Bianca Brissaud, Leiterin der Altheimer Werkrealschule. Foto: Müssigmann

Schulleiterin der Werkrealschule Altheim verbucht Hotpants-Diskussion als Erfahrung für Lehrer und Schüler.

Horb - Der Trubel um das Hotpants-Verbot ist vorbei, die Schulleiterin der Altheimer Werkrealschule und ihr Kollegium atmen auf. Im Rückblick sagt sie, würde sie den Elternbrief aber fast genau so noch einmal abschicken.

Frau Brissaud, werden an Ihrer Schule jetzt noch Hotpants getragen?

Ja, die normalen schon. Wir haben ja nur was gegen die, die einem Stringtanga in nichts nachstehen.

Wie oft mussten Sie das T-Shirt wegen unangemessener Kleidung schon verteilen?

Noch nie.

Wie hat sich die medial geführte Diskussion zum Verbot auf ihre Schüler ausgewirkt?

Durch den Medienrummel haben wir nur noch über die Verbreitung von Nachrichten im Internet  geredet. Manche Schüler waren erschrocken, wie schnell und wie weit sich der Elternbrief verbreitet hat. Andere fanden es cool, dass ihre Schule für ein paar Tage berühmt war. Die Kleiderordnung war als Thema gar nicht mehr präsent.

Sie haben in den ersten Tagen berichtet, dass Schülerinnen zu ihnen gekommen seien, die als Reaktion auf das Verbot gesagt hätten: "Wir sind doch keine Schlampen!" Den Schülerinnen wurde offenbar in der Diskussion vermittelt, dass Hotpants mit diesem Image zusammenhängt.

Unsere Schülerinnen wurden außerhalb der Schule gefragt, ob sie den so "schlampig" rumliefen, dass ein Hotpants-Verbot nötig sei. Sie haben sich dadurch beleidigt gefühlt. Eigentlich wollten wir ursprünglich keine Diskussion über Sexualisierung führen. Wir wollten den Kindern zeigen, dass die Möglichkeiten sich zu kleiden manchmal begrenzt sind, zum Beispiel in der Arbeitswelt, auf die wir sie ja vorbereiten. Das betrifft Jungs wie Mädchen, das betone ich inzwischen stark.

Feministinnen haben sich daran gestört, dass Sie Hotpants - also Mädchenkleidung - als Beispiel im Elternbrief genannt haben. Mädchen werde durch das Verbot vermittelt, dass sie an möglichen sexuellen Übergriffen selbst schuld seien - wegen "aufreizender" Kleidung.

Die Mädchen wollen hübsch sein, vielleicht auch dem ein oder anderen Jungen gefallen. Dass der Begriff "Schlampen" für Mädchen mit kurzer Kleidung gewählt wurde, zeigt aber, dass ein Outfit von der Gesellschaft anders aufgegriffen wird, als es von dem Mädchen gedacht war. Die weitergehende Frage ist, ob man jemanden seiner Kleidung zufolge mit so einem Urteil belegen darf. Ich meine: Das darf nicht sein. Aber dafür braucht es einen gesellschaftlichen Wandel. Den herbeizuführen, das steht nicht in unserer Macht. Wir wollten einfach nur erreichen, dass Schüler verstehen, dass sie mit Kleidung Signale aussenden.

Bereuen Sie, den Elternbrief geschrieben zu haben?

Den Elternbrief würde ich immer noch schreiben. Allerdings würde ich unten draufschreiben, dass sich die Eltern bei Rückfragen an mich wenden können. Mir wäre es lieber gewesen, wenn man erst mal bei mir angefragt hätte, bevor der Brief ins Netz gestellt wird. Mich wundert allerdings, dass der Brief öffentlich gemacht wurde, weil ich nie was negatives von Eltern oder Schülern gehört habe.

Ihre Bilanz der vergangenen zwei Wochen?

Das war eine Erfahrung, die so nicht jeder macht. Wenn wir an der Schule jetzt über Medien sprechen und den Schülern sagen, passt auf, was ihr ins Netz stellt, das kann außer Kontrolle geraten, dann glaubt man uns das jetzt. Wir haben hier an der Schule alle gemerkt: Wir hatten die Sache nicht mehr im Griff, aber müssen das beste draus machen.

Seite 2: Kleiderordnung

Im nächsten Schuljahr wird die Kleiderordnung ausgearbeitet, die im Elternbrief von Schulleiterin Bianca Brissaud angekündigt war. Anfang des Schuljahres beschäftigen sich Brissauds  Angaben zufolge alle Klassen mit dem Thema und entsenden dann zwei oder drei Schüler in das Schulteam. Dieses Team wird die  eine Elternumfrage machen, mit den Lehrern sprechen und die Schüleranregungen berücksichtigen, wenn sie die  Kleiderordnung aufschreiben.  Am Ende muss die ganze Schule abstimmen, ob  diese Kleiderordnung angenommen wird oder nicht. Jede Schüler- und jede Lehrerstimmen haben bei der Abstimmung den gleichen Wert.