Die Nagolder Notfallpraxis startet morgen. Foto: Fritsch

Deutliche Worte der Mediziner: "Selbstausbeutung löst das von Politik verursachte Problem nicht."

Horb - Der Kampf um eine 24-Stunden-Ansprechstelle am (Rest-)Krankenhaus in Horb. Jetzt stehen sich zwei Ärzte-Gruppen gegenüber.

Denn: Einerseits sammelt Rainer Schach aus Altheim Mediziner-Kollegen, die im Hospital zum Heiligen Geist weiterhin den hausärztlichen Notdienst schieben wollen. Hat angeblich 15 Mediziner zusammen.

Jetzt melden sich zwölf Ärzte aus Horb und Umgebung und sagen: "Wir machen nicht mit." Unterzeichner des Briefs: Harald Braun (Horb), Richard Brems, Sylvia Büldt-Brems (Talheim), Werner Eberle (Horb), Karl Gasiorek (Horb), Friedemann Heck (Ahldorf), Georg Knoch (Horb), Beatrix und Jürgen Oberle (Eutingen), Corinna Schiletz (Empfingen), Thilo Schöller (Horb), Astrid Tontsch (Horb).

Und sie nennen die Gründe, warum sie eine Horber Lösung ablehnen. Die Ärzte schreiben: "In Nagold teilen sich 82, in Oberndorf über 50 Ärzte die Notdienste, was eine Dienstbelastung von sechs bis acht Diensten pro Jahr bedeutet. In Freudenstadt sind sogar über 150 Ärzte im Notfalldienstpool. In Horb wäre die Dienstbelastung viel höher, nämlich mindestens 14 Nacht- und Wochenenddienste, im Extremfall sogar bis zu 30 Dienste pro Jahr, weil die Zahl der teilnehmenden Ärzte viel geringer wäre und in den nächsten Jahren weiter abnehmen wird. Ein Großteil der Ärzte in Horb und Umgebung ist über 60 Jahre alt und muss sich langsam mit einer Praxisübergabe auseinandersetzen."

Und die Mediziner sind skeptisch, dass sich eine Horber Lösung auf Dauer halten kann: "Auch wenn wir kurzfristig die Dienstbelastung in Horb wie bisher schultern könnten, würden wir das Problem nur in die Zukunft verschieben. In ein bis zwei Jahren wären wir dann auf jeden Fall zu wenige, um den exklusiven Horber Notdienst gewährleisten zu können. Wir arbeiten gerne, aber sind nicht bereit, ständig über die Belastungsgrenze hinauszugehen, vor allem nicht in fortgeschrittenem Alter - in einem Alter, in dem viele unserer Patienten sich längst im (Vor-) Ruhestand befinden. Übermüdete und chronisch erschöpfte Ärzte sind ihren Patienten keine guten Ärzte."

Kai Sonntag, Sprecher der kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, hatte betont, dass auch die Langfristigkeit einer eingerichteten Notfallpraxis ein wichtiges Kriterium für die KV wäre.

Die 12 Ärzte bemängeln auch, dass die Schließung der Akut-Klinik in Horb den Patienten im hausärztlichen Notdienst längere Fahrten beschert hat: "Bis Januar 2013 hatten wir im Krankenhaus Horb ein Labor und eine Röntgenabteilung, die notfallmäßig auch nachts und an den Wochenenden gearbeitet haben. Patientinnen und Patienten in kritischem Zustand konnten diagnostiziert und versorgt werden, ohne sofort an eine Weiterleitung in ein anderes Krankenhaus denken zu müssen. Seither schicken wir regelmäßig jeden Samstag, Sonntag und Feiertag Patienten mit dem DRK in die umliegenden Krankenhäuser zur weiteren Diagnostik."

Und auch das Argument von OB Peter Rosenberger, dass die Horber Patientenversorgung nicht davon abhängen könnte, ob ein paar Ärzte nicht mehr Dienst schieben wollten, weisen die zwölf Gegner der hausärztlichen Notfallpraxis zurück. Sie schreiben: "Den Schwarzen Peter dafür den ›arbeitsunwilligen‹ Horber Ärzten zuzuschieben, ist zu einfach. Wir mussten uns alle daran gewöhnen, dass zunächst die Geburtshilfe, dann die Gynäkologie, dann die Chirurgie und zuletzt die Internistische Abteilung und das gesamte Krankenhaus Horb geschlossen wurden. Ein Appell an die Duldsamkeit und Selbstausbeutung der Ärzte löst das von der Politik verursachte Problem nicht."

Als letztes wird noch der späte Kampf der Politik für eine 24-Stunden-Notfallversorgung in Horb angeführt. Die Ärzte schreiben: "Wieso haben die politisch Verantwortlichen nicht vor der Schließung des Krankenhaus Horb das Gespräch mit den Ärzten gesucht? Warum gab es im Sommer 2013 kein Gespräch mit uns, als eventuell noch eine Horber Lösung vorstellbar gewesen wäre? Stattdessen kam am 15. Januar 2014, nachdem alles entschieden und organisiert war – allerdings anders, als es der hiesigen Politik ins Kalkül passt - ein schriftlicher Appell, wir Ärzte mögen es jetzt doch bitte richten."

In einer ersten, kurzen Stellungnahme bleibt OB Peter Rosenberger bei der Hoffnung, dass sich trotz dieser Ablehnung doch was tun: "Schacht hat 15 Mediziner beisammen, die Gegner 12. Also sind die, die wollen, in der Mehrheit." KV-Sprecher Sonntag hatte aber im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt, dass die KV keinen Riss in der Ärzteschaft haben will und nur bei einer deutlichen Mehr heit eine Chance für die Notfallpraxis in Horb sieht.

Trotzdem müssen die Patienten weiter bangen. Politiker wie Kreisrat Michael Laschinger (CDU) wollen weiter Druck auf die KV machen. Er sagt: "Wenn die beiden Nachbarlandkreise Tübingen und Zollernalb von der Kassenärztlichen Vereinigung auch zwei Hausärztliche Notfalldienst-Standorte zugestanden bekommen, dann muss das auch im Flächenlandkreis Freudenstadt möglich sein mit Freudenstadt und Horb. Die KV ist nicht nur eine Standesvertretung, sondern sie hat auch auf die Angebote des Landkreises, der Stadt Horb und der Bürgerinitiative einzugehen. Anderes wäre ein Eingriff in die kommunale Selbstbestimmung."