Mit Akribie, Erfahrung und niegelnagelneuem Staubwedel geht Peter Renz zur Sache (oben links). Oben rechts: Auch die letztjährige Narrengräfin Sabine Peter (links) kann von der Fasnet nicht lassen. Unten links: Für Danny Wagner als Hofmarschall war gestern Premiere, während sein Vorgänger Thomas "Metze" Kreidler (rechts) nunmehr als närrischer "Privatier" seine Stimme schonen darf. Foto: Schwarzwälder Bote

Fasnet: Beim Maskenabstauben öffnet sich das närrische Nähkästchen / Gemeinderäte werden gestichelt

Landauf, landab wurden am Dreikönigstag die verstaubten Narren-Kratten mit den Masken der Zünfte und Gilden aus dem Keller und vom Dachboden geholt. Auch in Horb.

Horb. Die närrischen Antlitze werden in der Regel vom Staub der zurückliegenden Monate befreit, bevor man ihnen voller Inbrunst mit alkoholgeschwängertem Atem neues Leben für die schönste – für die fünfte Jahreszeit – einhaucht. Das geschieht natürlich auch in Horb, wo die älteste der 26 Ringzünfte ihre Masken nach alter Sitte zum Leben erweckte.

Die Larven, die Symbole des immateriellen Kulturguts der Fasnet, einfach nur mit in einem Anti-Staub-Wedel abzuwedeln oder sie gar mit frischem Atem anzupusten, käme keinem echten Narr in den Sinn. Schnaps muss sein, denn der desinfiziert und bereitet auf die harten Wochen der Brauchtumspflege vor.

Graf Rudolf durfte das bereits am eigenen Leib erfahren, wie er gleich am Anfang seiner Rede klar machte: "I stand als Graf jetzt hier und heut und hab des eigentlich joh scho bereut. Am Fasnetsauftakt im Stoihaus donna, do hot des Drama ja begonna. Mir wurdet dem Publikum präsentiert, ond älle waret fasziniert, von Manu und mir und unsrer Stola – und dann kamet zwanzig Asbach Cola. I han se tronka, wollt joh koin Ärger mit meinem Mittrinker Rosenberger."

Seine Gemahlin, die Gräfin Ita, das echte Oberhaupt der Narrenzunft, sah das Ganze etwas gelassener: "Du armer Tropf tusch mir so leid, doch deine politisch korrekte Trunkenheit isch eigentlich gar net erlaubt." Und zwar von ihr.

Inzwischen ist der Graf wieder fit und ganz begeistert von seinen Untertanen, die gleich mit drei Premieren in die neue Saison starteten. Der Mann, der wie kaum ein anderer den Hofmarschall der Horber Narrenzunft verkörperte – Thomas "Metze" Kreidler – stand für ihn an einem eher ungewohnten Plätzle inmitten der Narrenschar und durfte die Kropfermaske entgegennehmen, denn er will dieser Gruppe frisches Leben geben. Premiere zwei war der erste Auftritt von Daniel Wagner im Häs des Hofmarschalls, der reimte: "Zum ersten Mal steh ich hier oben, im hell erleuchteten Rathausbogen." Die dritte Premiere war eher zum plärren als zum fröhlich sein. "Es ist traurig, aber dennoch wahr. Das Schiff hat zu, seit diesem Jahr." Mit dieser Traditionsgaststätte verlor die Narrenzunft sowas wie ihr Hauptquartier und muss jetzt in die "Germania" ausweichen. Eigentlich Premiere vier, aber weniger lustig.

Beim Maskenabstauben ist es schöne Tradition, dass man auch ein wenig das vergangene Jahr betrachtet. "Über die Weltpolitik do sag i nens – des lass i gau, des kommt älles in der Tagesschau", zeigte sich der neue Hofmarschall praktisch veranlagt.

Dafür nahm er das Geschehen rund ums Städtle mit spitzer Feder und viel Lokalkolorit aufs Korn. Zum Spatenstich für die Hochbrücke seien so viele Prominente wie sonst kaum vorbeigekommen. "Die siehsch sonst nie, wenn’s um was goht ausser, wenn do a Büffet stoht."

Beim Blick nach Talheim fiel ihm auf: "Wahl zum Ortsvorsteher und seine ganze Stellvertreter, die hot ma akzeptiert seit jeher und zwar ohne groß Gezeter. Doch jetzt lehnt der Gemeinderat den gwählta Kerle oifach ab! In unsrer Zunft do gibt’s des net, mir akzeptieret jeden Depp." In Punkto Gemeinderat selbst wollte er nicht wirklich konkret werden, nur so viel: "Sicher könnt man über mancherlei schreiben, nörgeln und auch motza, bei vielem könnte man auch..."

Insgesamt kam er zu dem Fazit: "Wenn in Horb sich neue Ideen regen, sind glei drei dafür und acht dagegen. Schuld an ällem isch immer der OB, die freie Wähler oder die SPD."

Nach viel gereimtem Blabla und noch mehr Lob für die Narrenzunft im Allgemeinen wurde es ernst. Die Kratten wurden abgestaubt, Peter "Lego" Renz verteilte zwei Zwetschengenwasser per Atemübertragung auf die Masken im Korb, und der Hofmarschall befahl: "Dent aus dem Kratta d’ Maska raus, und klopfet s’ Häs au kräftig aus." Und so geschah’s! Kropfer, Hexe, Stäpfeleshopser, Stoibrecher, Turmschurke und Schantle wurden unter Trommelwirbel zu neuem Leben erweckt. "Ihr Maska zeiget euch de Leut’, ’s isch wieder Fasnet, ab jetzt und heut!"

Darauf drei kräftige Narri – Narro ond Horrido!