Sie freuen sich über ein neues historisches Kleinod (von links): Heinrich Raible (Musumsverein), Reihold Haschka (Volksbank-Vorstand), Joachim Lipp, Franz Geßler und Dieter Walz (Volksbank-Vorstand). Foto: Dörr Foto: Schwarzwälder-Bote

Kultur- und Museumsverein im Besitz einer weiteren Rarität / Kabinettscheibe von 1627 zeigt zwei Tuchmacher

Horb. Gleich zu Jahresbeginn kann der Kultur- und Museumsverein mit einem historischen Kleinod aufwarten, das wieder einmal dem Stadtmuseum im Bürgerkulturhaus als Leihgabe zur Verfügung gestellt werden soll.War es im vergangenen Jahr das Reisebüchlein des Johann Franz Albrecht Gerbert von Hornau aus dem Jahr 1719, so ist es dieses Mal eine Kabinettscheibe aus dem Jahr 1627, auf der zwei Horber Tuchmacher in Renaissance-Kleidung abgebildet sind.

Der Erwerb der Kabinettscheibe wurde für den Vereinsvorsitzenden Joachim Lipp zu einem Pokerspiel, das zeitweise sogar sehr dubiose Züge annahm. Zunächst wurde die annähernd 400 Jahre alte verbleite Glasscheibe von einer jungen renommierten Kunsthändlerin aus Thüringen dem Horber Oberbürgermeister Peter Rosenberger für 3500 Euro zum Kauf angeboten. Dieser leitete mit Blick in die leere Stadtkasse das Angebot direkt weiter an den Vorsitzenden des Kultur- und Museumsvereins, dem die in polychromer Glas- sowie Schwarzlotmalerei abgebildeten Herren schon auf den ersten Blick irgendwie bekannt vorkamen.

Der zu Rate gezogene Ehrenvorsitzende Franz Geßler konnte Lipps Gedächtnislücken letztlich schließen, indem er auf die dritte Vereinspublikation über den Horber Bildhauer Veit Stoß verwies, die 1983 herausgegeben worden war. Hier hatte Geßler in seinem Beitrag über Horb als Handelsplatz und Ort der Tuchmacherei eine Abbildung der beiden "strammen Horber Meister" namens Johann Bentz und Jörg Knapp bereits veröffentlicht. Als Vorlage diente eine Kabinettscheibe, die 1908 vom Königreich Württemberg für die "Staatssammlung Vaterländischer Altertümer" in Zürich angekauft worden war und sich damals im Depot des Württembergischen Landesmuseums im Ludwigsburger Schloss befunden hatte.

Aufgrund der verblüffenden Ähnlichkeit mit der aus Thüringen angebotenen Glasscheibe dachte Lipp zunächst an Hehlerei und alarmierte die betreffenden Fachleute im Stuttgarter Landesmuseum. Dort forschte man umgehend in den Inventarunterlagen und im Depot nach, wo sich die Scheibe immer noch befindet. Ein genauerer Vergleich ergab nun, dass es zwischen den beiden Scheiben bei einzelnen Details wie auch bei der Verbleiung Unterschiede gibt.

Pokerspiel um den Preis zwischen Kunsthändlerin und Vereinsvorsitzendem

Nachdem es sich bei der angebotenen Kabinettscheibe also definitiv nicht um Hehlerware handeln konnte, ging das Pokerspiel zwischen der Kunsthändlerin in Thüringen und dem Horber Vereinsvorsitzenden weiter, war dem Verein der Kaufpreis doch zu hoch.

Der Sparzwang allein ließ Lipp ruhiges Blut bewahren, als die Kunsthändlerin ihn vergeblich zum Kauf zu drängen versuchte. Sie bot daraufhin die Kabinettscheibe in einem Kölner Auktionshaus öffentlich zum Verkauf an. Die vom Auktionshaus Lempertz auf Kabinettscheiben spezialisierten Kunsthistoriker waren sich dabei nach eingehender Prüfung der Scheibe einig, dass es sich um ein Original aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts handelt und bestätigten die auf der Scheibe vorgenommene Datierung.

Lediglich im Zuge einer Beschädigung sollen im späten 19. Jahrhundert im oberen Bereich wenige nicht zentral bedeutende Glasteile ergänzt worden sein.

Nachdem die Horber Kabinettscheibe schließlich auch nach einer weiteren Münchner Auktion immer noch nicht unter den Hammer gekommen war, hatte sich das Horber Zögern gelohnt, und Joachim Lipp erhielt von der Kunsthändlerin schließlich ein moderateres Kaufangebot. Gleichzeitig fand er bei den beiden Volksbankvorständen Dieter Walz und Reinhold Haschka umgehende Unterstützung.

Die Volksbank Horb-Freudenstadt eG erklärte sich sofort bereit, den Kaufpreis von 1000 Euro komplett zu übernehmen.

Zunächst will sich Franz Geßler als Experte in Sachen Tuchmacherei intensiv mit dem Rätsel um die beiden auf das Jahr 1627 datierten Glasscheiben beschäftigen, denn die zerbrechlichen Objekte werfen einige Fragen auf. Dazu ist auch ein Besuch Geßlers im Württembergischen Landesmuseums vorgesehen, wo die beiden Kabinettscheiben im Beisein von Experten einem direkten Vergleich unterzogen werden sollen.

Danach wird die neu erworbene Glasscheibe im Schalterraum der Horber Volksbank erstmals der Öffentlichkeit präsentiert, bevor sie dem Stadtmuseum als Leihgabe übergeben werden soll.