Schnelle Züge, langsame Strecke: Die DB will ihre Probleme beim Fernverkehr auf der Gäubahn mit Hilfe der Schweizerischen Bundesbahnen lösen. Quelle: Unbekannt

Horb - Sind die ICE-Haltepunkte an der Gäubahn zwischen Singen und Stuttgart vielleicht gar nicht so wichtig? Der Verkehrsclub Deutschland fordert eine Neukonzeption für die Gäubahn

Horb - Sind die ICE-Haltepunkte an der Gäubahn zwischen Singen und Stuttgart vielleicht gar nicht so wichtig? Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) fordert eine Neukonzeption für die Gäubahn und sieht im Wegfall der ICE-Verbindungen auch Chancen.

Die Deutsche Bahn AG will den ICE-Verkehr auf der Gäubahn ab 21. März ganz einstellen. Hintergrund sind technische Probleme mit dem Neigetechnik-Intercity-Express, die zu erheblichen Verspätungen führten. Nun sollen lokbespannte Züge der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) bis Ende des Jahres den Zweistundentakt des Fernverkehrs auf der Gäubahn sichern.

Der VCD sieht in dieser Konstellation neue Chancen. Der Umwelt- und Verbraucherverband fordert ein neues Fahrplankonzept für den Schienenfernverkehr auf der Gäubahn. VCD-Landesvorsitzender Matthias Lieb: "Die Fernzüge müssen in Zukunft wieder wie früher auch in Böblingen halten und in die Verbundtarife integriert werden." Nur so ergebe sich auf der Gäubahn eine sinnvolle Auslastung der dort verkehrenden Züge.

Verlässliche Bahnverbindungen wichtiger als ICE-Komfort

Verlässliche Bahnverbindungen hält der VCD für wichtiger als ICE-Komfort, der in der Praxis nicht funktioniere. Mit Eurocitiy-Zügen (die ersatzweise eingesetzten SBB-Fahrzeuge) könnten wieder wie früher durchgehende Verbindungen ins Tessin oder bis nach Italien geschaffen werden (der Cisalpino nach Mailand hatte einst ebenfalls in Horb gehalten).

Trotzdem bekräftigt der VCD seine Forderung nach einem Ausbau der Gäubahn und unterstreicht in dem Zusammenhang seine Kritik an dem Projekt Stuttgart 21. Lieber: "Tatsächlich zeigt sich, dass Stuttgart 21 alle anderen Bahnprojekte im Land blockiert, mit großem Schaden für die Fahrgäste." Für Stuttgart 21 setze die Landesregierung zudem 366 Millionen Euro an Regierungsmitteln des Bundes ein, die alternativ auch für Investitionen auf der Gäubahn verwendet werden könnten, so der VCD.

Tatsächlich ist die Geschichte der Pannen und Verspätungen auf der Gäubahn nicht neu. Bereits seit Ende der 1990er-Jahre kam es auf dem Streckenabschnitt zwischen Singen und Stuttgart immer wieder zwischen technischen Pannen, die Verspätungen verursachten. Dass mit dem Einstieg der SBB in den Zugverkehr auf dieser Strecke wieder Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit einkehrt, hofft nicht nur der VCD. Wegen der unzuverlässigen ICE-Züge seien in den vergangenen Monaten die Fahrgastzahlen bereits um 20 Prozent gesunken. Nirgends in Deutschland seien ICE-Züge langsamer unterwegs als auf der Gäubahn. Deshalb kann man beim VCD die Entscheidung der DB letztlich verstehen, dass sie ihre teueren, bis zu 230 km/h schnellen ICEs lieber auf anderen Strecken einsetzt.

Die ICE-Züge haben vielleicht das Image der Gäubahn und den Komfort der Zugpassagiere gesteigert – doch die Reisegeschwindigkeit hat sich im Vergleich zu früher nicht geändert. 1997 war der schnellste D-Zug zwischen Stuttgart und Zürich genau drei Stunden unterwegs. Mit Hilfe der Neigetechnik sollte sich die Fahrzeit um eine Viertelstunde verkürzen, wofür jedoch der Halt Böblingen geopfert wurde. Derzeit benötigen die sich nicht mehr neigenden ICE-Züge wieder drei Stunden, so der VCD.

Von Christof Schülke