Der Frust der Ceratizit-Mitarbeiter zieht lange Schatten: Rund 400 Demonstranten zogen durch Horb, um auf ihre Sorgen aufmerksam zu machen. Auf ihren Schildern waren feurige Sprüche zu lesen. Foto: Morlok Quelle: Unbekannt

Horb/Empfingen - Der Kampf um den Erhalt von 170 Arbeitsplätze in den Ceratizit-Werken Horb und Empfingen wird härter. Vor dem Firmengebäude in Horb fand eine Protest- und Solidaritätskundgebung statt

Horb/Empfingen - Der Kampf um den Erhalt von 170 Arbeitsplätze in den Ceratizit-Werken Horb und Empfingen wird härter. Am Samstagvormittag fand vor dem Firmengebäude in Horb eine Protest- und Solidaritätskundgebung statt.

"Wir sind ein Dorf", rief Betriebsratsvorsitzender Horst Kessler den rund 400 Demonstranten zu, die gekommen waren, um entweder für ihre Arbeitsplätze zu kämpfen oder sich mit den "Ceratizitlern" zu solidarisieren. "Es sind nicht nur 170 Personen, die entlassen werden, sondern es werden ganze Familien vom Erwerbsleben abgeschnitten", so Kessler.

"Hier werden Zahlen gegen Menschen aufgerechnet"

Kessler prangerte die Unternehmensentscheidung, die unter dem Projektnamen "Fokus" läuft, an. "Ohne Wirtschaftlichkeitsberechnungen und Handlungsnot wurde in zwei eiskalten Sätzen die Verlagerung der Arbeitsplätze nach Luxemburg bekanntgegeben", rief Kessler der Menge zu. "Hier werden Zahlen gegen Menschen aufgerechnet." Kessler zeigte in seiner Rede ein Horrorszenario aus Arbeitsplatzverlust und fehlenden Perspektiven auf und fragte, ob bei diesen Zukunftsaussichten der Bahnhofsplatz nicht bald für die vielen arbeitslosen Jugendlichen zu klein sein wird.

"Wer sich nicht wehrt – der lebt verkehrt" oder "wer nicht kämpft, hat schon verloren" sind zwei der Durchhalteparolen der Belegschaft, die insgeheim wisse, dass sie gegen die Manager an der Konzernspitze auf verlorenem Posten steht. "Wir kämpfen aber dafür, dass die Zahl der Entlassungen zurückgeht, dass sozialverträglichere Vereinbarungen getroffen werden und dass der Standort Horb erhalten bleibt", so Stimmen aus der Menge der Betroffenen. "Wir lassen uns das nicht gefallen – wir werden weiter auf die Straße gehen", war der Grundtenor in der demonstierenden Belegschaft.

Peter Rosenberger wird bei ihnen sein. "Ich stehe als Mensch inmitten ihrer Gemeinschaft, um meine Solidarität zu bekunden", sagte der Horber Oberbürgermeister und erhielt für diese Worte langanhaltenden Beifall. "Ich werde bei jeder Demonstration mitlaufen", versprach er zudem. Er war zwischenzeitlich nicht untätig und hat einen Solidaritätsaufruf an alle Bürgermeisterkollegen, auch kreisübergreifend, gerichtet, in dem er zu einer Resolution gegen diesen Stellenabbau aufrief.

Zusätzlich steht die Idee einer Horber Jobbörse im Raum, mit der eventuell erreicht werden kann, dass dringend gesuchte Facharbeiter "auf dem kleinen Dienstweg" innerhalb der Stadt – von Betrieb zu Betrieb sozusagen – vermittelt werden können. Rosenberger möchte hierfür die Geschäftsführungen und Betriebsräte aller größeren Firmen zeitnah an einen Tisch holen.

Damit der Protest der Ceratizit-Mitarbeiter nicht im hintersten Winkel der Stadt unbemerkt verhallt, zogen die Demonstranten über die Ihlinger Straße – wo eine Resolution der Betroffenen verlesene wurde – über die Neckarstraße, quer durch die Unterstadt, bis vor den Drogeriemarkt Müller. Nehmen sie ihren "Fokus auf ein Personalkahlschlag-Konzept" zurück, so lautet die Kernforderung der Belegschaft, "bevor ein ganzes Dorf arbeitslos wird". Die Protestaktionen werden laut Horst Kessler fortgesetzt.

Von Peter Morlok