Der suspendierte Sulzer Pfarrer Walter E. soll ein Kind und Jugendliche missbraucht haben. Die Fälle sind inzwischen verjährt. Foto: Archiv Quelle: Unbekannt

Region - Bischof Gebhard Fürst und die Diözese Rottenburg-Stuttgart stehen unter Druck, nachdem bekannt geworden ist, dass ein Sulzer Pfarrer unter Missbrauchsverdacht steht. Walter E. war auch schon im Waldachtal tätig

Region - Bischof Gebhard Fürst und die Diözese Rottenburg-Stuttgart stehen unter Druck, nachdem bekannt geworden ist, dass ein Sulzer Pfarrer unter Missbrauchsverdacht steht. Walter E. war auch schon im Waldachtal tätig.

Erst vor anderthalb Wochen spendete er 25 Kindern die Erstkommunion in der Sulzer Kirche St. Johann. Vorgestern der Schock für die Seelsorgeeinheit Sulz/Dornhan: Die katholische Kirche hat den Sulzer Pfarrer Walter E. von seinem Dienst entbunden, weil er ein Kind und 15- bis 16-jährige Jugendliche missbraucht haben soll.

Bischof Gebhard Fürst hatte Pfarrer Walter E. im November 2009 die Pfarrstelle in Sulz anvertraut, obwohl er damals schon von dem Missbrauchsverdacht gegen den Pfarrer wusste. Der Pressesprecher der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Thomas Broch, informierte am Dienstagabend die Kirchengemeinderäte.

Im Februar der Diözese den Missbrauch eines Elfjährigen geschildert

Wie er unserer Zeitung sagte, betreffen die Vorwürfe zum einen einen Fall aus dem Jahr 1981. Walter E. soll damals als Student zusammen mit einem Kommilitonen einen elfjährigen Jungen bei einer Freizeit der Caritas Rottweil in Südtirol sexuell missbraucht haben. Der heute 40-Jährige schilderte im Februar dieses Jahres der Diözese seine damaligen "Erlebnisse".

Zum anderen beziehen sich weitere Vorwürfe auf die Zeit Ende der 1980er-Jahre. Einer der Betroffenen meldete sich bereits 2004 bei der Diözese. Es sei, so Broch, zu Ermittlungen gekommen. Walter E. habe Anfang 2005 seine Schuld auch eingestanden.Weil der Fall verjährt war, seien keine weiteren Maßnahmen ergriffen worden.

Zumal sich der Pfarrer schon Anfang der 1990er-Jahre einer Therapie unterzogen habe, die, so Broch, "offenbar erfolgreich war". Allerdings habe der Bischof ein Ultimatum gesetzt: Sollten weitere Vorwürfe bekannt werden, habe der Pfarrer mit Konsequenzen zu rechnen. Ende März hat sich dann erneut ein Missbrauchsopfer zu erkennen gegeben.

Dem Pfarrer die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen verboten

Bischof Fürst hat am vergangenen Wochenende mit zwei Opfern gesprochen. Die Gespräche hätten ihn dazu bewogen, den Sulzer Pfarrer von seinen Amtsgeschäften zu entbinden. Fürst untersagte diesem auch die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.

Eingeschaltet wurde jetzt die Kommission "sexueller Missbrauch". Die Staatsanwaltschaft ermittelt ebenfalls. Außerdem werde ein psychiatrisches Gutachten angefordert. Wie es in der Seelsorgeeinheit weitergehe, darüber konnte der Diözesan-Sprecher noch keine Aussagen machen. Dekan Albrecht Zepf werde jedenfalls als Administrator eingesetzt.

Mehr als ein Jahr lang hatte die Seelsorgeeinheit Sulz/Dornhan auf einen neuen Pfarrer gewartet, nachdem Raimund Heizmann in den Ruhestand gegangen war. So freuten sich die Katholiken, dass Walter E. die Vakatur am 22. November 2009 beendete.

Auch als Studentenseelsorger tätig

Geboren wurde er 1952 in Schwenningen. Er besuchte das Martinihaus in Rottenburg und anschließend das Konvikt in Rottweil, beides bischöfliche Internate der Diözese. Nach dem Abitur studierte er Theologie in Tübingen und Kirchenmusik in Rottenburg.

Er unterrichtete zunächst in der Berufsschule Religion, habe dann aber gemerkt, "dass er nicht zum Lehrer geboren" war. Er ging ins Priesterseminar in Rottenburg, anschließend war er Diakon in Lützenhardt, Salzstetten und Pfalzgrafenweiler.

Der frühere Bischof Georg Moser weihte Walter E. 1984 in Bad Mergentheim zum Priester. Es folgte eine zweijährige Vikariatszeit in Biberach, anschließend wechselte er nach Schwäbisch Gmünd. Die erste eigene Pfarrstelle trat er 1988 in Mochenwangen-Wolpertswende bei Ravensburg an, wo er bis Mitte der 1990er-Jahre auch Studentenseelsorger war. 2004 meldete er sich freiwillig für eine Seelsorgerstelle im Ausland. So kam er nach Brüssel und nach Mallorca.

Kirchengemeinde in Sulz ist geschockt

Die Nachricht, dass der Pfarrer Kinder missbraucht haben soll, kam in Sulz für alle überraschend. "Wir sind geschockt", berichtet Agnes Utzler, zweite Kirchengemeinderatsvorsitzende von St. Johann. Mit der kirchlichen Jugendarbeit hatte Walter E. nichts zu tun, bestätigte Agnes Utzler. Die Erstkommunikanten seien von "Gruppenmüttern" betreut worden. Die Proben zum Weißen Sonntag leitete Gemeindereferentin Monika Prillwitz. Auch Religionsunterricht in Schulen habe Walter E. nicht gehalten.

Dekan Albrecht Zepf hat am 22. November vergangenen Jahres Walter E. in Sulz ins Amt eingesetzt. Unsere Zeitung hätten gern von Zepf gewusst, ob er schon damals von den Missbrauchsvorwürfen gewusst hatte. Er war gestern jedoch nicht zu erreichen.

Die Staatsanwaltschaft Rottweil sieht keinen Anlass, gegen den Sulzer Pfarrer zu ermitteln. Die Straftaten seien verjährt, sagte Behördenleiter Joachim Dittrich.

Wilhelm Pöndl, jahrzehntelang Diakon in der Gemeinde Waldachtal, ist erschüttert. Es seien ihm keine Missbrauchs-Fälle in Waldachtal bekannt. "Ich hoffe schwer, dass nichts vorgefallen ist." Er habe Walter E. nur in Studienzeiten in Tübingen kurz kennengelernt. In der Gemeinde Waldachtal sei er wohl nur kurz während seiner Ausbildung tätig gewesen. Seither habe es aber keinen Kontakt mehr zur Kirchengemeinde gegeben.

Von Marzell Steinmetz, Peter Wolf und Florian Ganswind