Marcella Carin ist auch in Horb ein wahrer Publikumsliebling – eine passende Sängerin für "Unsere Stadt feiert". Foto: Hopp

Es war mutig, das große Stadtfest so zu feiern. Die Vereine brillieren, die Tänzer bringen richtig Stimmung. Das "Wir-Gefühl" ist wieder da. Doch es gab auch kritische Stimmen – und ernste Worte vom OB.

Horb - Wie herrlich ist es, am letzten Ferientag Marcella Carin in der Hirschgasse zu genießen. Die Bauernkapelle Trichtingen macht den Wilhelmsplatz zur Konzertbühne. Und auf dem Flößerwasen bringen die Tänzer nach dem Platzregen am Samstag den Knaller: Erst Gingers Ballettschule mit dem furiosen Galatanz zur Musik aus dem Musical "The Showman". Dann fangen Markus Dreßler und Jasmin Gayer an, die Zuschauer mit "Stampf, Stampf, Step" von "We Will Rock You" auf Salsa überzuleiten. Auch Ginger Streibig tanzt begeistert mit: "Ich bin beglückt!"

Am knallvollen Sonntag bilanzieren Martin Scherer und Claudia Beuter in der strahlenden Sonne: "Es fühlt sich an wie zu den alten Zeiten. Die Gäste haben zum großen Teil keine Berührungsängste mehr. Die Vereine und Ehrenamtlichen leisten Großartiges. Das gibt das Wir-Gefühl, was wir wollen!"

Pannen in der Organisation?

Doch hinter den Kulissen kocht es. Rolf Sikeler, Vorsitzender des Musikvereins Dettingen: "Jeder Verein, der so eine Organisation wie hier bringt, stünde vor dem Kollaps! Als wir ankamen, um die Hütten zu beziehen, war nichts organisiert. Kaum Werbung vorab. Und als man am Sonntagmittag bemerkte, dass der Getränkestand an der Bühne nicht besetzt war, war die Not groß. Wir haben unsere Mitglieder gerade noch so bewegen können, auszuhelfen."

Kritik an Corona-Konzept

Auch Viviana Weschenmoser von den Weltbürgern ist geladen. Sie sagt: "Ich habe rechtzeitig vor dem Stadtfest angefragt, ob wir im Alten Freibad wieder das Fest der Kulturen machen dürfen. Da hieß es nur: Wegen Corona geht das nicht. Doch wenn ich sehe, wie eng das hier zugeht, wäre das auch dort gegangen."

Eine Sicherheitsfachkraft, die nichts mit den Kontrollen am Eingang zu tun hat, sagt: "Das ist doch kein Sicherheitskonzept. Gemeinsame Ein- und Ausgänge – und so eng, dass man sich im Zweifelsfall berührt! Ein großer Eingang, an dem man schnell rauskommt, und ein großer, gemeinsamer Ausgang am Flößerwasen wären optimal."

Ernste Worte vom OB

OB Peter Rosenberger sieht unterdessen große Konflikte auf die Stadt zukommen. In der Pause des Musikvereins Horb-Bildechingen hält er eine programmatische Rede. Erst lobt er die neue Form des Festes: "Wir sind alle gut zusammen. Und zusammen sind wir stark."

Dann wird es politisch. Rosenberger spielt auf den Kassensturz nach der Wahl an. Er führt aus: "Die mehreren 100 Milliarden Euro für die Lockdown-Kosten kommen von uns allen. Ich hoffe und dränge, dass wir als Stadt nicht untergehen. Es wurde beschlossen, dass es keine neuen Gewerbegebiete gibt. Und keine neuen Arbeitsplätze. Jetzt kommt der nächste Konflikt beim Klimaschutz: Ist Windkraft wichtiger als der Acker für regionale Produkte, die wir alle schätzen? Ist der Wald, der als Naherholung und CO2-Senke dient, der richtige Platz dafür? Junge Horber wollen bleiben und neu bauen. Das versiegelt Fläche. Wir werden alle Bürger zu diesen Themen befragen. Diskutieren Sie zu Hause. Es gibt so viele Konflikte, die müssen wir diskutieren. Und ich hoffe, wir kriegen das gemeinsam hin."

Ein ehrlicher Oberbürgermeister – der mitten in der grandiosen Feststimmung eine ernste Ansage macht. Rosenberger: "Es geht um den Konflikt zu verschiedenen Standorten für Windkraft, Solarenergie und Neubaugebiete. Da möchten wir einen großen Diskussionsprozess in der Bürgerschaft anstoßen und wollen wissen, wie sie über die einzelnen Punkte und Standorte denken!" Wird diese Umfrage eine Volksabstimmung? Rosenberger: "Ministerpräsident Kretschmann hat gesagt: Wir wollen den Bürger hören, aber nicht erhören."

Ungewohnte Ruhe

Bitter vermissten viele, denen die Musik auf der Festbühne trotz aller gebotenen Vielfalt nicht behagte, das Fest der Kulturen im Alten Freibad. Dort waren Julius Steigleichner, Marcel Melzer und Christof Beuter vom Schachclub dabei, auf dem Riesen-Schachbrett das Spiel der Könige hinzulegen. Julius: "Das tut gut, endlich wieder Freiraum zum Spielen zu haben. Den haben wir derzeit nicht in der Stadt."

2022 E-Camper Treffen?

Davor sitzt Jérome Brunelle mit acht E-Auto Mitstreitern am Biertisch. Der Rest des Treffens. Das große Gesprächsthema: Gibt es nächstes Jahr wieder ein E-Auto-Treffen?" Brunelle zeigt auf den Wohnwagen an seinem Tesla: "E-Auto fahren wird wohl im nächsten Jahr normal sein. Deshalb wollen wir das Thema Camping und Wohnmobil aufgreifen. Wäre toll, wenn wir das am nächsten Jahr auf der Turnierweise zeigen könnten. Und nicht auf dem Marktplatz wie davor. Gerne auch im Wechsel mit den Oldtimern – die lieben wir!"

Martin Scherer vom Stadtmarketing: "Wenn alles optimal läuft, ist die Baustelle für die Wehrklappen zum nächsten großen Stadtfest fertig. Dann könnte man darüber nachdenken."

Und was ist mit dem Fest der Kulturen? Den Vereinen, die diesmal das Fest gestaltet haben? Claudia Beuter: "Wir werden jetzt mit den Vereinen sprechen. Sie haben es toll gemacht. Wir können uns durchaus vorstellen, diese Form weiter fortzuführen. Ein Zwei-Bühnen-Konzept mit dem Fest der Kulturen wäre perfekt!"