrei bis nach Zürich. Neu ab Fahrplanwechsel gibt es täglich auch vier IC-Direktverbindungen zwischen Stuttgart und Konstanz: morgens und nachmittags ab Konstanz, nachmittags und abends von Stuttgart retour.

Regionalverkehr: Mit der Inbetriebnahme Netz 3b (Gäu-Murr) Stuttgart–Eutingen im Gäu ab Fahrplanwechsel verkehren alle RE-Züge zwischen Stuttgart und Rottweil sowie Freudenstadt mit Fahrzeugen der Bombardier Baureihe Talent 2. Diese verfügen über 215 Sitz- und 30 Fahrradstellplätze je Fahrzeug. Die Fahrzeuge verfügen unter anderem über Klimaanlagen, Klapptische, Steckdosen sowie Videokameras und sind im einheitlichen Landesdesign unterwegs.