In der Nähe des bekannten Biergartens Rauschbart führt die Brücke über den Neckar an Horb vorbei in Richtung Nordstetten und zur A 81. Foto: Computer-Animation: Stadt Horb

Lang ersehnte Entlastung der Stadt führt auf Ost-West-Achse in Schwarzwald. Baukosten rund 50 Millionen Euro.

Horb - Für Fußgänger und Autofahrer ist diese Altstadt seit Jahren ein Alptraum. Das Warten auf grünes Licht an mehreren Ampeln nervt. Dazu der allgegenwärtige Motorenlärm, der Dieselgestank der Lastwagen und die Hupkonzerte, wenn wieder einmal wegen Eindränglern Zufahrten versperrt sind oder haltende Autos Staus auslösen. In Horb (Kreis Freudenstadt) wird nun am Freitagnachmittag der Spatenstich für die Hochbrücke vollzogen. Sie wird den Autobahnanschluss Horb mit der B 28 Richtung Schwarzwald verbinden. Wenn sie fertig ist, fließt ein Großteil des Verkehrs nicht mehr mitten durch Horbs Altstadt

Kern des seit Jahren bekannten Problems: Wer von der Autobahn  81 bei Horb abfährt, weil er beispielsweise nach Freudenstadt, nach Frankreich, in die Ortenau oder auf die Schwarzwald-Hochstraße nach Baden-Baden fahren will, der muss erst einmal mitten durch Horb. Täglich sind das rund 20.000 Fahrzeuge, 75 Prozent davon, so versprechen die Prognosen, werden künftig über die Hochbrücke das Neckartal überqueren und dann in Richtung Freudenstadt, Nagold oder Gäu weiterfahren – auf der B 28, die bis auf einen Abschnitt vor Horb und einen geplanten Tunnel in Freudenstadt schon ausgebaut ist. Viele Horber hoffen vor allem auf Verkehrsentlastung.

Kommunalpolitisches Thema Nummer eins

Deshalb war die Hochbrücke Jahrzehnte lang kommunalpolitisches Thema Nummer eins. Frühzeitig erkannte das Michael Theurer, heutiger FDP-Bundestagsabgeordneter und von 1995 bis 2009 Horbs Oberbürgermeister. Mit ihm wurde die Stadt Horb zur treibenden Kraft in Sachen Hochbrücke. Vorher hatte schon ein parteiübergreifendes Brückenbündnis mit Daniel Wochner (FDP), Dieter Rominger-Seyrich (SPD) und Kristina Sauter (Bündnis 90/Die Grünen) in einer breiten Bürgerbeteiligung für das Projekt gekämpft. Theurer und örtliche Unternehmen schlugen dem Gemeinderat die Mitfinanzierung der Planungskosten der Hochbrücke vor. Der Stadtrat sagte Ja; eine Million Euro aus der Stadtkasse floss in die Planung.

Ein entscheidender Schritt. Denn durch den finanziellen Eigenbetrag der Stadt Horb war es dem Bundesverkehrsministerium Anfang des Jahres 2008 möglich geworden, die Planungen für die Ortsumgehung Horb und die Hochbrücke Horb aufzunehmen. Die ersten Planungs- und Untersuchungsergebnisse wurden in einer öffentlichen Bürgerversammlung Ende April 2009 vorgestellt.

Theurer blieb auch nach seiner Zeit als OB am Ball und hatte parteiübergreifende Verstärkung: von seinem OB-Nachfolger Peter Rosenberger und Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel (beide CDU). Die SPD-Bundestagsabgeordnete Renate Gradistanac war es, die aus Berlin die Nachricht übermittelte, dass im Januar 2010 dem Verkehrs-Ministerium der Vorentwurf zur Erteilung des Gesehenvermerks vorgelegt wird – eine kleine Einzelheit im großen Prozedere, die zeigte, mit wie viel politischem Druck die Realisierung der Brücke inzwischen verfolgt wurde.

Viele glaubten nicht mehr an die Brücke

Doch erst im April 2018 kam der große Jubel: Die Hochbrücke kommt, Baubeginn noch in diesem Jahr. Fuchtel, jetzt Staatssekretär für Ernährung und Landwirtschaft und CDU-Bundestagsabgeordneter der Landkreise Freudenstadt und Calw, verkündete, dass die Baufreigabe für die Hochbrücke erfolgt. Er konnte auch melden, dass die Baukosten für die Hochbrücke schon fest im Verkehrsetat berücksichtigt wurden, obwohl die damals frisch formierte Groko ihn noch gar nicht verabschiedet hatte.

Seit Ende 2017 hatten bereits vorbereitende Arbeiten wie Grunderwerb, Rodungsarbeiten und Ausführungsplanung stattgefunden – doch das war nach Jahrzehnte langen Wartens mit Skepsis wahrgenommen worden. In Horb glaubten viele nicht mehr an die Brücke.

Aus CDU-Kreisen verlautete, dass es am Schluss dem heftigen Druck Fuchtels zu verdanken war, dass die Brücke kommt. Dieser sagte im April dazu auf Anfrage unserer Zeitung: "Seit 1987 sitze ich im Bundestag. Als die Entscheidung für die Hochbrücke gefallen ist, habe ich mich als Demokrat der Geschäftslage gestellt. Und ich habe es als meine Aufgabe gesehen, so früh wie möglich die Umsetzung voranzutreiben. Insofern hat die Hochbrücke einen nennenswerten Anteil an meiner Arbeitszeit im Bundestag und Ministerium eingenommen."

Doch auch Theurer, inzwischen Bundestagsabgeordneter, hatte die Hochbrücke nicht vergessen und in seiner neuen Position in Berlin Gelegenheiten genützt. Theurer: "Jedes Mal, wenn Landesverkehrsminister Winfried Hermann mich sieht, sagt er als Erstes: ›die Brücke!‹"

Info: Das Vorhaben

Die Baukosten sind im Bundesverkehrswegeplan mit 50 Millionen Euro beziffert. Der Bau dauert zirka fünf Jahre. Die letzte Lücke ist der Anschluss der Brücke an die B 28 – dort ist noch ein alter Bahnübergang und eine enge zweispurige, kurvige Straße zu ersetzten.