Früher Firmenareal, heute noch Familiensitz und morgen auch Flüchtlingsunterkunft? Das Riese-Angebot ist noch offen. Foto: Hopp

Kehrtwende bei der Flüchtlingsunterbringung. Riesen-Ärger um das Riese-Angebot. Landratsamt weist Vorwürfe zurück.

Horb - Kehrtwende bei der Flüchtlingsunterbringung: Oliver Riese will sein Firmengebäude auch der Stadt anbieten. Er befürchtet nämlich, dass sein Haus sonst leer bleiben würde.
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Der Landkreis plant, bei Riese zwischen 150 und 223 Flüchtlinge in einer Erstaufnahme unterzubringen. Am kommenden Montag, so Riese, sollen die eigentlichen Verhandlungen über die Konditionen beginnen. Der Unternehmer: »Der Termin, bei dem erstmals über die Kostenkalkulation ganz offen zwischen Mieter und Vermieter gesprochen werden soll, der vier Mal vom Landrat in den letzten zwei Wochen verschoben wurde, findet nun am Montag, 21. Dezember, nachmittags erstmalig statt.«

Hinter dem Vorstoß steckt Rieses Befürchtung, dass er am Ende leer ausgeht und die Häuser bei der Roßbergschule gebaut werden. Er spricht sogar von »Hetze« gegen sein Angebot. Riese: »So nannte Landrat Rückert gegenüber dem Kreisrat Michael Theurer, dass ›Herr Riese viel zu teuer baut, zum Beispiel ein Kinderspielzimmer, was keiner will‹. Was soll das, wenn man weiß, dass einerseits die Regeln für Flüchtlingsgemeinschaftsunterkünfte in dieser Größenordnung dies vorschreiben und anderseits ja alle Details mit den zuständigen Stellen im Landratsamt so abgestimmt wurden.«
Widersprüchliches über abgesagte Termine

Riese glaubt, dass seine Räumlichkeiten schnell fertig sind und dass man dadurch den Druck von Horb nehmen können, das sonst das »städtebaulich wichtige Grundstück auf dem Hohenberg ad hoc einem Flüchtlingsdorf opfern muss. Wahrscheinlich wird dies dann so gar nicht mehr benötigt.«

Riese will deshalb die Räumlichkeiten der insolvent gegangenen Firma electronic Riese auch der Stadt anbieten. Die Stadt könne das Objekt auch als Anschlussunterbringung nutzen.

Der neue Vorstoß von Oliver Riese. Das Rathaus reagiert überrascht. OB Peter Rosenberger zum Schwarzwälder Boten: »Es ist skurril, dass der Unternehmer offenbar über die Medien die Vertragsverhandlungen forcieren will. Ich kann mir nicht erklären, warum Herr Riese leichtfertig mit dieser Erklärung die Verhandlungen mit dem Landkreis aufs Spiel setzt.«

Zwar habe er einen Gesprächstermin mit Oliver Riese am kommenden Dienstag. Rosenberger: »Den hatte der Unternehmer zwei Mal wegen Krankheit abgesagt. Mir ist bisher nicht bekannt, dass Herr Riese dieses Thema als Gesprächsinhalt wünscht.«

Das Stadtoberhaupt dementiert auch noch einmal Parallel-Verhandlungen über eine Flüchtlingsunterkunft mit Riese mit folgendem Satz: »So etwas ist nicht das übliche Geschäftsgebaren der Stadt.«

Und auch das Landratsamt reagiert säuerlich. Landkreissprecherin Sabine Eisele: »Der Landrat versteht die öffentliche Attacke von Herrn Riese auf seine Mitarbeiter und sich nicht. Von unserer Seite wurde absolut korrekt gehandelt.«

Die Verzögerung in den Verhandlungen begründet das Landratsamt: »Tatsache ist auch, dass sich diese Verhandlungen solange hingezogen haben, weil wesentliche, zur Erstellung eines Mietvertragsentwurfs unabdingbare Unterlagen bis vor Kurzem nicht vorlagen, wofür die Landkreisverwaltung nicht verantwortlich ist. Bis heute ist nicht eindeutig geklärt, ob mit der insolventen Riese GmbH & Co. KG ein Vertragsabschluss rechtlich überhaupt möglich ist. Diesbezügliche Informationen von Herrn Riese waren widersprüchlich. Auf unsere Bitte, uns seine Mietpreisvorstellungen zu nennen, haben wir bis zur Stunde keinerlei Antwort. Zugunsten von Herrn Riese hat das Landratsamt darauf verzichtet, mit dem Zwangsverwalter zu verhandeln, obwohl mit diesem ein schnellerer Vertragsabschluss zu erwarten gewesen wäre.«

Noch konkreter, so Eisele: Die Verzögerungen seien offenbar von Riese zu verantworten. Die Landkreissprecherin: »Von uns wurde kein Termin zur Mietpreisverhandlung verschoben. Im Gegenteil: Der Erste Landesbeamte und Sozialamtsleiter Bornhauser haben am 19. Oktober mit Herrn Riese ein ausführliches Gespräch geführt, bei dem Herr Riese auf Nachfrage nicht bereit war, seine Mietpreisvorstellungen zu nennen.«

Offenbar könnten diese neuen Vorwürfe von Oliver Riese dazu führen, dass der Landkreis die Verhandlungen abbricht. Eisele dazu: »Bisher war für Montagnachmittag ein Termin zur Verhandlung des Mietpreises vorgesehen. Landrat Dr. Rückert legt Wert darauf, festzuhalten, dass er zu diesem Termin bereit war, obwohl im Vorfeld keinerlei Mietpreisvorstellungen von Herrn Riese genannt wurden, was absolut geschäftsunüblich und bei keiner Anmietung des Landkreises bisher jemals vorgekommen ist.«

Kreis braucht beide Horber Varianten

Fakt ist, dass der Landkreis eigentlich auch die Räumlichkeiten gut gebrauchen kann. Eisele: »Tatsache ist, dass das Landratsamt sowohl die Unterkunft bei Herrn Riese als auch die Neubauten auf dem Hohenberg angesichts des derzeitigen Neuzugangs von 240 Flüchtlingen jeden Monat dringend benötigt. Angesichts der wenigen Abschiebungen und freiwilligen Rückreisen verbleibt hiervor derzeit der Großteil in den Unterkünften des Landkreises. Rund 450 der Flüchtlinge in unseren Unterkünften konnten bisher noch keinen Asylantrag stellen, weshalb von einer Verkürzung der Verfahrensdauer zumindest für die bereits im Landkreis befindlichen Flüchtlinge keine Rede sein kann.«